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Wintermord

Wintermord

Titel: Wintermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Ceder
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Heute stellen sich die meisten dieser Heime mit ihren Diensten auf die Wünsche des jeweiligen Sozialamts ein. Ist ja verständlich: Zum einen wird der Markt immer enger, zum anderen lassen sie sich ja auch ordentlich dafür bezahlen.«
    Sie blätterte in Olofs Akte ein Stück vor, bevor sie den Ordner mit bedauerndem Gesichtsausdruck zuklappte. »Zusammenfassend kann man sagen, dass es eine Weile ganz gut lief. Im Heim in Dalarna glaubte man an sie. Als sie in die Stadt zurückkam, bekam sie eine eigene Wohnung. Und tatsächlich schaffte sie es ein paar Jahre ohne Drogen. Als Olof ungefähr fünf war, lernte Cecilia einen neuen Mann kennen, der uns bestens bekannt war, ein richtiger Mistkerl, wenn Sie mich fragen. Und der zog sie dann wieder so richtig runter. Im Jahr darauf wurde Olof in die Notaufnahme eingeliefert, mit einem gebrochenen Arm und ziemlich übel zugerichtet, woraufhin er umgehend in einer Pflegefamilie untergebracht wurde. Ob nun Cecilia für diese Verletzungen verantwortlich war oder Marko, ließ sich nicht feststellen, weil sie sich gegenseitig beschuldigten.«
    »Wohin ist Olof dann gekommen?«
    »Zuerst fand er vorübergehend Aufnahme in einer Pflegefamilie, die wir in solchen akuten Fällen ansprechen können. Dann fanden wir einen dauerhaften Platz für ihn bei einer Familie in Öckerö. Die hatten schon Erfahrung mit Pflegekindern. Dort wohnte Olof, bis er knapp zehn Jahre war, dann starb der Mann an einem Herzinfarkt und die Frau fühlte sich ihrer Aufgabe einfach nicht mehr gewachsen. Olof kam zu einer Familie nach Bergum bei Olofstorp.«
    Christian Tell vergaß einen Moment sein Mitgefühl für herumgestoßene Pflegekinder und horchte auf. »In Olofstorp?«
    »Ja, irgendwo in der Gegend. Die Familie hieß irgendwas mit J... Vielleicht Jidbrandt, Herr und Frau Jidbrandt. Auch erfahrene Pflegeeltern. Als Olof zu ihnen kam, hatten sie noch ein Mädchen, das war schon länger bei ihnen in Pflege.«
    Tell beugte sich vor und fing Frau Sundins Blick auf. »Können Sie mir mehr über diese beiden Pflegefamilien sagen?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein, das traue ich mir nicht zu, das ist schon zu lange her. Es können auch mehr als zwei Pflegefamilien gewesen sein, außerdem glaube ich, dass Olof zwischendurch noch mal kurzfristig in irgendeiner Einrichtung untergebracht war.«
    Tell zeigte auf Olof Barts Akte. »Aber da sind all diese Informationen drin?«
    Sie nickte. »Sollten sie. Das Material, auf dessen Grundlage der Sozialausschuss seine Entscheidungen gefällt hat. Es müssen auch die Unterlagen über die Untersuchung der Ursprungsfamilie dabei sein, und die Begründung der Sozialarbeiter, das Kind in eine Pflegefamilie zu geben. Sie können dann ja selbst weiterlesen.«
    Sie stand auf und holte eilig einen Kollegblock und ihr Filofax vom Bücherregal hinterm Schreibtisch. »Jetzt muss ich aber wirklich rennen. Ich hoffe, ich konnte Ihnen behilflich sein.«
    Tell nickte und ergriff ihre ausgestreckte Hand. »Vielen Dank für Ihre Zeit. Nur noch eines: Wen kann ich fragen, wenn ich Susanne Pilgren finden will? Weiß vielleicht jemand, wo sie heute lebt? Wissen Sie, ob sie hier in Angered wohnt?«
    »Hier? Nein, keine Ahnung. Zuletzt war sie in Högsbo gemeldet. Da sie nicht in unseren Zuständigkeitsbereich fällt, würde ich das Sozialamt in Högsbo kontaktieren.«
    Sie wollte gerade ihre Bürotür zumachen, da hielt sie noch einmal inne. »Was ist eigentlich mit Olof? Ist er ermordet worden, oder hat er selbst jemand ermordet?«

35
    1995
    In sein Zimmer konnte er sich immer zurückziehen.
    Solveig schien gerade noch zu begreifen, dass es reichte, wenn eine Person in diesem Haus völlig den Verstand verlor.
    Er hatte sich lange geschämt für dieses Zimmer mit den Formel 1-Postern und dem Bettüberwurf mit Tintin und Milou – als Kind hatte er Tintin geliebt. Und dann dieser peinliche Teppich in Fischform, den er von seiner Mutter zum dreizehnten Geburtstag bekommen hatte. Der einzige Grund, warum das Ding in Rydboholm vor seinem Bett liegen durfte, war der hässliche Fleck auf dem Boden. Wenn seine Kumpels vorbeikamen, wanderte der Teppich aber in den Schrank.
    Jetzt war er ganz froh, beim Umzug die Einrichtung fast unverändert übernommen zu haben. Der blöde Fischteppich hatte so etwas Unschuldiges, und Sebbe fand ihn nicht mehr lächerlich, sondern beruhigend. Wer dieses Zimmer betrat, musste gar nicht wissen, wer Sebastian war oder was er getan hatte, er würde sofort sehen,

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