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Winters Herz: Roman (German Edition)

Winters Herz: Roman (German Edition)

Titel: Winters Herz: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Littlewood
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ausdruckslos, und er sah sie mit halb geschlossenen Augen an. »Ich hab nichts gehört«, sagte er. »Nur die Ratten.«
    Dann wanderte sein Blick zu ihrer sichtbar zitternden Hand. Ben nahm sie in beide Hände und beugte sich nach vorn. Cass erwartete, dass er sie küssen würde, damit sie schneller heilen würde, aber das tat er nicht; er streckte seine glatte rosa Zunge aus und leckte ihren blutigen Fingerknöchel ab.
    Cass entriss ihm die Hand. »Was machst du denn da?«
    Als er sie jetzt ansah, lag in seinen Augen ein Ausdruck, der ihr nicht gefiel: ein abschätzender Blick, ein wissender Blick. »Ben?«
    Der merkwürdige Ausdruck verschwand, als habe es ihn nie gegeben. Ihr Sohn grinste, ließ dabei seine weißen Zähne sehen. »Spielst du mit mir, Mom?«
    Cass richtete sich auf.
    »Wir können einen Wettbewerb daraus machen. Das haben wir bei Damon getan. Er ist mein bester Freund.« Sein Gesichtsausdruck war arglos, sein offenes Lächeln das eines Kindes, aber Cass hörte seine Worte trotzdem mit Entsetzen. Er ist mein bes ter Freund. Sie erinnerte sich an Damons missmutiges Starren und dachte daran, wie Ben sie vorhin angesehen hatte. Hatte er das etwa von Damon übernommen?
    »Er hat Street Skirmish . Hab ich das schon erzählt? War ein Geschenk   – zu Weihnachten. Nein, nicht Weihnachten. Irgendwas anderes.«
    »Irgendwas anderes?«
    »Yeah. Und es ist echt klasse. Kann ich’s auch kriegen, Mom?«
    »Das muss ich mir noch überlegen.« Diese Worte kamen automatisch, aber während Cass sprach, fiel ihr etwas auf. Sie beugte sich zu Ben hinunter und griff ans Vorderteil seines Sweatshirts, um eine Stelle genauer zu betrachten. Auf dem Stoff zeichnete sich ein dunkler Fleck ab. Er war zu tiefem Rostbraun angetrocknet. »Was ist das?«
    Ben zog ihr das Gewebe aus den Fingern. »Ribena«, sagte er. »Haben wir auch welches, Mom? Damons Mom hat Ribena. Sie hat alles.«
    »Hat sie das?«, murmelte Cass, aber Ben hörte nicht mehr zu, hatte das Getränk aus schwarzen Johannisbeeren schon vergessen. Er hockte sich mit dem Gamepad in den Händen hin, um ein neues Spiel zu beginnen.
    In dieser Nacht schlief Ben friedlich. Das wusste Cass, weil sie mehrmals in der Dunkelheit aufwachte, sich fragte, wo sie war, und sich desorientiert und unbehaglich fühlte. Sie stellte sich vor, auch Ben wälze sich erhitzt und fiebrig in seinem Bett, aber als sie nach ihm sah, lag er friedlich auf dem Rücken und hatte eine Hand unter sein zur Seite gedrehtes Gesicht geschoben. Das Nachtlicht erhellte die schwach gewölbte Fläche seiner blassen Wange. Er atmete gleichmäßig, wie es sich für ein schlafendes Kind gehörte.
    Cass blieb eine Zeit lang bei ihm stehen, weil sie nicht ins Bett zurückwollte. Sie wusste, dass sie geträumt hatte, und obwohl siesich an keine Details erinnern konnte, war eine vage Erinnerung zurückgeblieben.
    Irgendwann drehte Ben sich seufzend um, und Cass verließ sein Zimmer auf Zehenspitzen. Sie lag noch lange wach, und als sie dann endlich die Augen schloss, begann wie auf Kommando das Kratzen in den Wänden.
    Als der Traum kam, spürte Cass, dass jemand sich über sie beugte. Sie konnte kein Gesicht sehen, aber sie kannte die große, breitschultrige Gestalt in ihrem wallenden schwarzen Talar. Sie konnte spüren, wie der Mann in Schwarz sie betrachtete.
    Ihr Vater, dessen Haar schimmerte, weil Kerzenschein hindurchleuchtete, beugte sich tiefer über sie. Er hielt ihr etwas hin, eine kleine weiße Scheibe.
    Cass öffnete den Mund, und er legte sie ihr auf die Zunge. Die Hostie war trocken und papierartig und schmeckte nach nichts. »Dies ist Liebe«, sagte er, und Cass schrak wieder auf: völlig durchgefroren, als sie sich im Bett aufsetzte und ins Dunkel starrte.

Kapitel 10
    Die Welt blieb in Nebelschwaden verborgen, die über die Hügel und durchs Tal zogen, alles verhüllten und die Bäume in verschleierte Gestalten mit ausgestreckten Armen verwandelten. Cass stand am Fenster und trank Kaffee. Einen klaren Kopf bekam sie davon nicht.
    Ben mampfte den in Milch eingeweichten Vollkornkeks aus seiner Fußballschale, schob sich so schnell wie möglich gehäufte Löffel in den Mund. Während er noch aß, goss er sich mit der freien Hand Milch nach. Er merkte, dass seine Mutter ihn beobachtete.
    »Heute spielen wir Fußball in der Turnhalle«, sagte er. »Damon zeigt mir, wie man den Ball mit Kopf, Brust und Knien in der Luft hält.«
    Cass reckte sich. Ihr Nacken war steif, ihre Gliedmaßen träge. Im

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