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Wintersturm

Titel: Wintersturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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herzubringen. Wenn er ausgehen wollte, hätte er es ihr ja sagen können. Hoffentlich war das Apartment aufgeräumt. Es gab einfach nicht so viele Leute, die sich nach einem Dreihundertfünfzigtausend-Dollar-Objekt umsahen. Fast ein Jahr lang hatte sich niemand auch nur im geringsten dafür interessiert.
    Dorothy bemerkte nicht, wie der Türgriff von innen niedergedrückt wurde. Als die Tür plötzlich aufgerissen wurde, fuhr sie hoch, hielt den Atem an und starrte in die durchdringenden Augen und das schweißtriefende Gesicht des Mieters von der dritten Etage, Courtney Parrish.
    »Welch einen schrecklichen Tag haben Sie sich für Ihre Besichtigung ausgesucht.« Parrishs Stimme klang höflich, als er zur Seite trat, um sie einzulassen. Wenn er die Tür aufhielt und ihnen aus dem Weg ging, so überlegte er, könnte er es vielleicht verhindern, ihnen die Hand zu schütteln. Er spürte, daß seine Hände klatschnaß geschwitzt waren.
    Seine Augen schössen von einem zum anderen. Hatten sie das Mädchen gehört – den einen Schrei? Er war doch ein Idiot… zu fahrig und unüberlegt. Nach dem Telefonanruf hatte er sich so sehr beeilen müssen. Als er die Kleidungsstücke der Kinder schnappte, hatte er in seiner Aufregung fast das Unterhemd des Mädchens liegenlassen. Dann hatte er die Dose mit dem Kinderpuder umgestoßen und etwas verschüttet. Das hatte er aufwischen müssen.
    Er hatte die Kinder an Händen und Füßen gefesselt und ihnen den Mund zugeklebt und sie in dem Geheimzimmer unten hinter dem Kamin versteckt, das er vor Monaten, als er durch das Haus wanderte, zufällig entdeckt hatte. Er wußte, daß solche Geheimzimmer eine Eigentümlichkeit vieler alter Häuser am Kap waren. Die frühen Siedler versteckten sich darin, wenn sie von Indianern angegriffen wurden. Aber dann war er in Panik geraten. Angenommen dieses dumme Maklerweib wußte etwas von diesem Zimmer und kam auf den Gedanken, es zu zeigen. Man gelangte mittels einer Feder in dem eingebauten Bücherschrank unten im Salon dahin.
    Angenommen, sie wußte davon; einfach nur angenommen.
    Gerade als Dorothys Buick Limousine unten vorfuhr und in die Garage rollte, war er von seinem Beobachtungsposten am Fenster aufgesprungen und hinabgestürmt, um die Kinder zu holen. Er hatte sie hinaufgetragen und sie in einen der tiefen Wandschränke im Schlafzimmer gestoßen. Besser… viel besser. Er könnte sagen, daß er den Wandschrank zur Vorratshaltung benutze und den Schlüssel nicht finden könne.
    Da er ein neues Schloß angebracht hatte, konnte dieses dumme Maklerweib unmöglich einen Zweitschlüssel haben. Außerdem war der andere Wandschrank in dem Zimmer praktisch genauso groß. Den konnte sie ja vorzeigen. Das war der Grund, warum er vielleicht einen Fehler machen konnte… weil er alles zu kompliziert machte.
    Sie hatten unten so lange herumgetrödelt, daß ihm genügend Zeit geblieben war, das Apartment ein letztes Mal in Augenschein zu nehmen; er war sicher, daß er nichts außer acht gelassen hatte. Die Wanne war noch voll, aber er hatte sich entschlossen, sie so zu lassen. Er wußte, daß seine Stimme am Telefon sehr verärgert geklungen hatte. Sollte Dorothy doch denken, daß das der Grund gewesen war; er hatte eben gerade ein Bad nehmen wollen. Das würde die Verärgerung entschuldigen.
    Er stand Qualen aus, so sehr drängte es ihn, zu dem kleinen Mädchen zurückzukehren. Er fühlte eine rasende Begierde in sich aufsteigen. Unmittelbar vor ihnen, da war sie, nur zwei Meter von ihnen entfernt, hinter dieser Tür, halbnackt ihr kleiner Leib. Oh, er konnte es nicht mehr abwarten! Vorsicht!
    Vorsicht! Er versuchte, auf die Stimme der Vernunft zu hören, die ihn immer wieder zur Vorsicht mahnte, aber es war so schwer…
    »John Kragopoulos.« Dieser verdammte Kerl bestand doch darauf, ihm die Hand zu geben. Umständlich versuchte er, die Handfläche an seinem Hosenbein abzutrocknen, ehe er die ausgestreckte Hand ergriff, die er nicht übersehen konnte.
    »Courtney Parrish«, erwiderte er mürrisch.
    Er bemerkte, wie einen kurzen Augenblick lang ein Ausdruck von Abscheu das Gesicht des anderen Mannes überzog, als sich ihre Hände berührten. Wahrscheinlich so ein verdammter Schwuler. Die Hälfte der Restaurants auf dieser Seite am Kap wurden von Schwulen betrieben. Jetzt wollten sie auch dieses Haus noch. Na schön. Wenn dieser Tag vorüber war, brauchte er es nicht mehr.
    Plötzlich durchfuhr ihn der Gedanke, daß es niemandem verdächtig erscheinen

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