Winterwelt (Sommer-Sonderpreis bis zum 06.08.2012!) (Winterwelt Trilogie) (German Edition)
verabredet, war es ihr furchtbar unangenehm. Während Sam sogar sehr erfreut über ihren Besuch war, entschuldigte Arrow sich ununterbrochen bei ihm.
Dankend nahm sie die bestellten Sachen entgegen und verschwand genauso schnell, wie sie gekommen war.
Ihr Weg führte sie in das direkt angrenzende Wäldchen. Nach einem kurzen Spaziergang gelangte sie zu einem kleinen See, der völlig zugefroren und eingeschneit in die Nacht hinein schlummerte.
Arrow betrat den See. Als sie in seiner Mitte stehen blieb, schaute sie beunruhigt nach allen Seiten, um sich zu vergewissern, dass ihr auch niemand gefolgt war. Seltsamerweise hatte die Angst, gesehen zu werden, nie nachgelassen, obwohl ihre Besuche am See schon so oft ohne Zwischenfälle verlaufen waren.
Als Arrow sicher war, allein zu sein, schob sie auf einer Stelle den Schnee beiseite, bis die dicke Eisschicht darunter zu erkennen war. Anschließend schwenkte sie die Fackel einige Male über dem Boden hin und her.
Danach schaute sie wartend zum Himmel hinauf und betrachtete die Sterne. Schön waren sie anzusehen und so magisch. Nacht für Nacht schauten sie zur Erde hinab. Welche Geheimnisse sie wohl für sich behielten? Vielleicht ja sogar das Geheimnis ihrer Vergangenheit?
Großmutter Rose hatte Arrow viel über ihre Kindheit erzählt, doch für sie waren es nur leere Geschichten. Nichts von alledem kam ihr vertraut vor oder weckte gar irgendein Erinnerungsgefühl. Sie erzeugten nur endlose Gedanken, die ins Nirgendwo führten.
Plötzlich bebte der Boden. Dann folgte Stille.
Geduldig blickte Arrow zum Ufer des Sees. Auf einmal erzitterte die Erde erneut, woraufhin wiederum Stille folgte.
Mit der nächsten Erschütterung explodierte die Eisschicht in Ufernähe. Unzählige Eisstücke wurden durch die Luft geschleudert, dicke Schollen schlitterten in alle Richtungen.
Arrow sprang zur Seite, um nicht von einem Eisbrocken zu Fall gebracht zu werden. Als sich das Gepolter beruhigt hatte, kletterte eine gewaltige dunkle Kreatur aus dem Loch des Sees, die sich die Wassertropfen aus dem eigenwilligen Fell schüttelte. Die wenigen Tropfen, die darin hängen blieben, gefroren dort schon nach wenigen Sekunden.
Etwas benommen schaute sich das Wesen um.
„Ich bin hier hinten, Stone!“, rief Arrow ihm zu.
Als das struppige Wesen sie erblickte, trabte es gemütlich zu ihr hinüber.
In der Dunkelheit hätte man meinen können, dass es sich bei dieser Kreatur um ein überaus großes, heruntergekommenes Pferd handelte. Seine Silhouette und Bewegungen wirkten exakt wie die eines Ackergauls. Doch was auf den ersten Blick so harmlos aussah, brachte im Schein der Fackel etwas ganz Anderes zum Vorschein, denn Stone war ein Kelpie.
Selbst Arrow konnte nicht behaupten, dass es sich bei Stone um ein eigenwillig schönes Wesen handelte. Sein Aussehen könnte man vielmehr als eine Laune der Natur bezeichnen mit den leuchtend grünen Augen und den zwei Reihen messerscharfer Zähne, die selbst einen Wolf vor Neid erblassen lassen würden. Auch hatte er eine ziemlich zottelige Erscheinung und aus seinem stinkenden Maul quoll unentwegt zähflüssiger Schaum.
Zur Begrüßung beschnupperte Stone Arrows Gesicht und sabberte dabei ihren ganzen Schal voll. Ein Ritual, das Arrow nicht wirklich als angenehm empfand, doch er war nun mal, was er war, und traurigerweise hatte die Erfahrung gezeigt, dass Stone gewiss sein musste, wen er vor sich hatte.
Arrow streifte einen Handschuh ab und tätschelte dem Kelpie den Kopf. Er liebte das und wie sein Aussehen vermuten ließ, gab es niemanden sonst, der den Mut aufgebracht hätte, sich einem Kelpie auf diese Art und Weise zu nähern.
Arrow breitete die in einem Tuch eingewickelten Gedärme vor Stone aus, der sich sogleich über die Reste hermachte. Zwar war es keine besonders gute Mahlzeit und genauso wenig war sie sonderlich groß, doch trotz alledem war es eine Mahlzeit und mehr als willkommen in dieser trostlosen Winterwelt.
Der ewige Schnee machte es ohnehin unmöglich, im Wohlstand zu leben. Überall war ständig alles knapp. Man konnte zwar über die Runden kommen, musste dabei jedoch äußerst sparsam vorgehen. Verlor man die Kontrolle, so hatte man das bitter zu bezahlen. Eine Erfahrung, die vor allem Stone vor einigen Monaten machen musste. In einer Zeit, als es für Raubtiere immer schwieriger wurde, zu jagen, entlief einem Bewohner des Bergdorfes ein junges Lamm. Leider hatte es das Pech, Stone über den Weg gelaufen zu sein, der schon
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