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Winternacht

Winternacht

Titel: Winternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmine Galenorn
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doch noch beanspruchte sie den größten Teil des Spielbretts für sich. Geoffrey und Leo dagegen agierten unter der Prämisse, dass sie nichts mehr zu verlieren hatten. Und Männer – oder Vampire –, die nichts mehr zu verlieren hatten, waren viel, viel gefährlicher als jeder, der Grund hatte, mit Bedacht vorzugehen.

13. Kapitel
    W ir waren vielleicht zehn Minuten gegangen, als wir eine Wiese fanden, in deren Mitte ein dicker Fels stand. Wir stellten uns an den Granitbrocken, und nach weiteren zwanzig Minuten sah ich über unseren Köpfen einen Uhu einfliegen. Wrath . Er hatte uns gefunden! Er kreiste über uns, sammelte sich, ließ sich herab und verwandelte sich wieder in den Sommerkönig. Ich lief zu ihm.
    »Wir haben den Herzstein gefunden. Aber Myst hätte uns fast erwischt. Kaylin hat den Stein an sich genommen und ist traumwandelnd entkommen.«
    »Ja, ich weiß. Er war da, als ich losflog.« Mein Vater musterte mich prüfend. »Er hat uns auch von dem letzten Kampf erzählt. Wie seid ihr Myst entkommen?« Sein Blick bohrte sich in mich, und mir war klar, dass ich es ihm sagen musste – alles, ohne zu beschönigen.
    »Der Fächer hat die Macht über mich übernommen. Außerdem habe ich einen der Schattenjäger mit dem Obsidianmesser abgeschlachtet. Myst floh mit zwei anderen Soldaten. Sie hatte Angst vor mir.« Die Worte sprudelten aus mir heraus, und mit einem Mal wurde mir wirklich bewusst, dass es der Wahrheit entsprach. Myst hatte Angst gehabt. Myst hatte den Rückzug angetreten.
    Wrath presste die Lippen aufeinander und betrachtete mich einen Moment lang stumm. Dann legte er mir einen Arm um die Schultern. »Komm. Wir müssen euch nach Hause bringen. Lainule braucht den Herzstein, und du musst ihn ihr überbringen – ich kann ihn nicht anfassen. Über die anderen Dinge reden wir später.« Doch in seinem gleichmütigen Tonfall hörte ich fernes Donnergrollen.
    Wir waren tatsächlich nur ein paar Minuten Fußweg von der Straße entfernt, allerdings neun oder zehn Meilen von dem Eingang unter der Zeder. Ich rief Peyton an und gab ihr Wraths Koordinaten durch, und wir legten den Rest des Weges schweigend zurück. Wenigstens hatte Kaylin es geschafft. Und es war Tag, also musste ich mich bis heute Abend nicht mit Lannan auseinandersetzen.
    Ohne Störungen schlugen wir uns durchs Unterholz und gelangten auf die Straße. Peyton wartete schon auf uns. Sie blickte grimmig drein, als wir in den Wagen kletterten, bedachte mich aber mit einem müden Lächeln.
    »Ich bin heilfroh, dass ihr wieder da seid. Lannan ist so was von angefressen, dass er die ganze Zeit durchs Haus tobt.«
    »Aber warum seid ihr denn dorthin gegangen, anstatt im Sommerreich zu bleiben?« Ich warf erst ihr, dann Wrath einen Blick zu. Beide schienen sich nicht besonders wohl zu fühlen.
    Peyton biss sich auf die Lippe. »Die Energie im Sommerreich ist meinem Vater nicht besonders bekommen. Er war wie trunken, und einer der Wachleute wollte ihn dazu verführen, ein Glas Wein zu trinken. Rex ist trockener Alkoholiker und fühlte sich in die Ecke getrieben. Und ein Werpuma, der in die Ecke getrieben wird, zeigt die Zähne.«
    Wrath seufzte. »Rex verwandelte sich in seine Katzengestalt und stürzte sich auf den Feenmann. Niemand wurde verletzt«, er hob beschwichtigend die Hand, als ich mich alarmiert aufsetzte, »aber es schien uns kein guter Start zu sein, also hielten wir es für klüger, ihn zu Lannan zu schicken. Luna und Zoey sind mitgegangen. Ich habe gestern nach ihnen gesehen. Ihnen geht es prächtig, und Lannan passt gut auf sie auf – trotz seiner Marotten. Das Sommerreich ist nicht unbedingt der gemütlichste Ort für jemanden, der kein Feenblut in sich hat.«
    Ich brummelte, als ich mich zurücklehnte, sagte aber nichts. Ich hatte eine Ahnung, dass der Wachmann Rex mit Absicht provoziert hatte, aber ich konnte es nicht beweisen, und es hätte höchstens noch mehr böses Blut erzeugt, also ließ ich die Sache auf sich beruhen. Wir hatten auch so schon genug Probleme.
    »Und Lannan ist also sauer, weil ich zwei Nächte nicht da gewesen bin?« Ich wollte lieber auf alles vorbereitet sein, wenn wir in seiner Villa ankamen.
    »Na ja, sauer ist nicht der richtige Ausdruck. Er ist vielmehr … außer sich, würde ich sagen. Wenn du nicht in einem Stück zurückkommen würdest, hat er gebrüllt, würde er Wrath und Lainule höchstpersönlich erlegen.« Peyton räusperte sich und blickte im Rückspiegel zu Wrath, aber der zuckte nur

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