Wintertraum und Weihnachtskuss: Eine Liebesgeschichte in 24 Kapiteln (German Edition)
aus.«
»Hm.« Biene rieb sich die Nase. »Warum kaufen die Pittis nicht einfach einen tiefgefrorenen Hasen und lassen Fluffy leben?«
Nell machte große Augen. »Gute Idee. Sagst du das den Pittis, Biene?«
Ich spitzte die Ohren. Bienes Antwort würde mir verraten, ob die Feindschaft zwischen ihr und den Pittis tatsächlich Schnee von gestern war.
»Ich?«, rief Biene. »Wie komme ich dazu? Von mir aus können sich unsere Nachbarn ein gebratenes Kamel mit eingelegten Heuschrecken schmecken lassen – mir ist ihr Festessen egal!«
Aha, dachte ich, als ich die aufschlussreiche Antwort meiner Mutter vernommen hatte. Zwischen ihr und den Pittis ist alles beim Alten.
Otto legte ihr die Hand auf den Arm. »Biene«, sagte er und schaute ihr tief in die Augen. »Du bist so ein lieber Mensch. Aber kannst du mir verraten, weshalb deine Liebe nicht auch die Pittis umfasst?«
Meine Mutter schnappte nach Luft. »Möchtest du, dass ich Sandro und Opa Cosimo küsse?«
»Das nun gerade nicht. Aber …«
Nell und ich standen gleichzeitig auf. Wir ließen die beiden das Thema allein ausdiskutieren und ich widmete mich der Ausarbeitung eines Planes zur Rettung des Hasen.
16. Dezember
E s regnete, als Nell und ich ins Bett gingen, aber am Morgen weckte uns Biene lange vor der üblichen Zeit. »Die Temperatur ist gefallen, alle Straßen und Wege sind vereist und spiegelglatt. Ich muss zu Fuß ins Geschäft und auch ihr müsst früher los als sonst.«
»Nur keine Hektik.« Ich fädelte die Froschaugen auf die Kette und zog ein ausgeschnittenes rotes T-Shirt an, das die Wichtelperlen schön präsentierte.
»Bist du verrückt, Holly?«, schrie Biene. »Du holst dir den Tod! Zieh dir sofort einen Pulli an!«
Sie machte ein solches Theater, dass ich schließlich klein beigab. Ich zog aber den Pulli nur drüber und wollte ihn in der Schule in den Rucksack stopfen. An diesem Tag schrieben wir eine Mathearbeit. Ich hatte nichts gelernt; zuerst hatte ich Otto geholfen, dann war mir Fluffy wichtiger gewesen als die blöden Aufgaben. Mit einem ziemlich mulmigen Gefühl im Bauch ging ich mit Nell aus dem Haus, tröstete mich aber damit, dass ich wie immer von Thea abschreiben könne.
Die Stufen vorm Haus waren mit einer Eisschicht überzogen. »Ich frage mich, ob Opa Cosimo den Weg zum Briefkasten erst mit Salz bestreute, bevor er die Zeitung aus dem Kasten nahm. Heute …«
»Pass auf, Holly!«, schrie Nell – aber ich saß schon auf dem Po. »Verdammt!«
Die Straße war eine einzige Rutschbahn. »Wir hätten die Schlittschuhe anziehen sollen«, sagte Nell und hielt sich an mir fest. Lachend und kichernd, hangelten wir uns an den Gartenzäunen entlang. Als wir kurz vor der Ecke angekommen waren, an der Ben und Matteo normalerweise auf uns warteten, passte Nell nicht auf und landete auch auf dem Po.
»Nell!«, schrie Ben und rettete sie. »Hast du dir wehgetan?«
Matteo und ich lachten. Es sah so witzig aus, wie Ben aus der Dunkelheit schoss!
Nell war nichts passiert. »Wenn’s euch hinschlägt, lache ich auch«, sagte sie nur und hielt sich an Ben fest.
Zuerst gingen Matteo und ich nebeneinander her. Nach meinem Sturz machte mir das Glatteis nicht mehr viel aus, aber ich nutzte die Gunst der Stunde: Absichtlich schlitterte und rutschte ich, bis Matteo nach meiner Hand fasste. Zu wissen, dass mich mein Feind im Fall eines Sturzes halten würde, war ein tolles Gefühl. Noch besser fühlte ich mich, als wir Hand in Hand auf Irene zurutschten. »Ich fass es nicht!«, stieß sie wütend hervor. »Ich quäle mich unter Lebensgefahr zur Schule, während du dich um Holly kümmerst. Musste das sein?«
»Es handelte sich um einen Akt der Nächstenliebe«, erklärte ich mit süßer Stimme. »Außerdem, falls du es nicht wissen solltest, ist Matteo mein Nachbar.«
Natürlich zischte sie: »Blöde Zicke!«
Das hätte ich an ihrer Stelle auch gesagt.
An diesem Morgen kamen Pauli und viele andere zu spät zur Schule. Ein Bus war in den Graben gerutscht, und die, die sonst von ihren Vätern oder Müttern gefahren wurden, gingen zu Fuß. Das Gute war, dass auch die meisten Lehrer mit Verspätung eintrafen. Herr Voss, unser Englischlehrer, bei dem wir die erste Stunde hatten, meinte, wenn man gewusst hätte, wie glatt heute die Straßen wären, hätten wir schulfrei bekommen. »Das Wetter spielt verrückt«, sagte er und nahm es zum Anlass, uns nach den Weihnachtswörtern Wörter und Wendungen übers Wetter beizubringen. »It’s
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