Winterwelt (Sommer-Sonderpreis bis zum 06.08.2012!) (Winterwelt Trilogie) (German Edition)
auch jetzt noch immer unkontrolliert wie ein Wasserfall hervor strömten.
„Es war nur ein Traum“, flüsterte Keylam wieder und drückte ihren Kopf ganz fest an seine Brust.
Doch Arrow konnte sich nicht beruhigen. Was sie da gerade erlebt hatte, war das Schlimmste überhaupt. Sie liebte ihren Vater mehr als alles Andere auf der Welt. Er war ihre Sonne, ihr Universum, ihr ein und alles und nun sagten ihr die Stimmen, dass er tot war – durch ihr Verschulden.
Das war fernab jeder Realität. Es war absurd und völlig ausgeschlossen!
Aber war es das wirklich? Seit Jahren gab es keine Spur von ihm und auch ihre letzte Begegnung vor wenigen Tagen war wenig aussagekräftig. Er würde doch nach ihr suchen, wenn er noch lebte, oder etwa nicht? Hatte er vielleicht etwas anderes gefunden, dass ihm mehr Freude bereitete, als seine eigene Tochter, die oft monatelang auf seine Rückkehr gewartet und ihn dann vor Glück übersprudelnd und mit stolzen, leuchtenden Augen empfangen hatte? Oder hatte er vielleicht auch sein Gedächtnis verloren und wusste gar nicht, wer er war oder dass es sie gab? Immerhin konnte sie sich noch immer nicht daran erinnern, was an jenem Tag geschehen war, als sie das Tor geöffnet hatte, denn sie wurde bewusstlos geschlagen und vielleicht hatte ihn das gleiche Schicksal ereilt. Aber vielleicht ... vielleicht hatte sie damals auch etwas Schlimmes ausgelöst, obwohl sie nicht die geringste Ahnung hatte, und vielleicht hatte diese Tat auch seinen Tod gefordert, so dass es doch ihre Schuld war...
Arrow erzitterte bei dem Gedanken daran. Keylam strich ihr immer und immer wieder tröstend über den Kopf. Doch Arrow nahm es überhaupt nicht wahr. In ihrem Kopf hörte sie tausende Stimmen und alle redeten durcheinander. Sie stellten tausende Fragen, doch keiner gab eine Antwort. Und mit dem Gefühl, dass sie Antworten liefern müsste, murmelte sie immer wieder unter ständigem Schluchzen: „Ich weiß es nicht. Ich weiß es nicht.“
Nach einer Weile, als Arrow ruhiger wurde, nahm Keylam ihren Kopf in seine Hände und schaute in ihre geschwollenen Augen. Noch immer war ihr Gesicht von Tränen überströmt und die Haut ganz rot vom Salz.
„Es war so furchtbar“, flüsterte sie.
Keylam nickte verständnisvoll. „Ich weiß. Ich habe alles mitbekommen.“
„Was hast du mitbekommen?“, fragte Arrow mit einem Anflug von Panik in der Stimme.
„Du hast die ganze Zeit geschrien, dass du deinen Vater nicht umgebracht hast“, antwortete er.
„Habe ich das?“, fragte sie aufgelöst.
Keylam nickte.
„Und habe ich noch etwas gesagt?“, fragte sie ängstlich.
„Nein. Aber du hast es ständig wiederholt. Es hat lange gedauert, bis ich dich wecken konnte.“
Offenbar hatte sie das Tor nicht erwähnt und das war auch gut so. Bon hatte sie ermahnt, niemandem davon zu erzählen. Es war eine Last, nicht darüber reden zu können, und auch wenn sie es nicht tat, so war der Gedanke doch immer da. Wie ein Schatten, in dem ein schauriger Finsterling wohnt, verfolgte er sie. Natürlich vertraute sie Keylam und Anne sowieso. Trotzdem wurde Arrow das Gefühl nicht los, dass es sie bei der Suche nach Antworten behindern würde, sollte sie das Geheimnis preisgeben. Und das konnte sie nicht riskieren. Es stand einfach zu viel auf dem Spiel, oder mehr noch – es stand einfach alles auf dem Spiel!
„Ich muss ihn finden“, hauchte sie Keylam zu, während erneut Tränen über ihre Wangen liefen.
„Ich weiß“, sagte Keylam.
„So schnell wie möglich. Ich werde gleich morgen aufbrechen. Er muss leben. Ohne ihn bin ich verloren.“
Mit einem Nicken nahm Keylam sie wieder in seine Arme und strich ihr über den Kopf.
In diesem Moment wurde Arrow bewusst, dass sie unter der Last, die ihr auferlegt, und unter dem Geheimnis, das sie wahren musste, wohl bald zusammenbrechen würde.
Die Reise beginnt
Mit dem ersten Sonnenstrahl verließ Arrow das Bett, um alles für die Reise vorzubereiten.
Keylam hatte vergeblich versucht, sie wieder zum Einschlafen zu bringen. Doch immerhin hatte sein Trost geholfen, sie zu beruhigen.
Sie packte Salben ein und legte sich neues Verbandszeug an. Als sie die Treppen zur Eingangshalle herunter kam, wurde sie schon von den anderen erwartet.
Als sie Anne und Sally sah, die sie mit besorgten Blicken empfingen, wurde Arrow Angst und Bange, denn die beiden Frauen waren vollkommen in Schwarz gekleidet – die Farbe der Trauer.
„Oh mein Gott“, stieß Arrow aus. „Was
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