Winterwunder
bekommt.«
»Ich möchte, dass Sie …« Abgeschleppt, dachte Parker.
Malcolm.
Sie kniff die Augen zu, atmete tief durch. Eins nach dem anderen.
»Ich möchte, dass Sie jetzt Ihren Tee trinken, während ich Ihnen ein kleines Frühstück mache.«
»Mein Liebes.« Mrs Grady putzte sich die Nase, brachte fast ein Lächeln zustande. »Mein liebes Kind, du kannst doch überhaupt nicht kochen.«
»Ich kann Rührei und Toast machen.« Parker stellte den Tee vor Mrs Grady ab. »Und wenn Sie mir das nicht zutrauen, lasse ich es Laurel machen. Aber Sie essen jetzt ein Frühstück und trinken Tee. Dann rufen Sie Hilly Babcock an, weil Sie jetzt Ihre gute Freundin brauchen.«
»Feldwebel.«
»Sehr richtig.«
Mrs Grady ergriff Parkers Hand, als ihr wieder die Tränen kamen. »Ich habe hier gesessen, und mir brach das Herz wegen dieser armen Kinder, wegen ihrer Familien, sogar wegen des Kindes, das vom Schicksal verschont geblieben ist. Und ein Teil von mir hat Gott gedankt, konnte nicht anders als Gott dafür danken, dass ich meine Kinder noch habe.«
»Sie haben vollkommen Recht, dafür dankbar zu sein. Das sind wir alle. Das heißt ja nicht, dass man kein Mitleid mehr mit den anderen hat und nicht mit ihnen trauert.«
Parker umarmte Mrs Grady noch einmal, weil sie sich erinnerte, nur allzu gut daran erinnerte, wie sie ihre Eltern verloren hatten. Wie die Welt einfach auseinandergefallen war, ihr die Luft weggeblieben war. Wie es nichts anderes mehr gegeben hatte als schrecklichen, herzzerreißenden Kummer.
»Trinken Sie Ihren Tee.« Parker drückte Mrs Grady ein letztes Mal. »Ich rufe Laurel, Emma und Mac her, und dann nehmen wir uns etwas Zeit, um dankbar zu sein und um mitzutrauern.«
Sie küsste Mrs Grady auf die Wange. »Aber erst mache ich Frühstück.«
Die vier Freundinnen behielten Mrs Grady abwechselnd und möglichst unauffällig im Auge. Sie alle mussten mit Terminen jonglieren, am Abend eine Generalprobe über die Bühne bringen und ein Wochenende mit einer Veranstaltung nach der anderen durchziehen, so dass Parker kaum zum Nachdenken kam.
Doch es war ihr wichtig, die Geschichte im Internet nachzulesen.
Das, dachte sie, als es ihr beim Anblick des Fotos die Kehle zuschnürte, hatte Malcolm am Vorabend gesehen. Wie viel schrecklicher musste es gewesen sein, es in echt vor sich zu haben?
Deshalb hatte er diesen Blick gehabt, hatte seine Stimme so geklungen.
Er war zu ihr gekommen, dachte sie. Verschlossen, ja, aber er war zu ihr gekommen.
Also würde sie, sobald sie konnte, zu ihm gehen.
17
Malcolm entlüftete die neuen, längeren Bremsleitungen für den Jeep, den der Kunde höher gelegt haben wollte. Er vermutete, dass der Junge die Veränderung eher wegen der Optik und zum Angeben vor seinen Kumpels wünschte, als um ernsthaft im Gelände zu fahren.
Was auch immer der Grund war, das Geld, das Malcolm dafür bekam, war das Gleiche.
Er arbeitete systematisch weiter, während der iPod von seinem Platz auf einer Werkbank seine Musikliste abspulte. Er ersetzte die vorderen Stoßdämpfer und die Spiralfedern durch größere Gegenstücke. Der Wunsch des Kunden bedeutete, dass er die Querlenker und den Panhardstab anpassen und die Bremsschläuche verlängern musste.
Am Ende würde der Junge eine Karre haben, die legal war – gerade eben noch.
Der Auftrag war nicht eilig, nichts, in das er sich nach Geschäftsschluss noch hineinstürzen musste. Das war allerdings auch der Ölwechsel nicht, den zu übernehmen er vorgeschlagen hatte, anstatt diese simple Arbeit Glen zu überlassen.
So war er beschäftigt, räumte er ein, während die Killers durch die Werkstatt dröhnten. Na ja, beschäftigt wollte er auch sein.
In der Zeit, die er damit verbrachte, die Karre des Jungen aufzumotzen, den Ölwechsel durchzuführen und dann noch was an den Bremsen zu machen, konnte er wenigstens nicht nachdenken.
Fast nicht.
Darüber nachzudenken, was in der Welt – und derzeit in seinem Leben – verkehrt lief, machte es auch nicht besser. In der Welt würden weiter Dinge verkehrt laufen, ganz gleich, wie lange und angestrengt er darüber nachdachte.
Und in seinem Leben? Ein bisschen Zeit und Abstand waren wahrscheinlich in Ordnung. Das mit Parker war ziemlich intensiv geworden, vielleicht ein bisschen zu eng – und das lag an ihm, keine Frage.
Er hatte gedrängt, er hatte forciert, er hatte den Kurs bestimmt. Irgendwie war er – oder sie, er war sich nicht ganz sicher – bedeutend schneller vorangesegelt, und
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