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Winternacht

Winternacht

Titel: Winternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmine Galenorn
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wollte uns nicht alleinlassen, das wusste ich, aber wir hatten keine Wahl. »Okay, aber du nimmst das hier!« Er drückte mir etwas in die Hand, nickte und verschwand erneut in einer schattenhaften Wolke, die sofort verpuffte.
    Ich sah herab auf meine Hand. Das Obsidianmesser! Mit zusammengebissenen Zähnen und wohl wissend, was auf uns wartete, streifte ich hastig meine Kleider über, während die Schattenjäger den langsamen Abstieg über den Felsvorsprung begannen. Myst lehnte sich in die Öffnung der Falltür, und ihr Lachen hallte durch den Saal.
    »Zu spät, Cicely, zu spät. Und mein Prinzgemahl – was für ein böser, kleiner Junge du doch warst. Es ist an der Zeit, dass der Sommer ein Ende hat. Zeit, die Welt in eine lange, lange Nacht zu hüllen.« Ihre Stimme war eisig und ließ den Frost hereinströmen. Wenigstens hatte sie nur drei Schattenjäger bei sich. Aber drei Vampirfeen gegen vier von uns? Nicht gerade ein fairer Kampf.
    Rhia trat zu mir. Ihre Miene war grimmig. »Wir tun, was immer wir müssen, um hier wieder herauszukommen.«
    »Genau. Und meine erste Handlung ist diese.« Ich holte meinen Fächer heraus und zielte auf sie.
    Cicely, benutze ihn nicht zu oft –!
    Wir haben keine Wahl . Ich schnitt Ulean das Wort ab. »Hurrikan, erwache!« Und als ich den Fächer aufschlug, brach die Hölle über uns herein.
    Der Wind erhob sich und ich dieses Mal mit ihm. Ich spürte, wie ich mich halb aus meiner Gestalt herauslöste, doch immer noch an meinen Körper gebunden war. Ich ragte hoch über dem Saal auf, war gleichzeitig mein Schatten und ich selbst und trieb mit dem Wind aufwärts. Ich spürte nicht länger den Rückstoß, denn die Ströme gingen von mir aus, und als ich versuchte, die Luft anzuhalten, stellte ich fest, dass die Winde das Atmen für mich übernommen hatten.
    Ulean kreischte, und ich wandte mich in ihre Richtung um. Ich konnte sie sehen: ihre überirdisch funkelnde Gestalt, die ich zuvor erst ein einziges Mal hatte sehen dürfen, als Kaylin mich zum Traumwandeln mitgenommen hatte. Nun war sie deutlich und riesig und wirbelte um mich herum.
    Hol den Wind zurück! Du weißt nicht, was du tust .
    Aber ich musste mich vorwärtsbewegen, ich konnte die tobenden Ströme nicht zurückziehen; sie trugen mich, hoben mich hoch, machte mich zu einer Riesin in meiner Welt. Die Säule erschauderte, als der Sturm sie ungebremst traf. Es knirschte und kreischte, Äste und Holz brachen, und große Brocken stürzten zu Boden.
    Ich machte einen weiteren Schritt vorwärts und brachte den ganzen Saal zum Zittern. Hinter mir schrien Rhia, Grieve und Chatter, aber ich konnte sie nicht verstehen, und ich hatte eine Mission. Ich drehte mich zu den Schattenjägern um, atmete aus, und der Wind schüttelte den Saal und heulte über den Boden und an der Decke entlang.
    Die Schattenjäger brüllten auf, als ich mich ihnen näherte. Die Kraft des Windes presste sie an die Wände, und ich warf den Kopf zurück, ließ mein Haar im Luftstrom flattern und lachte donnernd. Das Obsidianmesser lag noch immer in meiner Hand, und seine Energie durchdrang mich, und ich spürte, wie ein wilder Hunger in mir wuchs.
    Ich hatte die Wand erreicht und begann zu klettern. Mysts Leute klebten oben auf dem Sims, und ich krabbelte behende wie eine Spinne hinauf. Als ich den ersten Schattenjäger erreicht hatte und das Obsidianmesser zückte, sah ich Panik in seinen Augen aufblitzen.
    Töten, niederstechen, aufreißen … Trink, trink ihn leer, saug das Mark aus seinen Knochen, reiße ihm sein Herz heraus, bade in Blut und Hirnmasse …
    Der Auftrieb der Winde schob mich weiter, brachte meinen Arm mit Schwung nach oben, trieb das Messer in seinen Körper, und ich zog es durch, riss ihn in Stücke. Gelächter blubberte in mir auf, und ich leckte das Messer ab, ohne mich daran zu stören, dass ich mir selbst in die Zunge schnitt. Der salzige Geschmack seines Bluts steigerte meinen Appetit, und ich streckte den Arm aus, um ihn zu mir zu ziehen, aber der tosende Sturm, der gegen die Wände brandete, schickte ihn trudelnd zu Boden.
    Gierig griff ich nach ihm, als er an mir vorbeifiel, und versuchte ihn zu packen, aber Ulean wehte heran, packte den Fächer und riss ihn mir vom Handgelenk. Wütend brüllte ich auf, aber sie ließ ihn zu Boden fallen.
    Nein! Nein! Wag es nicht!
    Cicely, komm zurück zu mir. Lass das Messer fallen, Cicely. Lass los!
    Das geht nicht. Ohne das Messer haben wir keine Chance.
    Sieh nur, Cicely. Schau hoch .
    Ich

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