Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Wintersturm

Titel: Wintersturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
Vom Netzwerk:
Hintereingang«, erklärte sie John Kragopoulos, nachdem sie aus dem Wagen gestiegen waren. »Es tut mir wirklich leid, daß ich nicht daran gedacht habe, Rays großen Regenschirm mitzunehmen. Hoffentlich werden Sie nicht allzu naß.«
    »Machen Sie sich um mich nur keine Sorgen«, beruhigte er sie. »Ich bin einiges gewöhnt. Sieht man mir das nicht an?«
    Sie lächelte schwach und nickte. »Also gut. Ein kurzer Spurt.« Sie rannten aus der Garage heraus und hielten sich dicht an der Mauer, während sie die fünfzehn bis zwanzig Meter zum Hintereingang zurücklegten. Trotzdem prasselte ihnen dabei der Graupel ins Gesicht, und der Wind zerrte an ihren Mänteln.
    Zu ihrer Verwunderung mußte Dorothy feststellen, daß die Tür zweifach verriegelt war. Sie kochte. Mr. Parrish hätte doch wohl etwas rücksichtsvoller sein können. Sie durchwühlte ihre Handtasche nach dem Schlüssel für das obere Schloß und fand ihn schließlich auch. Sie riß kurz an der Glocke, um Mr.
    Parrish anzukündigen, daß sie da waren. Als sie die Tür auf stieß, vernahm sie noch das Echo, das aus dem oberen Stockwerk zurückgeworfen wurde.
    Ihr Begleiter schien unbeeindruckt zu sein. Er streifte sich den Graupel vom Mantel und trocknete sich mit einem Taschentuch das Gesicht ab. Er war ein Mensch, der schwer außer Fassung zu bringen war, entschied Dorothy. Wenn sie ihn durchs Haus führte, mußte sie sich zwingen, weder zu nervös noch zu gesprächig zu erscheinen. Alles in ihr drängte sie, diesen Mann auf schnellstem Wege durch das Haus zu schleusen. Sehen Sie bitte dieses… und jenes… und dieses. Jetzt aber lassen Sie mich bitte zu Ray und Nancy zurückkehren; vielleicht gibt es etwas Neues über die Kinder.
    Sie registrierte, daß er sich in der Küche sorgfältig umsah.
    Ohne Hast zog sie ihr eigenes Taschentuch heraus, um sich das Gesicht abzutupfen, und bemerkte plötzlich, daß sie ihren neuen Wildleder-Wintermantel trug. Heute morgen hatte sie sich entschlossen, ihn wegen dieser Verabredung anzuziehen.
    Sie wußte, er stand ihr gut, und der graue Farbton paßte gut zu ihrem graumelierten Haar. Es waren die großen, tiefen Taschen, die ihr bewußt machten, daß sie nicht ihren alten Wintermantel trug – aber heute wäre es vernünftiger gewesen, den Wettermantel anzuziehen.
    Und dann gab es da noch etwas. Na klar. Als sie den Mantel anzog, hatte sie überlegt, ob Jonathan Knowles heute nachmittag vielleicht mal ins Büro hereinschauen und ihn bemerken würde. Vielleicht würde er ihr heute vorschlagen, daß sie zusammen essen gehen könnten. Noch vor wenigen Stunden hatte sie solche Luftschlösser gebaut. Wie war es nur möglich, daß alles plötzlich so anders war, so fürchterlich…?
    »Mrs. Prentiss?«
    »Ja. Oh, ich bitte um Entschuldigung. Ich fürchte, ich bin heute ein bißchen zerstreut.« Ihre Aufgeräumtheit klang ihr selbst unecht. »Wie man sieht, muß die Küche modernisiert werden, aber sie hat eine gute Lage und ist sehr geräumig. Der Herd ist so groß, daß man auch für eine größere Gesellschaft darauf kochen könnte – aber Sie werden sich sicherlich für einen modernen Herd entscheiden.«

    Ohne daß sie es wollte, war ihre Stimme ein wenig lauter geworden. Mißtönend heulte und stöhnte der Wind um das Haus. Sie hörte irgendwo oben eine Tür zuschlagen und, eine Sekunde lang, ein Wehklagen. Es waren die Nerven; dieses Haus hier brachte sie heute noch ganz um den Verstand.
    Außerdem war es eisig kalt in der Küche.
    Schnell schritt sie voraus, in die vorderen Zimmer. Es lag ihr sehr daran, daß Mr. Kragopoulos den so wichtigen ersten Eindruck von der Aussicht auf das Wasser bekam.
    Die Gewalt des Wetters steigerte noch die Wirkung, die das atemberaubende Panorama auf sie ausübte, als sie an die Fenster traten. Wütende Schaumkronen tobten, wurden emporgehoben, überstürzten sich, krachten auf die Felsen, rollten zurück. Gebannt beobachteten beide, wie die Brandung donnernd auf die Felsen am Fuß der Klippen schlug.
    »Bei Flut liegen diese Felsen völlig unter Wasser«, sagte sie.
    »Genau unter uns, ein wenig nach links, hinter dem Landungssteg, befindet sich ein schöner großer Sandstrand, der zum Grundstück gehört, und dahinter liegt gleich der Anlegeplatz.«
    Sie führte ihn von einem Zimmer ins andere, machte ihn auf die großartigen breiten Eichendielen aufmerksam, die massigen Kamine, die bleigefaßten Glasscheiben, und darauf, daß das alles für ein elegantes Restaurant wie geschaffen

Weitere Kostenlose Bücher