Winterträume
sein Wohlgefallen an der Party zu erkennen, indem es verzückt den Kopf rollte und freudig die Hufe schüttelte.
»Es ist das erste Mal, dass ich ein Tête-à-Tête mit dem Hinterteil eines Kamels habe« – sie deutete auf die Hinterbeine –, »oder wie auch immer man es nennt.«
»Oh«, flüsterte Perry, »er ist taubstumm.«
»Fühlst du dich nicht ziemlich eingeschränkt? Du kannst ja nicht herumlaufen, selbst wenn du es wolltest.«
Das Kamel ließ traurig den Kopf hängen.
»Sag doch etwas«, fuhr Betty aufmunternd fort. »Sag, dass du mich magst, Kamel. Sag, dass du mich schön findest. Sag, dass du gerne einer wunderschönen Schlangenbeschwörerin gehören würdest.«
Das wollte das Kamel.
»Willst du mit mir tanzen, Kamel?«
Das Kamel wollte es versuchen.
Betty widmete sich eine halbe Stunde lang dem Kamel. Sie widmete allen männlichen Gästen der Stadt mindestens eine halbe Stunde. In der Regel genügte das. Wenn sie sich einem Neuling näherte, stoben die Debütantinnen des Jahres nach rechts und links auseinander wie eine Kolonne Soldaten, die vor Maschinengewehrfeuer die Flucht ergreift. Und so wurde Perry Parkhurst das seltene Privileg zuteil, seine Geliebte so zu sehen, wie sie sich anderen präsentierte. Sie flirtete mit ihm, was das Zeug hielt.
IV
Dieses brüchig begründete Paradies wurde durch Geräusche unterbrochen, die bekundeten, dass man in den Ballsaal zurückkehrte; der Kotillon stand bevor. Betty und das Kamel gesellten sich zu den anderen, wobei Bettys braune Hand auf der Schulter des Kamels geradezu herausfordernd signalisierte, dass sie sich ganz und gar seiner angenommen hatte.
Als sie den Saal erreichten, nahmen die Paare bereits an den Tischen vor den Wänden Platz, und Mrs. Townsend, im prachtvollen Kostüm einer Kunstreiterin mit vielleicht etwas zu üppigen Waden, stand mit dem zum Tanzmeister ernannten Zirkusdirektor in der Mitte des Raums. Auf ein Zeichen begann die Kapelle zu spielen, und alle Paare standen auf und tanzten.
»Ist das nicht famos!«, seufzte Betty. »Meinst du, du könntest vielleicht tanzen?«
Perry nickte enthusiastisch. Er fühlte sich plötzlich voller Tatendrang. Schließlich war er inkognito hier und sprach mit seiner Liebsten, da konnte er die übrige Welt mit gönnerhafter Miene ignorieren.
Und so kam es, dass Perry den Kotillon tanzte. Wenn ich »tanzen« sage, wage ich mich mit diesem Wort weit über die verwegensten Träume der kühnsten Jünger Terpsichores hinaus. Er ließ zu, dass seine Partnerin ihre Hände auf seine wehrlosen Schultern legte und ihn auf dem Parkett hin und her manövrierte, während er seinen großen Kopf fügsam über ihre Schulter hängen ließ und mit den Füßen sinnlose tappende Bewegungen machte. Seine Hinterbeine tanzten nach ganz eigener Fasson, hauptsächlich indem sie abwechselnd mit dem einen und dem anderen Fuß hopsten. Da sie nie sicher sein konnten, ob getanzt wurde oder nicht, vollführten die Hinterbeine sicherheitshalber jedes Mal, wenn Musik erklang, eine Reihe von Sprüngen. So kam es wiederholt zu dem Schauspiel, dass das Vorderteil des Kamels ruhig dastand, während das Hinterteil in heftiger Bewegung begriffen war, die bei jedem weichherzigen Zuschauer einen Schweißausbruch des Mitgefühls auslösen musste.
Das Kamel wurde von vielen Damen favorisiert. Zuerst tanzte es mit einer großgewachsenen Dame, die mit Stroh bedeckt war, ihm frohgemut erklärte, sie sei ein Strohballen, und das Kamel kokett bat, sie nicht zu fressen.
»Das würde ich zu gern tun; Sie sind so süß«, sagte das Kamel ritterlich.
Jedes Mal wenn der Zirkusdirektor die Herren aufforderte, eine Dame zu wählen, torkelte das Kamel um die Wette mit dem Wienerwürstchen aus Pappmaché oder dem Foto der bärtigen Dame oder mit wem auch immer auf Betty zu. Manchmal erreichte es sie zuerst, aber meistens waren seine Mühen vergebens und führten zu erbitterten internen Streitigkeiten.
»Zum Kuckuck!«, stieß Perry zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, »Sie lahme Ente! Diesmal hätte ich sie bekommen, wenn Sie rechtzeitig Ihre Füße in Bewegung gesetzt hätten!«
»Dann geben Sie mir rechtzeitig Bescheid!«
»Habe ich doch, zum Kuckuck!«
»Hier drinnen ist es stockfinster.«
»Sie müssen mir bloß folgen. Mit Ihnen kommt man sich vor wie mit einem Sandsack im Schlepptau.«
»Wollen Sie vielleicht mit mir tauschen?«
»Seien Sie still! Wenn Sie hier entdeckt werden, bekommen Sie die größte Tracht
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