Wintertraum und Weihnachtskuss: Eine Liebesgeschichte in 24 Kapiteln (German Edition)
erwartungsvoll. »Ich trage sie schon heute.«
»Wie? Was?«
»Die Kette, Matteo!«
Er rümpfte die Nase. »Komisches Ding«, sagte er und schlängelte sich zwischen den anderen durch, weil Irene am Fenster auf ihn wartete.
Plötzlich stand Thea neben mir. »Glaubst du mir nun? Matteo hat von nichts eine Ahnung.«
Ich war am Boden zerstört. Mein feiner Plan hatte nicht funktioniert – und nicht nur das! Thea hatte recht gehabt! Matteo war nie und nimmer mein Wichtel! Alle meine Hoffnungen und Wunschträume hatten sich in Nichts aufgelöst. Am liebsten wäre ich nach Hause gegangen, hätte mich ins Bett gelegt und die Decke über die Ohren gezogen, aber wenn Biene das erführe, würde sie sagen: »Holly, du bist feige. Du enttäuschst mich.«
Später musste ich dann auch noch zwei Stunden Sport überstehen, und als ich mich danach umkleidete, traf mich der zweite Schock des Tages: Die Kette fehlte! Ich wusste genau, dass ich sie in einen Socken versenkt und den in die Sporttasche gesteckt hatte, deren Reißverschluss ich sogar zumachte! Ich fahndete überall, wirklich überall nach ihr: in den Schuhen, dem Rucksack, den Manteltaschen, im Mäppchen … Ich rannte sogar in die Halle zurück, suchte am Barren, am Reck, hob die Matten auf. Sie war nicht zu finden. Sie war weg.
Noch nie war in meiner Klasse etwas geklaut worden – und nun das!
Da wir mit den Mädchen der Paraklasse Sport hatten, bekam auch Nell mit, dass etwas nicht stimmte. »Was ist, Holly? Ist dir nicht gut?«
»Mir geht’s katastrophal schlecht!«
»Du lieber Himmel! Kann ich dir helfen?«
»Ja. Kannst du. Lass mich in Ruhe.«
Nell war beleidigt.
Ich glaube, Dienstag, der 14. Dezember, war der schlimmste Tag meines Lebens. Wenn es einem echt mies geht, braucht man Trost. Biene würde mich nicht trösten, die würde sagen: »Selbst schuld, Holly. Du kennst doch die Geschichte von den Heinzelmännchen? Sie haben den Menschen der Stadt geholfen, sind nachts aus ihren Löchern gekommen und haben gewaschen, geputzt, gefegt, gekocht. Jeden Morgen war die ganze Stadt blitzblank und tipptopp. Eine, nur eine einzige Bedingung haben sie gestellt: Niemand durfte sie sehen. Leider konnte eine Frau ihre Neugierde nicht zügeln; sie lauerte den Männchen auf, und als die wussten, dass sie entdeckt worden waren, verschwanden sie auf Nimmerwiedersehen. Siehst du, Holly, so geht es, wenn man sich nicht gedulden kann. Nur noch 10 Tage musst du durchhalten, dann erfährst du den Namen deines Wichtels. Blöd, dass du dich heute blamiert hast, was?«
Nee, Biene würde mich nicht trösten. Aber vielleicht Otto? Ein Versuch war es wert.
Otto sah sofort, dass es mir echt mies ging. »Krach mit Nell?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Mit Biene? Mit einem Lehrer? Hast ’ne schlechte Note geschrieben?«
»Meine Wichtelkette wurde geklaut!«
»Sicher?«
»Ja.«
Er legte den Kopf schief. »Gib mir den Rucksack und die Sporttasche. Vier Augen sehen mehr als nur zwei.«
Er kam aus seinem Kiosk und holte alles heraus. In der Sporttasche war die Kette nicht. Aber aus meinem Schulrucksack zog er eine Socke – und darin war sie, die Kette!
»Das fass ich nicht. Ich weiß bestimmt, dass der Socken in der Sporttasche war«, stammelte ich – und dann fiel ich ihm um den Hals. »Mensch, Otto!«
Es war das erste Mal, dass ich ihm einen Kuss auf die Backe drückte. Er wischte die Spucke weg. »Wie wäre es mit ’ner Currywurst auf den Schreck?«
Als ich nach Hause kam, lag der Sperrmüll zwar noch immer am Straßenrand, aber jemand hatte die Schneedecke heruntergewischt, unsere Schachteln und Kisten durchwühlt und vieles einfach auf die Straße geschleudert. Es sah schlimm aus, aber ich dachte, die Männer würden vielleicht im Laufe des Nachmittags kommen und den Krempel abholen.
Oben in unserem Zimmer machte Nell Hausaufgaben. »Schau mal«, sagte ich und legte die Hand an die Kette. »Sie war verschwunden, aber sie ist wieder aufgetaucht!«
»Gut für dich. Wo war sie?«
»Otto hat sie im Schulrucksack entdeckt.«
»Otto? Du warst bei meinem Vater?«, erkundigte sie sich ungläubig.
Als ich ihr die Story berichtete, klingelte es Sturm. »Das kann nur Opa Cosimo sein«, sagte Nell – und er war es!
»Euer Müll liegt in meinem Vorgarten. Wie wäre es, wenn ihr ihn einsammeln und auf eure Seite tragen würdet?«
»Wir hatten ihn ordentlich aufgestapelt«, sagte ich.
»Ich weiß«, bestätigte er. »Aber jemand hat herumgewühlt und einiges mitgenommen.
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