Wintertraum und Weihnachtskuss: Eine Liebesgeschichte in 24 Kapiteln (German Edition)
unten und überquerte die Straße. Bei Grün.
Mutig näherte ich mich dem Obst- und Gemüseladen der Pittis. Während ich tief Luft holte, sah ich, dass an diesem Tag die Obst- und Gemüsekisten nicht auf dem hölzernen Gestell, sondern direkt auf dem Gehweg standen. Ich öffnete die Tür, lauschte kurz der Glocke, die über meinem Kopf bimmelte, und schritt die Regale ab.
»Hallo Holly!« Der Gipfel der Blödheit ist, »Hallo Holly« zu sagen. Doch in diesem Augenblick ärgerte ich mich nicht über die blöde Person, die »Hallo Holly!« gesagt hatte. Die Person war männlich, ging in die 8b und hatte mich am Morgen mit fester Hand vorm Fallen bewahrt.
»Hi Matteo! Was machst du denn hier?«
»Vor Weihnachten helfe ich aus«, sagte er knapp. »Heute Morgen ist was Komisches passiert«, platzte er heraus. »Jemand hat das Gestell angesägt, und als meine Mutter die Kisten draufstellen wollte, krachte es zusammen. Wer tut denn so was!«
Seine Mutter kam ums Regal herum. »Hallo Holly! Haben dir die guten Orangen geschmeckt? Und weißt du schon das Neueste? Zuerst wurde uns der Heilige geklaut und jetzt hat jemand das Gestell beschädigt. Ein Unglück nach dem anderen!«
»Das Gestell wurde angesägt«, sagte Matteo wütend. »Aber der Depp, der das getan hat, hat dabei seine Jacke zerrissen. Wir haben ein Fitzelchen Stoff gefunden.«
Angesägt? Das Wort erinnerte mich an eine Geschichte, die mir jemand erzählt hatte. Wer war das nur gewesen? Da mir der Name nicht gleich einfiel, kaufte ich eine Ananas.
»Das ist eine supersüße«, erklärte Antonella, Matteos Mutter. »Schön, dass du den Weg zu uns gefunden hast. Komm bald mal wieder, ja?«
17. Dezember
D er Besuch in Pittis Obst- und Gemüsegeschäft hatte mir zu denken gegeben.
»Haben dir die guten Orangen geschmeckt?«, hatte Antonella, Matteos Mutter, gesagt. Der Satz war mir nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Wer hatte Orangen besorgt und eine davon mit Stecknadeln gespickt?
Später war mir eingefallen, bei welchem Anlass ich das Wort »angesägt« gehört hatte: Pauli hatte mir die Geschichte des Jägers berichtet, der mitsamt dem morschen Hochsitz zu Boden gerauscht war. Pauli hatte beim Christbaumkauf eine Säge dabeigehabt, und nun hatte jemand Pittis Gestell so angesägt, dass es zusammengebrochen war. Ein Fitzelchen Stoff war zurückgeblieben. Aus welcher Jacke stammte das? Etwa aus Paulis Jacke?
Pauli war so verdammt eifersüchtig auf Matteo …
Ben und Matteo warteten an der Ecke auf uns, und obwohl die Straßen nicht mehr gefährlich glatt waren, fasste Matteo gleich nach meiner Hand. »Es war cool, dass du gestern die Ananas bei uns gekauft hast«, sagte er leise. »Meine Ma hat sich sehr darüber gefreut.«
»Echt? Matteo, ich muss mit dir reden.« Da ich jemanden an der Ecke stehen sah und dachte, es sei Pauli, wollte ich meine Hand aus Matteos Hand ziehen. Es ging nicht. »Matteo, lass mich los!«
»Warum denn?«, entgegnete er harmlos.
Es war Pauli, allerdings trug er an diesem kalten Tag seinen alten jägergrünen Parka. Die Ärmel waren viel zu kurz und der Reißverschluss schien auch nicht mehr in Ordnung zu sein. »Da drüben wartet Pauli auf mich!«
»Gestern hast du meine Hand nicht losgelassen, obwohl Irene auf mich wartete. Sie hat mir die Hölle heißgemacht, Holly!«
»Und nun willst du, dass Pauli mir die Hölle heißmacht, was?«
»Na klar!«
»Matteo, das könnte gefährlich werden!«
Matteo grinste nur.
Pauli tat sehr geheimnisvoll, erkundigte sich nach meinem Wichtel und lachte immer wieder. Ich fand ihn ziemlich blöd.
Den Grund seiner Lachnummer ahnte ich nach der großen Pause, denn als ich wieder zu meinem Platz ging, lag auf dem Tisch ein Päckchen. Es war in ein schreckliches Geschenkpapier gewickelt – grün mit bunten Kugeln! Das Zettelchen war mit Tesafilm angeklebt: »Für Holly von einem Wichtel.«
Pauli stand direkt neben mir. »Holly! Freust du dich?«
»Hast du mir das gewichtelt?«
Zuerst nickte er, dann sagte er: »Es ist unser Geheimnis, Holly!«
O Mann! Mein richtiger Wichtel ging geschickter vor: Die Froschaugen! Die Perlen in der Orange! Überhaupt hatte Pauli mir nur zwei stinknormale Hustenbonbons gewichtelt.
»Treffen wir uns heute auf der Eisbahn?«, fragte er hoffnungsvoll.
»Ich muss Otto helfen.«
»Familienarbeit?«, erkundigte sich Pauli.
»Ein Weihnachtsgeheimnis«, erklärte ich ungeduldig. »Das weißt du doch!«
»Holly! Ich bin dein Wichtel und trotzdem hast du
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