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Winterträume

Winterträume

Titel: Winterträume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Scott Fitzgerald
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und Junie Morton da – der und der Rotschopf neben ihm, die waren beide Hockeykapitäne in Yale; Junie war in meiner Klasse. Tja, aus unsrer Gegend kommen halt die besten Sportler der Welt. Du kannst mir glauben, das hier ist ein Land für Männer. Brauchst dir doch bloß John J. Fishburn anzusehen!«
    »Welcher ist denn das?«, fragte Sally Carol ahnungslos.
    »Wie – den kennst du nicht?«
    »Bloß dem Namen nach.«
    »Der größte Weizenhändler im ganzen Nordwesten, und einer der größten Finanzmagnaten des Landes.«
    Dann hörte sie zu ihrer Rechten eine Stimme und drehte sich rasch um.
    »Wie’s aussieht, hat man vergessen, uns miteinander bekannt zu machen. Roger Patton mein Name.«
    »Angenehm, Sally Carol Happer«, sagte sie freundlich.
    »Ja, weiß ich. Harry hat mir gesagt, dass Sie kommen.«
    »Sind Sie ein Verwandter?«
    »Nein, ich bin Professor.«
    »Oh.« Sie lachte.
    »An der Universität. Sie sind aus dem Süden, nicht wahr?«
    »Ja; Tarleton, Georgia.«
    Sie mochte ihn sofort – ein rötlich brauner Schnurrbart unter wasserblauen Augen, die etwas an sich hatten, das den anderen hier fehlte, etwas wie Aufgeschlossenheit. Beim Essen wechselten sie hin und wieder ein paar Worte, und sie kam zu dem Schluss, dass sie ihn gerne öfter sehen würde.
    Nach dem Kaffee wurde sie zahlreichen gutaussehenden jungen Männern vorgestellt, die gewissenhaft und sehr präzise tanzten und für die es eine Selbstverständlichkeit war, dass Sally Carrol über weiter nichts als über Harry sprechen wollte.
    ›Du lieber Himmel‹, dachte sie, ›die reden ja hier alle so, als ob ich älter wär als sie, und bloß weil ich verlobt bin – als ob ich mich mit ihren Müttern über ihr Betragen unterhalten würde!‹
    Im Süden durfte man als verlobtes Mädchen und selbst noch als jungverheiratete Frau mit den gleichen fast schon zärtlichen Neckereien und Schmeicheleien rechnen wie eine Debütantin, hier aber schien so etwas vollkommen tabu zu sein. Ein junger Mann, der Sally Carrol anfangs mit einem wirklich netten Kompliment für ihre Augen gekommen war, die ihn angeblich faszinierten, seit er den Raum betreten hatte, war furchtbar verwirrt, als er erfuhr, dass sie bei den Bellamys zu Besuch war – als Harrys Verlobte. Er fürchtete offenbar, einen gefährlichen und unentschuldbaren Schnitzer gemacht zu haben, denn er wurde auf der Stelle förmlich und zog sich bei der erstbesten Gelegenheit zurück.
    Sie war richtig froh, als Roger Patton kam und sie fragte, ob sie sich nicht ein wenig mit ihm draußen hinsetzen wolle.
    »Na«, fragte er mit einem Augenzwinkern, »wie geht’s denn der Carmen aus dem Süden?«
    »Riesig gut. Und wie geht’s – wie geht’s dem Gefährlichen Dan McGrew ? Entschuldigung, aber das ist der einzige Nordstaatler, über den ich ein bisschen Bescheid weiß.«
    Das schien ihm zu gefallen.
    »Von mir als Literaturprofessor«, vertraute er ihr an, »würde natürlich niemand erwarten, dass ich die Ballade vom Gefährlichen Dan McGrew gelesen habe.«
    »Kommen Sie hier aus der Gegend?«
    »Nein, ich bin aus Philadelphia. Import aus Harvard, ich lehre Französisch. Aber ich bin schon seit zehn Jahren hier.«
    »Neun Jahre und dreihundertvierundsechzig Tage länger als ich.«
    »Und gefällt’s Ihnen hier?«
    »Hm-hm. Klar doch!«
    »Wirklich?«
    »Aber ja, warum denn nicht? Seh ich etwa so aus, als ob ich mich nicht wohl fühle?«
    »Ich sah Sie gerade aus dem Fenster schauen – und frösteln.«
    »Ach, das ist bloß meine Phantasie«, lachte Sally Carrol. »Ich bin’s gewohnt, dass draußen alles still ist, und manchmal schau ich raus und seh den Flockenwirbel, und das ist so, als ob was Totes da vorüberfliegt.«
    Er nickte verständnisvoll.
    »Schon mal im Norden gewesen?«
    »Hab zweimal den Juli in Asheville, North Carolina, verbracht.«
    »Lauter gutaussehende Leute hier, nicht wahr?«, sagte Patton und zeigte auf das wimmelnde Parkett.
    Sally Carrol zuckte zusammen. Genau das Gleiche hatte Harry gesagt.
    »Doch, doch natürlich! Lauter – Hunde.«
    »Wie bitte?«
    Sie wurde rot.
    »Entschuldigung; das hört sich schlimmer an, als es gemeint ist. Wissen Sie, ich unterteile die Menschen immer in solche, die eher katzenartig sind, und eher hundeartige, und zwar unabhängig vom Geschlecht.«
    »Und was sind Sie?«
    »Ich bin eine Katze. Sie übrigens auch. Und die meisten Männer im Süden und die meisten Mädchen hier im Saal.«
    »Und was ist Harry?«
    »Harry ist auf jeden Fall

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