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Winterträume

Winterträume

Titel: Winterträume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Scott Fitzgerald
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Prince of Wales. Bis zum Morgen bist du in Sicherheit.«
    Er sah verwirrt zu ihr hoch. Hastig bezahlte sie die Rechnung, ergriff ihn am Arm und bugsierte ihn so unauffällig wie möglich zu dem anderen Tisch, wo sie ihn mit wenigen Worten vorstellte. Der Prinz begrüßte ihn mit Handschlag, die Begleiter nickten mit schlecht verhohlenem Missvergnügen.
    »Wir fahren jetzt besser«, sagte Este, der ungeduldig auf die Uhr sah.
    Kaum waren sie aufgestanden, entfuhr allen Beteiligten ein Ausruf des Erstaunens: Zwei Polizisten und ein rothaariger Detektiv in Zivilkleidung waren zum Haupteingang hereingekommen.
    »Nichts wie weg«, flüsterte Este mit einem Blick zum Seiteneingang. »Hier gibt es gleich einen Tumult.« Er fluchte – zwei weitere Uniformierte versperrten den Seiteneingang. Ratlos blieb die Gruppe stehen. Der Detektiv in Zivil verschaffte sich einen gründlichen Überblick über das Publikum an den Tischen.
    Este richtete einen misstrauischen Blick auf Rags und dann auf John, der hinter den Palmen zu verschwinden versuchte.
    »Ist das da drüben einer von euren Steuerfahndern?«, wollte Este wissen.
    »Nein«, flüsterte Rags. »Das sieht nach Ärger aus. Können wir hier nicht raus?«
    Sichtlich verärgert setzte der Prinz sich wieder.
    »Ihr sagt mir Bescheid, wenn ihr so weit seid.« Er lächelte Rags an. »Wer hätte das gedacht, dass wir alle nur wegen Ihrer reizenden Erscheinung so viel Ärger bekommen?«
    Plötzlich ging das Licht an. Der Detektiv drehte sich auf dem Absatz herum und sprang mitten auf die Tanzfläche.
    »Niemand verlässt den Raum!«, rief er laut. »Sie da hinter den Palmen, setzen Sie sich. Ist Mr. John Chestnut unter den Anwesenden?«
    Rags stieß unwillkürlich einen leisen Schrei aus.
    »Hier!«, rief der Detektiv dem Polizisten hinter ihm zu. »Sehen Sie sich das sonderbare Trüppchen da drüben genauer an. Hände hoch, meine Herren!«
    »Großer Gott!«, flüsterte Este. »Wir müssen hier weg!« Er wandte sich an den Prinzen. »Ted, das kommt nicht in Frage. Man darf Sie hier nicht sehen. Ich halte sie auf, während Sie zum Wagen runtergehen.«
    Er tat einen Schritt auf den Seiteneingang zu.
    »Hände hoch, Sie da drüben!«, rief der Detektiv. »Ich sage es nicht zweimal! Wer von Ihnen ist Chestnut?«
    »Sind Sie verrückt geworden?«, schrie Este. »Wir sind britische Staatsbürger. Wir haben mit dieser Sache nicht das Geringste zu tun!«
    Eine Frau schrie auf, und alle stürmten zu den Aufzügen, bis die Mündungen von zwei Maschinenpistolen ihnen Einhalt geboten. Neben Rags brach ein Mädchen ohnmächtig zusammen, und im selben Augenblick setzte die Musik von dem anderen Dach wieder ein.
    »Schluss mit der Musik!«, bellte der Detektiv. »Verpasst den Herrschaften eine Runde Handschellen, und zwar dalli!«
    Zwei Polizisten traten auf sie zu, Este und die anderen Begleiter des Prinzen zogen ihre Revolver und wichen zur Seite aus, den Prinzen in ihrer Mitte, so gut es ging. Ein Schuss krachte, dann ein zweiter, gefolgt vom Klirren und Scheppern von Silber und Porzellan, als mehrere Gäste ihre Tische umwarfen und dahinter flugs in Deckung gingen.
    Panik brach aus. Drei Schüsse schnell nacheinander, dann eine ganze Salve. Rags sah, wie Este ungerührt auf die acht bernsteinfarbenen Lichter über ihren Köpfen schoss und grauer Rauch sich auszubreiten begann. Das unablässige Lärmen der unsichtbaren Jazzkapelle unterlegte das Geschrei und Getöse mit einem eigenartigen Klangteppich.
    Und innerhalb von Sekunden war alles vorbei. Grelle Pfiffe schrillten über das Dach, und durch den Rauch sah Rags, wie John Chestnut mit ausgestreckten Händen auf den Detektiv zuging, um sich zu ergeben. Ein letzter nervöser Schrei, markerschütterndes Klirren, als jemand aus Versehen einen Stapel Teller umwarf, und dann bleierne Stille in dem Dachgarten – sogar die Kapelle schien verstummt zu sein.
    »Aus, vorbei, Ende!«, ertönte John Chestnuts Stimme laut in der Nachtluft. »Die Party ist vorbei. Wer nach Hause will, kann gehen!«
    Noch immer herrschte Stille; Rags wusste, dass es die Stille des Entsetzens war; Schuldgefühle hatten John Chestnut in den Wahnsinn getrieben.
    »Es war eine großartige Leistung«, rief er, »und ich möchte Ihnen allen und jedem Einzelnen danken. Falls Sie noch einen Tisch finden, der alles unbeschadet überstanden hat, gibt es Champagner, solange Sie bleiben wollen.«
    Rags kam es vor, als drehten sich der Dachgarten und die Sterne hoch oben auf einmal

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