Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wintermord

Wintermord

Titel: Wintermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Ceder
Vom Netzwerk:
ging schon auf zwei Uhr zu, als Andreas Karlberg seinem Rausch nachgab und den Kopf nach hinten auf die Lehne seines Ledersessels sacken ließ. Die anderen dachten allmählich an den Aufbruch.
    Als Tell versuchte, seinen Kollegen wachzurütteln, öffnete Karlberg nur ein Auge, um im nächsten Moment zu beschließen, dass sowieso nichts diese Anstrengung wert sein konnte. Tell überlegte, ob er ihn mit zu sich nehmen sollte. Er konnte ja ein paar Stunden auf dem Sofa schlafen, bis er aus eigener Kraft nach Hause fand. Doch dann fiel ihm Seja ein, die vielleicht in seiner Wohnung auf ihn wartete. Damit war die Sache entschieden. Er rief ein Taxi und stützte Karlberg auf dem Weg nach draußen.
    Unsanft schubste Tell seinen Kollegen auf den Rücksitz.
    Nachdem das Taxi weggefahren war, zündete Tell sich eine Zigarette an und wühlte in seinen Taschen nach der Garderobenmarke. Er ging zurück in den Saal zu den letzten ausharrenden Gästen und stieß an der Bar auf Karin Beckman.
    »Hey, Christian. Ich hab dich den ganzen Abend überhaupt nicht auf der Tanzfläche gesehen. Und sonst auch nirgends.«
    Sie stieß ihm ein bisschen zu kräftig in die Rippen. Wie viele angetrunkene Menschen konnte sie ihre Kräfte nicht mehr richtig einschätzen. Er machte einen Schritt zurück, lächelte geduldig und war plötzlich froh, dass er Seja zuliebe vor ein paar Stunden auf Ramlösa-Mineralwasser umgestiegen und wieder einigermaßen nüchtern war.
    »Was verbirgt sich ... hinter dieser kontrollierten Fassade?«
    »Ein müder Mann, der nach Hause gehen will. Ich wollte mich nur noch kurz verabschieden.«
    Sie lachte, umarmte ihn umständlich, und sie gingen zusammen an den Tisch zu den anderen. Palmlöf und sein Partyflirt tauchten gleich nach ihnen auf und brachten einen Schwall Nachtluft mit.
    »Geht ihr schon? Der Abend hat doch gerade erst angefangen. Ein paar Bier können wir doch noch trinken, bevor wir gehen. Na komm, Tell. I won’t take no for an answer .«
    Als er wiederkam, balancierte er ein Tablett mit vier Gläsern Irish Coffee in den Händen.
    Johan Björkman gesellte sich zu ihnen.
    Erst schwelgten sie in gemeinsamen Erinnerungen, wobei das nicht allzu viele waren. Björkman war so mit seinem Heimatort Borås verwachsen, dass ihn schon bald nach der Polizeihochschule das Heimweh gepackt hatte. Als man ihm eine Stelle in seiner Heimatstadt anbot, nahm er schneller an, als man »Streifenwagen« sagen konnte.
    Dann erzählte er von der Drogenwelle, die mittlerweile in Winkel vorgedrungen war, wo man vor zwanzig Jahren das Wort Hasch noch nicht einmal gehört hatte.
    Tell hatte das alles schon gehört und war einfach zu müde für ein ernstes Gespräch. Unterdessen versuchte er, nicht ständig auf Palmlöfs Hand zu stieren, die auf dem Knie der Blondine lag. Björkman hatte die junge Frau als eine seiner Inspektorinnen vorgestellt.
    »Unsere ganze Truppe arbeitet gerade an einem Mord bei Kinna«, fuhr Björkman unverdrossen fort. »Wahrscheinlich eine Abrechnung im Dealermilieu. Erst neulich ist ein Typ im Wald bei Frisjön erschossen worden, die reinste Hinrichtung! Peng, peng , wie in einem amerikanischen Thriller, und dann hat ihn dieser eiskalte Täter auch noch mit dem Auto überfahren. Zweimal, da war nicht mehr viel übrig von der Leiche.«
    Tell schloss die Augen und versuchte mit reiner Willenskraft, nüchtern zu werden. Er hob die Hände, als wollte er damit Björkmans Tiraden stoppen. »Warte mal ... was hast du da erzählt? Diesen Mord bei Frisjön mein ich.«
    Verwundert blickte Björkman auf. »Wollen wir jetzt etwa über die Arbeit reden?«
    Tell nickte. »Ganz genau.«
    Zehn Minuten später – auch Karin Beckman wurde beeindruckend schnell wieder nüchtern – endete Björkmans Bericht über den Mord, der bemerkenswert viele Berührungspunkte mit ihrem eigenen Fall aufwies.
    »Ich komme gleich morgen früh zu dir aufs Präsidium.«
    Auf Tells Armbanduhr war es zwanzig nach drei. »Sagen wir um neun.«
    »Aber ...« Björkman sah ihn verwirrt an. »Aber morgen ist Silvester. Da hat man frei.«
    »Ich glaube, du hast mir nicht richtig zugehört«, erwiderte Tell. »Morgen um neun. Punkt neun.«

26
    Um Punkt neun Uhr saß er tatsächlich an seinem Schreibtisch in Borås, wenn auch mehr schlafend als wach. Er hatte noch nicht mal die Energie aufbringen können, seine Jacke auszuziehen. Als Tell endlich das richtige Stockwerk ausfindig gemacht hatte, folgte er einem müden Pfiff und fand so zu Johan

Weitere Kostenlose Bücher