Winterreise
fortlaufen. Auf der Straße vor dem Hotel lag ein eingedrückter roter Pappkoffer, und Nagl sagte, sie solle den Koffer nehmen und gehen. Zuletzt sah er, wie Anna den aufgespannten Schirm zum Trocknen auf den Kasten legte. In der Nacht erwachte er und erblickte den Schirm, der wie ein riesiger, geöffneter Blumenkelch aussah. Er glaubte sich von ihm bedroht, stand auf und räumte ihn weg. Durch die offene Balkontür hörte er es regnen. Erst jetzt bemerkte er, daß er noch angezogen war. Er entkleidete sich und hatte ein Gefühl, als würde er Anna nichts mehr bedeuten.
25
Als er am Morgen erwachte, trank er zwei aufgelöste Alka-Selzer-Tabletten und überlegte sich, wie er mit Anna ein Gespräch beginnen sollte. Er konnte den Ahnungslosen spielen, der sich erst langsam an alles erinnerte, er konnte sie um Verzeihung bitten oder nichts dergleichen tun und auf ihre Vorhaltungen oder ihr gekränktes Gesicht kurze, unwillige Erklärungen geben und auf das ablenken, was gerade wichtig war. Er zog sich an und ging auf die Straße. Dem Hotel gegenüber befand sich ein Fotoatelier, das er vom Fenster aus gesehen hatte, und er betrat es. Ein Mann in einem schwarzen Geschäftsmantel kam ihm entgegen, die Frau saß hinter einem vollgeräumten Schreibtisch. Sie waren sichtlich ohne Auftrag. Eine Brille mit zerbrochenem Glas lag auf dem Pult, quer durch den Raum war eine Schnur mit Wäscheklammern gespannt. Das Kabel des Telefons war kunstvoll verwickelt. An den Wänden hingen Fotos von Hochzeitspaaren vor Palmen und auf Brücken in gestelzten Haltungen. Es war ein trauriges Geschäft. Nagl verlangte, daß man eine Fotografie von ihm machte, die Frau hielt die Beleuchtungslampe, und der Fotograf kroch geschäftig unter das schwarze Tuch. Nach einer Stunde, in der Nagl im Büro saß, brachte der Fotograf sechs Abzüge, auf denen er unrasiert und abwesend den Betrachter ansah. Die Wartezeit über hatte er den Hoteleingang im Auge behalten, der durch die Auslagenscheibe des Fotografen zu sehen war. Anna war nicht aus dem Hotel gekommen. Er hatte sich gefragt, was ihn an Anna anzog. Sie hatte ihn erregt, das war das Wichtigste gewesen. Ihr Gesicht hatte etwas Unschuldiges, und an dieser Unschuld hatte sich seine Phantasie entzündet. Außerdem hatte sie ihn merken lassen, wie sehr sie ihn liebte. Es war ein kindlicher Trieb gewesen, aber später zweifelte Nagl daran, ob sie nicht auch berechnend gewesen war. Sie hatte seine Gleichgültigkeit und seine absichtliche Distanz hingenommen. Dann wieder hatte sie ihm gezeigt, wie sie litt. Es war sehr überzeugend gewesen, vielleicht hatte es auch gestimmt. Aber während der ganzen Zeit hatte sie heimlich andere Männer gehabt, mit denen sie versucht hatte, sich den Schmerz zu nehmen. Er hatte diesen Grund nicht für sich: Er hatte mit anderen Frauen geschlafen, weil sie ihn erregt hatten oder weil er verliebt gewesen war.
Er hatte manchmal unkontrollierte Überschwänge, aus denen sich für ihn als schwerfälligen Menschen komplizierte Verpflichtungen ergaben. Er wand sich dann in Ausreden und wußte selbst nicht mehr, was er nun aus Verpflichtung und was aus Neigung tat. – Er bezahlte und verlangte ein Kuvert, in das er die Fotografien steckte und das er mit seinem Namen und seiner Adresse beschriftete und in einen Postkasten warf.
Im Hotelzimmer waren die Betten schon abgezogen. Die Handtücher lagen zerknüllt am Boden. Er hörte Anna im Bad. Sie kam heraus und war darauf bedacht, ihm zu zeigen, daß sie gekränkt war. Wenn er sich ihr schuldbewußt fröhlich näherte, würde sie ihn abweisen und die tief Verletzte spielen. Er sagte nichts und trat auf den Balkon. Das Treiben auf der Straße langweilte ihn. Er drehte sich um und sah Anna auf der Matratze sitzen und vor sich hinstarren. »Wir müssen gehen«, sagte Nagl. »Hast du etwas?«, fragte Anna. »Wenn du willst, daß ich alleine zurückfahre, mußt du es mir sagen.« Nagl blickte wieder auf die Straße. »Du hast gar keinen Grund, mir keine Antwort zu geben«, sagte Anna. Dann warf sie sich ihm plötzlich an den Hals und küßte ihn. Er legte sie über die Matratze, zog sie aus, steckte seinen Schwanz in sie und bewegte sich nur ganz langsam. Ihre Brustwarzen waren rosa und fest, und er leckte mit der Zungenspitze über sie. »Steh auf«, flüsterte er. Sie lehnte sich an den Tisch, beugte sich nach vorne und drückte ihr weißes Gesäß heraus. Es war so fleischig, daß sie die Beine weit spreizen mußte. Sie stand auf
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