Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Winternacht

Winternacht

Titel: Winternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmine Galenorn
Vom Netzwerk:
dass es sich um fünf seltsam missgestaltete Wesen handelte, doch ihr Gang, ihre Haltung strahlte Kraft aus. Die Schneevettel befand sich unter ihnen. Mir wurde bewusst, dass ich keine Kleider anhaben würde, wenn ich mich zurückverwandelte, aber wenn wir uns beeilten, würde ich mir vielleicht nicht den Tod holen.
    So schnell, wie ich zur Eule geworden war, wurde ich nun wieder zu Cicely. Ich stürzte vornüber vom Ast, schaffte es aber noch, einen anderen Ast zu packen und mich festzuhalten. Die Schneevettel sah zu mir hinauf. Ihre Augen begannen zu funkeln, und ein schiefes Lächeln zuckte um ihre Lippen.
    »Sie ist gekommen, sieh mal an. Sag mir eins: Wer war es, der die Eule aus ihrem Schlaf geweckt hat?« Ihre Art zu reden war mir nun schon vertraut, und ich schaltete fast automatisch auf ihr Rätselgerede um.
    »Eine, die etwas zu sagen hat – vermute ich richtig, dass sie es war, die die Eule geweckt hat?« Ich konzentrierte mich, obwohl es mir schwerfiel; ich begann bereits zu zittern. »Doch was zu sagen ist, muss schnell gesagt werden, sonst muss die Eulentochter ins Federkleid zurückschlüpfen. Die Kälte ist gierig.«
    »Die Eulentochter darf sich schon bald wieder emporschwingen, keine Angst. Aber sag mir eins: Was bräuchte ein Leib, um einen anderen Leib zu besiegen? Waffen gäbe es zuhauf, aber was wäre ein selten Gut?«
    Ich dachte einen Moment nach. Wir hatten Waffen, aber was uns fehlte, waren die Leute. »Wie es scheint, wäre ein selten Gut ein Bündnis. Verbündete gegen einen gemeinsamen Feind.«
    »Das könnte stimmen, würde man um eine Antwort gebeten werden. Ein gemeinsamer Feind ergäbe ein gemeinsames Ziel. Man könnte auf den Gedanken kommen, es sei besser, sich zusammenzutun, als allein in die Schlacht zu ziehen.« Sie grinste und zeigte ihre schiefen Zähne.
    »Eine schlaue Annahme, würde man sie denn machen. Doch was wäre der Preis? Man sollte immer die Kosten kennen, bevor man sich auf einen solchen Erwerb einlässt.« Meine Zähne klapperten nun vor Kälte, und ich schlang fest die Arme um meinen Oberkörper, um mich vor dem Wind zu schützen. Ich blickte herab auf die anderen Gestalten, aber es war schwer, sie zu betrachten. Sie verschwammen und verwischten immer wieder, als hätte ich zu viel getrunken.
    Die Schneevettel lachte. »Man könnte die Eulentochter als gewiefte Geschäftsfrau bezeichnen, denn sie versucht zu feilschen. Aber der Preis könnte nach ihrem Geschmack sein: nur ein Stückchen Wald, sobald die Schattenkönigin daraus vertrieben worden ist.«
    Ich starrte sie an. Wie sollte ich ihr denn das versprechen? Der Wald gehörte Lainule. Ich versuchte, die richtigen Worte zu finden. »Es gibt Preise, die selbst eine gute Geschäftsfrau vielleicht nicht zu zahlen befugt ist.«
    »Oho, und doch könnte man überrascht werden. Das Leben ist voll seltsamer Wendungen. Ein Bäcker wird Schneider, ein Eulenkind Königin, wer weiß? Es sind schon seltsamere Dinge geschehen. Und wenn eine gute Geschäftsfrau befugt wäre, diesen Preis zu zahlen, täte sie es?«
    Was soll ich tun, Ulean? Wie soll ich antworten?
    Sag die Wahrheit. Wenn du die Erlaubnis hättest, ein Stück des Waldes abzugeben, würdest du es tun?
    Na ja, klar. Alles, um Hilfe zu bekommen, vor allem die der mächtigen Wildling-Feen. Aber –
    Kein Aber. Antworte. Und mach dir keine Sorgen.
    »Ich denke, eine gute Geschäftsfrau, die eine solche Befugnis hätte, würde nur allzu gern ihren Verbündeten ein Stück Wald schenken.«
    »Dann ist der Handel abgeschlossen. Sollte eine solche Geschäftsfrau in den Windschatten horchen, so könnte sie morgen denn eine Nachricht der Verbündeten hören. Und sie sollte auch einem Freund in Erinnerung rufen, dass er einer gewissen Verbündeten frisches Fleisch schuldet.«
    Das hatte Kaylin vergessen! »Auch dieser Teil der Abmachung wird erfüllt werden.« Und bevor ich noch etwas sagen konnte, verschwanden die Gestalten im Wald, und ich war allein mit meinen Gedanken.
    Aber da ich inzwischen entsetzlich fror, beschloss ich, lieber ins Haus zurückzufliegen und dort zu überdenken, was sich soeben abgespielt hatte. Wer konnte schon ahnen, was sich sonst noch in diesem Wald herumtrieb?
    Ich sog die Luft ein und ließ mich aus dem Baum fallen, um mich einen Sekundenbruchteil darauf ohne nachzudenken in meiner Eulengestalt in die Luft zu schwingen. Auf dem Weg zurück in mein Zimmer fragte ich mich, wie die anderen Feen wohl sein mochten – jeder Wildling war

Weitere Kostenlose Bücher