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Wintersturm

Titel: Wintersturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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Menschen besaßen damals aber nicht das Geld, um in teure Klubs einzutreten, und deshalb fand er nie sehr viel Anklang.
    Schließlich kaufte Mr. Hunt das Haus und das Grundstück –
    insgesamt neun Morgen, einschließlich dreihundert Meter Ufergelände und eines der schönsten Ausblicke am ganzen Kap.«
    »›Der Ausguck‹ war ursprünglich das Haus eines Kapitäns, nicht wahr?«
    Dorothy merkte, daß sich John Kragopoulos zu Hause über das Anwesen informiert hatte – ein zuverlässiges Zeichen für echtes Kaufinteresse.
    »Ja, das ist richtig«, stimmte sie zu. »Es wurde um 1690 von dem Kapitän eines Walfängers als Geschenk für seine Braut errichtet. Beim letzten Umbau vor vierzig Jahren wurden noch zwei Geschosse aufgesetzt. Das Haus behielt aber das alte Dach, und an der Schornsteinspitze wurde auch einer dieser entzückenden kleinen Balkone wieder angebaut, die man Witwensteg nennt, weil von dort aus so viele Kapitänsfrauen vergeblich Ausschau hielten, wenn sie ihre Männer von der Fahrt zurückerwarteten.«
    »Die See kann heimtückisch sein«, stimmte ihr Fahrgast zu.»Doch was ich Sie noch fragen wollte: Gehört zu diesem Anwesen auch ein Anlegeplatz? Wenn ich hier seßhaft werde, möchte ich mir auch ein Boot kaufen.«
    »Ein sehr guter sogar«, versicherte ihm Dorothy. »Oh, du lieber Gott!« Sie hielt den Atem an, weil der Wagen, als sie in die enge, gewundene Straße einbog, die zum ›Ausguck‹
    hinaufführte, gefährlich ins Schleudern geriet. Es gelang ihr, das Fahrzeug wieder unter Kontrolle zu bekommen, und sie warf einen ängstlichen Blick auf ihren Fahrgast. Aber er schien ruhig und gelassen zu sein und bemerkte rücksichtsvoll, daß sie eine sehr mutige Dame sei, da sie es wagte, auf so vereisten Straßen zu fahren.
    Wie ein Skalpell drangen die Worte ins tiefste Innere ihres Jammers. Welch ein entsetzlicher Tag! Es wäre wirklich ein Wunder, wenn der Wagen nicht von dieser schmalen Straße rutschte. Alles, was sie sich vorher eingeredet hatte, die Gründe, weshalb sie das Haus zeigen wollte, waren plötzlich wie weggeblasen. Wenn sie doch nur besseres Wetter hätten, dann wären die Strande und Straßen und Wälder voll von Männern und Jungen, die nach Michael und Missy suchten; aber bei diesem Wetter dachten nur ein paar Unerschrockene daran, nach draußen zu gehen – vor allem, da viele das Gefühl hatten, die ganze Suche sei umsonst.
    »Das Fahren macht mir nichts aus«, sagte sie unbeholfen.
    »Ich bedauere nur, daß Mr. Eldredge nicht bei uns ist. Aber Sie werden das bestimmt verstehen.«
    »Ich verstehe das sehr wohl«, sagte John Kragopoulos. »Eine entsetzliche Qual für Eltern, wenn ihre Kinder verschwunden sind. Es tut mir nur leid, daß ich Ihre Zeit heute in Anspruch nehme. Als Freundin der Familie und Mitarbeiterin müssen sie in großer Sorge sein.«
    Entschlossen zwang sich Dorothy dazu, nicht auf die Anteilnahme in der Stimme und im Verhalten des Mannes zu reagieren. »Erlauben Sie mir, Ihnen noch mehr über das Haus zu erzählen«, sagte sie. »Alle Fenster der Vorderfront blicken aufs Wasser hinaus. Über der Haustür befindet sich ein exquisites fächerförmiges Oberlicht, ein charakteristisches Merkmal der vornehmeren Häuser jener Epoche. Die großen Zimmer im Erdgeschoß haben wundervolle Kamine an der Giebelwand. An einem Tag wie heute würden viele Leute sicherlich gern in ein Restaurant gehen, von wo sie den Sturm beobachten könnten, während sie einen guten Tropfen und gutes Essen und ein warmes Feuer im Kamin genießen. So, da wären wir.«
    Sie fuhren um die Kurve – und ›Der Ausguck‹ lag direkt vor ihnen. Auf Dorothy wirkte er eigentümlich düster und verlassen, wie er so drohend von der Uferböschung aufragte.
    Die verwitterten Schindeln waren ganz grau. Der Graupel schlug gegen die Fenster und Veranden und schien die Fensterläden, von denen die Farbe abblätterte, und die absackenden Außentreppen mitleidslos bloßzustellen.
    Sie war überrascht, als sie sah, daß Mr. Parrish die Garagentür offengelassen hatte. Vielleicht hatte er nach seiner letzten Fahrt Lebensmittel ins Haus getragen und vergessen, wieder herauszukommen und die Tür herunterzuziehen. Aber es war eine Chance für sie. Sie würde den Wagen direkt in die geräumige Garage fahren und neben seinem alten Kombi parken. Sie könnten dann zum Haus hinüberspurten und wären dabei durch das überhängende Garagendach ein wenig geschützt.
    »Ich habe einen Schlüssel für den

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