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Winters Knochen

Winters Knochen

Titel: Winters Knochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Woodrell
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stehenden Gegenstände entziffern zu können. Sie spürte, wie ihr Magen rebellierte, und rollte zur Seite, um sich wieder zu übergeben, konnte aber nicht. Blut lief ihr aus dem Mundwinkel runter bis zum Ohrläppchen, und sie fragte sich, ob Dad auch auf der Seite lag oder tot in einer anderen Position.
    Der Redbone draußen auf dem Hof bellte wieder, und ein Mann in der Tür fragte: »Wer hat’s denn so eilig herzukommen?«
    »Ist der Pick-up grün?« fragte Little Arthur.
    »Ich glaube schon.«
    »Au, Scheiße, das ist Teardrops Pick-up. Teardrop ist ihr Onkel. Wer zum Teufel hat den gerufen?«
    »Keine Ahnung«, meinte der Mann, »aber ich geh lieber und hol was aus dem Wagen. Ich steh doch nicht nackt hier rum, wenn dieses Arschloch reinspaziert kommt und sie derart zugerichtet findet.«
    Ree setzte sich auf, und eine der Frauen machte zwei Schritte auf sie zu und zischte: »Jetzt siehst du, was du angerichtet hast!«
    Die Wagentür knallte zu, und Ree hörte schwere Schritte auf dem Kies.
    »He, Teardrop, was …«
    »Wo ist sie?«
    »Reg dich bloß nicht auf.«
    »Ist sie da drin?«
    Die Männer und Frauen machten Teardrop Platz. Die rechte Hand steckte tief in der Tasche seiner zerrissenen Lederjacke. Die Sonne fiel ihm in den Rücken, sodass sein Gesicht undeutlich im eigenen Schatten lag. Er trug nichts auf dem Kopf, und sein Blick schoss durch die Menge. Er ging ein paar Schritte auf Ree zu, blieb dann plötzlich stehen.
    »Man hat sie gewarnt, Mann, aber sie wollte nicht hören«, sagte Little Arthur.
    Teardrop richtete sich ein wenig auf, während er Ree ansah, doch seine Miene zeigte keinerlei Veränderung. Regungslos ruhte sein Blick auf ihrem Gesicht, ihren Beinen, den frischen und geronnenen Blutfäden auf ihren Wangen, dem Kinn und dem Hals. Er drehte sich zu Little Arthur um und stellte sich breitbeinig hin.
    »Hast du sie verprügelt?«
    Little Arthur schob einen Arm in den Rücken. Sein Hemd spannte sich an der Stelle, wo er die Hand in den Gürtel steckte. »Und was willst du machen, wenn ich es war?«
    »Sag Ja, und du wirst es erleben.«
    Mrs. Thump kam in die Scheune zurückgelaufen und stellte sich mit fuchtelnden Armen zwischen die beiden.
    »Hat er nicht! Kein Mann hier hat dieses verrückte Mädchen angefasst!«
    »Kein Mann?«
    »Ich hab sie verprügelt.«
    »Du hast sie niemals ganz allein so zugerichtet«, entgegnete Teardrop.
    »Ich und meine Schwestern, die waren auch hier.«
    Die Gruppe teilte sich wieder, machte Platz, und Thump Milton kehrte in die Scheune zurück. Buster Leroy und Sleepy John begleiteten ihn, beide trugen Schrotflinten, mit dem Lauf nach oben, den Finger am Abzug. Thump Milton näherte sich Teardrop ohne jedes Zögern bis auf Armeslänge. Seine schnellen Schritte hatten Staub aufgewirbelt, der überall um ihn herumflog. Er sah Teardrop direkt in die Augen und sagte: »Erkläre dich, Haslam.«
    Teardrop hielt seinem Blick stand. Er gestikulierte mit der Linken, während er sprach. »Ich habe nie auch nur ein einziges verdammtes Wort über meinen Bruder verloren. Ich habe niemanden nach meinem Bruder gefragt und auch nicht nach ihm gesucht. Was Jessup gemacht hat, war gegen unsere Regeln, er wusste es und ich wusste es,und ich habe nie danach gefragt, was aus ihm geworden ist. Aber Ree ist nicht mein Bruder. Sie ist meine Nichte und damit so ungefähr alles, was ich noch an Verwandtschaft habe. Also werde ich sie jetzt mitnehmen und sie nach Hause bringen. Ist das okay für dich, Thump?«
    »Bist du bereit, für sie geradezustehen?«
    »Wenn sie einen Fehler macht, kannst du mich dafür zur Rechenschaft ziehen.«
    »Einverstanden. Sie untersteht nun deiner Verantwortung.«
    »Dieses Mädchen hier wird niemandem auch nur das Geringste erzählen.«
    Ein in der Nähe stehender Holzpfosten sah hilfreich aus, und Ree kroch dorthin. Das grobe Holz schabte ihre Hände auf, als sie sich hochzog, und alles, was sie sah, drehte sich langsam im Kreis. Ein Stöhnen entwich aus ihrem Brustkorb. Der Kot lief ihr aus dem Schlüpfer, sie spürte, wie ihr das eklige Zeug die Beine hinunterkroch. Sie schüttelte ihren Rock. Wankend bemerkte sie, dass Thump Milton und Onkel Teardrop sich umgedreht hatten und sie ansahen.
    »Bringt das Mädchen in Haslams Pick-up«, sagte Thump Milton. »Tragt sie, wenn nötig.« Dann wandte er sich wieder an Teardrop und sagte: »War’s das?«
    Teardrop nahm die Augen nicht von Ree, während er mit Thump Milton sprach.
    »Wenn jemand das Mädchen

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