Winternacht
ins Bett krochen und uns vom Schlaf überwältigen ließen.
Der Morgen kam, und wir erlaubten uns den Luxus, bis neun Uhr zu schlafen. Zoey und Luna hatten uns allen ein einfaches Frühstück bestellt – viel Eiweiß und komplexe Kohlehydrate, die für Energie sorgen würden. Ich schaltete den Fernseher ein, obwohl ich die Nachrichten fürchtete. Die meisten Sender strahlten schon nicht mehr aus, doch schließlich fand ich eine Lokalredaktion. Der Moderator blickte ernst in die Kamera, neben ihm einer von Lannans Tagesboten.
»Wir wiederholen: Wir bedauern, Ihnen mitteilen zu müssen, dass New Forest belagert wird. In der vergangenen Nacht haben dreiundvierzig Leute durch die Schattenjäger ihr Leben verloren, und ich möchte noch einmal bekräftigen, was Lord Lannan Altos gestern in seiner Ansprache gesagt hat: Wer kann, möchte bitte das Wichtigste zusammenraffen und die Stadt verlassen. Die Vampirfeen werden bei Sonnenuntergang erwachen. Gehen Sie also vorher.«
Der Moderator räusperte sich. »Was wird getan, um dem Angriff zu begegnen, und warum sind wir nicht früher gewarnt worden?«
Der Tagesbote trat voller Unbehagen von einem Fuß auf den anderen. »Der vorherige Regent hat versucht, die Sache im Stillen auszufechten, wodurch allerdings deutlich wurde, dass er seiner Aufgabe nicht gewachsen war. Heute Morgen kurz vor Sonnenaufgang haben Regent Altos und die Abgesandte des Karmensin-Hofs Kunde erhalten, dass das Konsortium ein weiteres Kontingent Magiegeborene schickt, die am Nachmittag ankommen werden. Auch der Karmesin-Hof schickt ausgebildete Kämpfer, sobald die Sonne untergeht.«
»Was können wir tun – Yummanii und Werwesen?« Das Entsetzen des Sprechers wuchs.
»Die besten Chancen hat, wer die Stadt verlässt oder nur noch bei Tag aus dem Haus geht. Verbarrikadieren Sie sich nachts. Werwesen und Yummanii haben dem Indigo-Hof nicht besonders viel entgegenzusetzen. Die Schattenjäger sind stark und klug – denkende Killermaschinen, wenn man so will. Und sie sind wie eine Pest, die sich auf dem ganzen Kontinent ausbreiten will.« Er hielt einen Moment inne, dann fuhr er fort. »Die Vampirnation und das Konsortium haben die Regierung der Yummanii überzeugen können, die Handhabung dieses Problems uns zu überlassen. Wir sind gegenwärtig dabei, im ganzen Land andere Nester von Vampirfeen aufzustöbern. Falls Sie nicht zur Polizei oder zu medizinischem Fachpersonal gehören, raten wir Ihnen, sich von den Straßen fernzuhalten, wenn die Nacht hereinbricht.«
Ich schaltete den Fernseher ab. »Wenigstens wissen wir, dass Hilfe unterwegs ist. Und die Wildling-Feen wollen heute auch noch Kontakt mit uns aufnehmen. Ach, übrigens, Kaylin – du schuldest der Schneevettel noch eine Portion Fleisch, weißt du noch? Bezahl besser, bevor sie auf die Idee kommt, die Schuld einzutreiben.«
Er schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. »Verdammt – ich kann kaum glauben, dass ich das vergessen habe. Ich tu’s noch heute Nachmittag, direkt nach dem Ritual.«
»Dann sollten wir langsam loslegen.«
Wir fragten Lannans Lakaien nach Räumlichkeiten, in denen wir allein sein konnten, und sie überschlugen sich, uns zu Diensten zu sein. Sie wollten nicht wissen, was wir vorhatten, aber warum sollten sie auch? Sie mussten nicht davon ausgehen, dass wir eine Gefahr für die schlafenden Vampire darstellten, und alles andere interessierte sie nicht.
Wir räumten den Nebensalon, der uns zugewiesen wurde, aus und machten uns an die Vorbereitungen. Wir brauchten Platz und einen großen Tisch, auf dem Grieve liegen würde, während wir die Elemente anriefen.
»Bevor wir anfangen, müssen wir Gewänder in den Farben der jeweiligen Elemente anziehen«, sagte Luna. »Ich habe Lannans Leute gebeten, uns zu helfen, und sie haben für uns ein paar Sachen ausfindig gemacht, mit denen es gehen sollte.« Sie lächelte, und mir wurde plötzlich klar, dass sie sich hier bereits ganz in ihrem Element befand. Ihre Magie hatte mit Ritualen, Traditionen, Liedern und Disziplin zu tun, während meine wild, ungeordnet und ungezähmt war.
Sie reichte die Gewänder herum. Sie waren wunderschön und exquisit gearbeitet. Meins war aus einem hellen Silberton, Chatters waldgrün, Rhiannons blutrot und Wraths tiefblau. Kaylin trug Schwarz und Luna Weiß, während Zoey eine braune Robe überzog. Die Vampire mussten eine Wahnsinnskostümparty gefeiert haben, denn alle Gewänder waren gleich geschnitten, unisex, fließend und aus
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