Wintertraum und Weihnachtskuss: Eine Liebesgeschichte in 24 Kapiteln (German Edition)
keine Zeit für mich. Das ist ungerecht.«
»Kann ich was dafür, dass ich helfen muss? Überhaupt ist Wichteln eine freiwillige Tätigkeit, Pauli!« Ich war wirklich ungeduldig – mehr noch: Eigentlich war ich unglücklich. Es ist furchtbar, einen Verdacht zu hegen und sich nicht sicher zu sein. Besonders wenn es sich nicht um eine schöne, sondern um eine schlimme Sache handeln könnte.
Wie immer, wenn es für Pauli nicht so lief, wie er es sich wünschte, zog er beleidigt ab.
In der Außentasche meines Schulrucksacks entdeckte ich das zweite Wichtelpäckchen des Tages. Das Geschenkpapier, das Goldband und zwei Orangen zum Auffädeln deuteten darauf hin, dass es vom »richtigen« Wichtel kam.
Nach dem Unterricht rannte ich sofort in Pittis Obst- und Gemüsehandlung. »Kann ich mit Matteo sprechen?«
Antonella wog gerade eine große Sellerieknolle ab, teilte der Kundin den Preis mit und deutete mit dem Daumen nach hinten. »Er ist im Lager.«
Ich sauste nach hinten. »Matteo?! Ich muss unbedingt mit dir reden!«
Er schichtete leere Kisten aufeinander. »Schieß los, Holly!«
Wir setzten uns auf zwei umgedrehte Kisten, ich öffnete den Mund – und kapierte in diesem Augenblick, wie vorschnell ich handelte und dass ich mich möglicherweise bis in alle Ewigkeit blamieren würde. Aber Biene hatte mich dazu erzogen, nicht zu kneifen. Biene hasste Feiglinge. Also war ich nicht feige und kniff auch nicht.
»Matteo«, ich schaute ihm tief in die Augen. »Matteo, vielleicht blamiere ich mich. Vielleicht findest du das, was ich dir jetzt sage, peinlich.« Ich holte Luft. »Aber das ist mir egal.«
»Schieß los«, wiederholte er.
Ich berichtete ihm Paulis Jägergeschichte und erinnerte ihn daran, dass Pauli beim Christbaumkauf eine Säge dabeihatte. Bis dahin war alles einfach gewesen. Aber nun kam der schwierige Teil. »Zuerst verschwand der Heilige, dann wurde euer Gestell angesägt.«
»Was hat das mit Pauli zu tun?«
»Pauli wird sofort sauer, wenn etwas nicht so läuft, wie er sich das denkt.«
»Ich kapier immer noch nicht …«
»Pauli hat mir heute gewichtelt!«
»Nee!«
»Er ist mein zweiter Wichtel. Er will den ersten ausstechen, verstehst du?«
»Ehrlich gesagt verstehe ich das nicht.«
Ich rollte mit den Augen. »Pauli ist eifersüchtig.«
»Klar. Das sieht ein Blinder.«
Ich achtete nicht auf Matteos Kommentar. »Er ist in mich verliebt, aber er fürchtet, es gebe einen Konkurrenten.«
»Wirklich? Noch einer? Wer ist das?«
»Kapierst du denn gar nichts?«, schrie ich. »Zuerst dachte Pauli, du wärst mein Feind! Aber jetzt … jetzt … jetzt…«
» … dämmert’s mir. Pauli denkt, wir beide könnten zusammen sein, ja?«
Ich nickte. Ich hatte den peinlichen Teil überstanden.
Denkste. »Und, Holly? Sind wir zusammen?«, fragte Matteo. Seine Stimme klang wieder mal ziemlich komisch.
»Warum fragst du das? Du bist mit Irene zusammen.«
»Falsch. Sie will mit mir zusammen sein.«
»Willst du das nicht auch?«
»Ehrlich gesagt … Ich will das nicht. Nein.«
»Was willst du dann?«
»Ich dachte, die, mit der ich zusammen sein will, sei meine Feindin. Es gibt da so ’ne alte doofe Geschichte …« Er zupfte ein abgesplittertes Stückchen Holz von der Kiste.
Ich wartete, aber als er nichts mehr sagte, half ich ihm. »Denkst du an Romeo und Julia?«
Er nickte.
»An die Geschichte denke ich auch«, flüsterte ich. »Aber die ging so traurig aus. Mit Mord und Totschlag. Ganz ohne Happy End.«
»Ich wünsche mir ein Happy End.«
»Siehst du, genau deshalb bin ich gekommen, obwohl ich wusste, dass ich mich blamieren könnte.«
»Bedeutet das …? Holly!«
»Warte mal«, warnte ich hastig. »Wir müssen erst die Sache mit Pauli auf die Reihe bekommen.«
»Muss das sein?«
»Es geht um das Gestell und den heiligen Nikolaus«, sagte ich entschieden. »Ich denke es mir so: Pauli will dir schaden. Zuerst klaute er den Heiligen. Das war leicht, denn die Figur stand direkt über der Tür. Jeder, der nicht gerade ein Zwerg ist, hätte ihn herunterholen können. Pauli ist ziemlich groß, wie du weißt.«
Matteo nickte.
»Zweitens: Pauli sieht uns Hand in Hand. Er wird sauer, und weil er fürchtet, ich könnte mich in dich verliebt haben, denkt er sich den zweiten Streich aus. Er erinnert sich an den zusammengekrachten Hochsitz und sägt das Gestell an.«
»Holly, dafür gibt es keine Beweise.«
»Es gibt NOCH keine Beweise. Wir müssen dafür sorgen, dass wir welche
Weitere Kostenlose Bücher