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Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition)

Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition)

Titel: Winterwende: Die Welt aus Blut und Eis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Ruckley
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wurden steiler, und unter dem Gras und Moos kamen immer häufiger Steinblöcke und Felsplatten zum Vorschein. Die Sonne verbarg sich hinter einem tief hängenden grauen Himmel, der Lärm und Licht dämpfte. Selbst der spärliche Bewuchs nahm die stumpfen Farben der Felsen und Wolken an.
    Jeder von ihnen hing seinen eigenen Gedanken nach. Orisians Beine bewegten sich einförmig und mechanisch vorwärts. Er hatte das Gefühl, in einer Ecke seines Ichs zu kauern, verzweifelt bemüht, eine Weile alles zu vergessen, was geschehen war. Es war eine Ecke, die er kannte, in die er sich zurückgezogen hatte, als das Herzfieber die festen Nähte seines Lebens aufzudröseln drohte. Aber es machte die Sache nicht leichter, dass er schon einmal da gewesen war. Er sagte sich immer wieder vor, dass Inurian vielleicht noch lebte. Er hob den Kopf und spähte geradeaus. Ess’yr, die ein Stück vor ihm ging, zitterte am ganzen Körper. Sie musste nach ihrem merkwürdigem Ritualbad im Fluss entsetzlich frieren. Er hütete sich, eine Rast vorzuschlagen.
    Als sie an einen breiten Gürtel aus Moos und Schilf kamen – das Quellgebiet des Snowflusses –, blieb ihnen nichts anderes übrig, als in höheres, ungeschütztes Gelände aufzusteigen. Je weiter sie sich nach oben quälten, desto schärfer wurde der Wind. Der Schneeregen peitschte nahezu waagrecht über den Hang. Sie mussten sich gegen seine Wucht anstemmen, um nicht den Boden unter den Füßen zu verlieren. Große Felsenbuckel ragten aus dem Hügel, wie die Köpfe von Riesengeschöpfen, die versucht hatten, sich einen Weg aus dem Schoß der Erde zu bahnen, und dabei erstarrt waren.
    Als sie endlich den Kamm der Hügelkette erreichten, empfing sie ein Sturm. Orisian hob einen Arm, um die Augen abzuschirmen. Was er sah, brachte ihn noch stärker aus dem Gleichgewicht als die wütenden Windböen. Vor ihnen breitete sich der Car Criagar in seiner wahren Gestalt aus. Denn durch den Flockenwirbel und die tief hängenden Wolken erspähte Orisian nichts als kahle Felsenhänge, die dicht gedrängt dem Himmel entgegenstrebten. Schnee und Eis bedeckten die Gipfel. Und auf dieses öde Herz des Car Criagar hielt Varryn zu.

    Sie blieben so lange wie möglich im Windschatten der Hügelkette, aber weiter oben wurde es schwierig, einen Weg zwischen den vorspringenden, vom Frost geborstenen Felsblöcken zu finden, und mehrmals mussten sie auf den freien Kamm ausweichen. Dort schüttelte sie der Wind durch, sie glitten aus, stolperten und schrammten sich die Hände an den rauen Steinen blutig. Mitunter fiel das Gelände gefährlich steil zu Geröllhalden ab. Wolken quollen über, lösten sich von den Gipfeln und stiegen in die Weite des Himmels auf. Sie hatten weder die Kleidung noch die Kraft für einen solchen Kampf mit den Elementen, aber Varryn führte sie unerbittlich vorwärts und aufwärts.
    Endlich verbreiterte sich der Kamm und ging in eine Bergschulter über. Das Gelände stieg in einem weiten Bogen an, nur hier und da von Rinnen und Granitblöcken unterbrochen. Der Wind fegte den Schnee von allen Buckeln und verteilte ihn in Streifen über den Hang. Varryn hielt kurz inne, ehe er dem Sturm den Rücken zukehrte und einen Weg um die Bergflanke herum suchte.
    Das Tageslicht verblasste. Varryn hielt neben einem Steinkoloss an, der halb umgekippt wie das weggeworfene Spielzeug eines Riesenkinds dalag. Ein schräger Spalt klaffte im unteren Teil des Felsblocks. Der Kyrinin deutete wortlos auf den Riss.
    »Du verlangst doch nicht im Ernst, dass wir die Nacht hier verbringen«, sagte Rothe. »Wir würden erfrieren.«
    »Wind tötet zuerst«, antwortete Ess’yr für ihren Bruder. »Der Stein bietet Schutz. Wir rücken zusammen, teilen Wärme.«
    »Kein Feuer?«, fragte Anyara.
    An Stelle einer Antwort stülpte Varryn den Rindenbehälter um, in dem er immer ein wenig Glut aufbewahrte. Kalte Asche, mehr enthielt er nicht.
    »Vermutlich gibt es hier oben ohnehin kein Feuerholz«, murmelte Anyara.
    Sie zwängten sich in das unnachgiebige Lager. Obwohl der Spalt breiter und tiefer war, als es von außen den Anschein hatte, bot er nicht genug Platz zum Hinlegen. Sie konnten sich lediglich ein wenig an den Stein lehnen. Die Felsmasse über ihnen weckte in Orisian die düstere Vorstellung, er könne im Schlaf zermalmt werden. Andererseits glaubte er nicht, dass er an einem solchen Ort auch nur einen Lidschlag lang schlafen konnte. Die Körper der Gefährten füllten die Höhle fast vollständig aus und

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