Winterwelt (Sommer-Sonderpreis bis zum 06.08.2012!) (Winterwelt Trilogie) (German Edition)
ein Hahnenschrei. Die Musik verstummte, die Leute verschwanden, und als Arrow sich umsah, fand sie sich in ihrem eigenen dunklen Zimmer im Schloss wieder. Der Ball war vorbei.
Wie in Trance legte sie sich in ihr Bett, doch statt zu schlafen, konnte sie die ganze Zeit nur an die kleine Sonne denken, die sie mitten in der Nacht geblendet hatte.
Begegnung mit der Vergangenheit
Noch nie zuvor hatte Arrow an einem Morgen so viel Zeit vor dem Spiegel verbracht. Immer und immer wieder prüfte sie verlegen, ob sie frisch aussah und ihre Haare richtig lagen.
Die Temperaturen waren wieder gestiegen. So warm war es noch nie gewesen. Arrow hatte gar keine angemessene Kleidung für solch ein Wetter. Alles, was man normalerweise brauchte, war dick und hielt warm, wärmer, am wärmsten. Bei dem nun herrschenden Wetter hingegen würden solche Kleider einen Hitzschlag nach sich ziehen.
Als sie sich endlich überwinden konnte, ihr Zimmer zu verlassen, lief sie auch gleich Keylam über den Weg.
„Geht es dir wieder besser?“, fragte er lächelnd.
„Ging es mir denn schlecht?“, erwiderte Arrow charmant.
„Gestern Abend. Du bist nach dem Essen in deinem Zimmer verschwunden und nicht noch mal runter gekommen. Ich habe am Kamin auf dich gewartet.“
Arrow war verwirrt. Warum fragte er, wie es ihr ging? Er hatte sie doch gestern gesehen und mit ihr getanzt.
„Ähm ... Ich hatte mich hingelegt und ... und bin dann auch gleich eingeschlafen.“
„Ich war gerade dabei, die Wände in der Bibliothek zu säubern. Hättest du Lust, heute wieder mit dem Malen zu beginnen?“
„Äh ... Ja.“
Bevor Arrow Keylam Gesellschaft leistete, ging sie in die Küche und bereitete sich ein kleines Frühstück zu. Sally war glücklicherweise nirgendwo zu sehen und so konnte sie ungestört mit ihren Gedanken alleine sein.
Warum stellte Keylam so merkwürdige Fragen? Er war doch gestern mit ihr zusammen auf dem Ball gewesen. Er hatte sie doch erkannt und danach sich selbst zu erkennen gegeben. Und jetzt tat er so, als wäre das alles gar nicht geschehen? Wie konnte ihm das so gleichgültig sein? Und warum überhaupt war es ihr so wichtig? Warum drehte sich plötzlich alles nur noch um ihn? Früher hatte es sich nie um etwas anderes gedreht als um ihre Vergangenheit. Das alles war plötzlich so sehr in den Hintergrund gerückt. Aber warum nur?
Auf dem Weg in die Bibliothek kam Arrow durch den Speisesaal, wo sie magisch von Keylams Bild angezogen wurde. Da war sie doch – die Sonne. Und da war er – umgeben von all den Frauen – jede von ihnen eine von vielen.
„Geht es dir wieder besser?“, fragte Harold.
Arrow erschrak. Er sprach sie äußerst selten an, was sie im Grunde nicht störte. So richtig an ihn gewöhnt hatte sie sich nach den anfänglichen Schwierigkeiten noch nicht.
„Äh ... ja. Farbe ... Etwas Farbe war hier abgeplatzt. Ich wollte es schnell ausbessern.“ Nervös fuchtelte sie mit dem Pinsel herum.
Für einen Moment vertiefte Harold sich in das Bild. Er machte keine Anstalten, wieder zu gehen.
„Geht es dir denn auch gut?“, fragte Arrow besorgt.
Wie aus einem Traum erwacht, schaute er sie fragend an. „Ja ... oh ja. Es ist nur ... Dieses Bild weckt Erinnerungen und das Wetter Hoffnungen.“
„Das Wetter? Du meinst die Sonne?“ Arrow war verwirrt. Harold wirkte sehr ausgeglichen und friedlich. Was genau er aber meinte, blieb ihr ein Rätsel.
Er nickte. „Ja, die Sonne. Vor langer Zeit einmal gehörte sie ihm, doch dann hat er sie verloren.“
Keylam hatte die Sonne verloren? Was war das denn für eine Überleitung? Wurde Harold jetzt verrückt?
Arrow betrachtete das Schmuckstück, das Keylam auf dem Bild trug, und dachte erneut an die Ereignisse der vergangenen Nacht. Verwirrt fragte sie: „Aber er hat sie doch wieder gefunden, nicht wahr?“
Gequälten Blickes antwortete er: „Ich fürchte, nein. Ich habe es immer gehofft, doch den Glauben daran längst aufgegeben, denn tief in meinem Herzen weiß ich, dass sie jetzt jemand anderem gehört.“
„Nein. Nein, das kann nicht stimmen. Du irrst dich sicher“, entgegnete sie stirnrunzelnd.
„Junge Dame“, erwiderte er in ungewohnt sanftem Ton, „ich weiß, dass es schwer sein muss, die Dinge zu akzeptieren. Doch lass dir von einem alten Mann gesagt sein, dass es besser ist. Man sollte sich nicht von dem winzigen Schimmer der Illusion von seinem Weg abbringen lassen, bevor man eines Tages die Wahrheit erkennt und an dieser Erkenntnis
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