Winternacht
Taille. »O Chatter, ich dachte, du hättest dich selbst in die Luft gejagt.«
»Mein Feuer ist eine weit mächtigere Waffe als die kleine Granate. Aber wir sollten uns besser um den kümmern, der noch übrig ist.« Er nickte zu der Stelle, wo unsere Gegner gestanden hatten. »Wir müssen herausfinden, wer sie waren und welchen Auftrag sie hatten.«
Der erste Mann mit der Granate war nirgendwo zu sehen, aber undefinierbare Fetzen und Körperteile machten deutlich, dass er explodiert war, als Chatter ihn eingehüllt hatte. Derjenige, der Peyton gefesselt hatte, lag blutend auf dem Boden – tot. Kaylin beugte sich mit triefender Klinge über ihn. Wrath hatte den dritten ausgeschaltet; er lag neben meinem Vater ausgestreckt auf dem Boden. Der vierte hatte sich geduckt und hielt die Hände sichtbar über den Kopf.
Ich trabte zu ihm. »Zieh deinen Mantel aus. Langsam. Und lass ihn fallen.«
Er gehorchte, und ich befahl ihm, sich komplett auszuziehen. Als er nackt und zitternd vor mir stand, nickte ich.
»Okay, kein Sprengstoff. Du kannst Boxershorts und Unterhemd wieder anziehen.« Auch das tat er, und ich bedeutete Kaylin, die anderen Kleider aufzusammeln. »Schaffen wir ihn rein. Aber verbindet ihm zuerst die Augen.« Wir konnten ihn zwar ohnehin nicht ziehen lassen, aber für den unwahrscheinlichen Fall, dass er entkam, sollte er nicht in der Lage sein, wichtige Informationen über unseren Unterschlupf weiterzugeben.
Wir zerrten ihn hinein.
Luna hastete uns entgegen. »Wir haben Explosionen gehört. Seid ihr in Ordnung?« Als sie sah, dass wir den Mann hereinbrachten, holte sie einen Stuhl hervor, schubste ihn darauf und band ihm die Handgelenke hinter der Lehne zusammen.
»Ja, wir sind in Ordnung«, sagte ich. »Erstaunlicherweise.«
Peyton schlug mir auf die Schulter. »Wenigstens hat man euch keine scharfe Granate auf die Brust gebunden.« Sie lachte, aber es klang gezwungen, und der seltsam hohle Blick machte mir klar, wie sehr sie die Erfahrung mitgenommen hatte. Rex trat hinter sie, legte ihr einen Arm um die Schultern und führte sie zu einem Stuhl, wo er sie sanft niederdrückte und ihr über das Haar streichelte. Es tat gut, die beiden zu sehen. Rex hatte viel aufgestaute Liebe in sich.
»Ja. Das kam … überraschend.« Ich räumte eine Ecke des Tisches frei und setzte mich unserem Gefangenen gegenüber.
In diesem Moment kam auch Rhiannon näher, und ihr Gesicht erhellte sich. »Erik.«
Mir fiel die Kinnlade herab. »Du kennst ihn?«
»O ja. Leo und ich waren einige Male mit ihm und seiner Freundin aus.« Plötzlich schien sie zu begreifen, und sie ließ sich auf einen Stuhl fallen. »Was war da draußen los?«
Ich wusste nicht, wie ich es beschönigen sollte. »Dieser Bursche und drei andere haben versucht, uns beide zu kidnappen. Wer sie dazu angestiftet hat, weiß ich allerdings noch nicht.«
Rhiannon wurde blass. »Erik ist genau wie Leo Tagesbote für Geoffrey.«
Erik schnaubte. »Leo ist kein Tagesbote mehr.«
In meinem Bauch brannte es plötzlich. »Was genau soll das heißen?«
»Geoffrey hat Leo verwandelt. Er gehört jetzt zu den Vampiren.«
»Zu den …« Rhiannon sank in sich zusammen. Entsetzen breitete sich auf ihrer Miene aus. »Du meinst …«
»Ich meine, dass Geoffrey ihm gegeben hat, was er wollte.« Erik spuckte auf den Boden, doch dann schauderte er. »Es ist kalt. Kann ich eine Decke haben?«
»Du hast versucht, uns umzubringen, und willst jetzt eine Decke, weil du frierst?« Er hatte Mumm, das musste man ihm lassen.
Er zuckte mit den Achseln. »Ob ihr’s glaubt oder nicht, ich sollte euch nicht töten. Ich sollte nur dich und Rio zu unseren Arbeitgebern bringen.«
»Rio?« Jetzt war ich verwirrt.
Rhiannon biss sich auf die Lippe. Tränen glitzerten in ihren Augen. »So wurde ich unter Leos Freunden genannt.« Sie musterte ihn kopfschüttelnd. »Ich kann es einfach nicht glauben. Leo ist jetzt wirklich Vampir?«
Erik stieß einen kleinen Seufzer aus. Er klang beinahe enttäuscht. »Ja. Geoffrey hat ihn gestern verwandelt. Was bedeutet, dass wir nichts mehr zusammen unternehmen. Leo hält sich nämlich jetzt für was Besseres. Geoffrey hat ihm schon damals versprochen, dass er ihn verwandelt, wenn er ihm richtig gut dient, und jetzt, da es passiert, dreht er völlig ab.«
Ich witterte saure Trauben. Vielleicht konnten wir das ausnutzen. »Was wird passieren, wenn du ohne uns zurückkommst? Geoffrey war schlau genug, euch mit Handgranaten auszustatten; ihm war
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