Winzertochter (Contoli-Heinzgen-Krimi)
von der Schreibtischkante und begann, die Hände in die Hüften gestemmt, ein paar Schritte hin und her zu laufen.
„ Kennen Sie die Josefbrücke?“, fragte Münch übergangslos.
Anke nickte.
„Dann wissen Sie sicherlich auch, dass am Ende des linksseitigen Brückengeländes aus dem Mauerstück eine circa zwanzig Zentimeter lange, spitze Eisenstange herausragt.“
Anke schüttelte den Kopf.
„An dieser hat sie sich erheblich verletzt, als wäre sie einige Male mit Wucht dagegen gestoßen worden. Sie hat mehrere tiefe Wunden seitlich der Lendenwirbelsäule und Würgemale am Hals.“
„ Oh Gott“, stöhnte Anke.
„ Um noch einmal auf den Rosskamp Mord zurückzukommen. Wie wir herausgefunden haben, kannten sich die beiden Opfer.“
„ Kein Wunder in so einem kleinen Ort wie Walporzheim“, murmelte Anke. Sie überlegte angestrengt. Wenn sie jetzt Johannes erwähnte … Münch schien noch nicht das zu wissen, was sie wusste, aber er würde es früher oder später herausbekommen. Also sollte sie ihn aufklären. Zudem bedachte sie, dass sie, was Münch betraf, schon mal seine Ermittlungsarbeiten damals in der Sektensache behindert hatte, weil sie nicht alles, was sie wusste, preisgegeben hatte - mit einem unangenehmen Nachspiel für sie. Darauf war sie nicht erneut scharf. Wieso neigte sie derart dazu, alles an sich zu reißen, wenn es um eine Spur ging? Klar doch, damit ihr niemand dazwischenpfuschen konnte. Sie war extrem garstig in diesen Dingen und reagierte häufig überzogen. Ich werde mich bessern, nahm sie sich stumm vor.
„ Hatten Sie sich mit Helga Heise verabredet, oder wie kam es zu dem Zusammentreffen?“, riss Münch sie aus ihren Überlegungen.
„ Oh, das war rein zufällig“, erklärte sie, obwohl sie nicht an Zufälle glaubte. Für sie hatte es so sein müssen, aber, schoss es ihr sofort in den Kopf, hatte es auch sein müssen, dass Helga Heise ihr Leben lassen musste?
„ Sie wissen doch, Herr Münch, dass wir an dem Abend noch mit Leonie Rosskamp in der Gildenschenke waren, Ihre Kollegen hatten dort doch noch einen Auftritt, der junge Mann ...,
„ Ja, ja, ich weiß, weiter“, unterbrach Münch sie ungeduldig.
Und nun würde es kommen. Sie würde die nächste Spur legen, die Münch wie ein Bluthund verfolgen würde. Heimlichkeiten hatten erahrungsgemäß keinen Zweck, zudem wollte sie sich ja bessern. Sie berichtete ihm, wie es zu der Begegnung mit Helga Heise gekommen war. Münch reagierte, wie sie es erwartet hatte, zog seine Augenbrauen hoch, zerrte sein Handy aus der Jackentasche und beorderte, dass von Neuenahr zwei Kollegen zu Rosskamps Weingut geschickt wurden.
„So, so, Johannes Rosskamp, der verlorene Sohn ...“, murmelte Münch, als er sein Handy wieder in die Jackentasche zurückschob.
„ Auch er und Helga kannten sich von früher“, sagte Anke.
„ Wenn Sie schon seinen Bruder kannte ...“
„ Und, Herr Münch, gefällt Ihnen die Aussicht, eventuelle einen Mörder zu haben? Wenn sie auf meine Meinung Wert legen«, fuhr sie sarkastisch fort, »ich ...«
»Nein, tue ich nicht, ganz und gar nicht«, unterbrach Münch sie bissig. Anke ließ sich nicht beirren und vollendete ihren Satz. »... glaube, dass Johannes es nicht war. Genauso wenig, wie er seinen Bruder umgebracht hat.« Nach einer kleinen Pause schickte sie noch mit gehobener Stimme hinterher: „Und Broll hat Rosskamp auch nicht umgebracht.“ Sie suchte Münchs Blick. „Sie werden sehen, der Täter läuft woanders herum.“
„Und wo Ihrer Meinung nach, Frau Contoli“, ihren Namen sagte er in einem Tonfall, der Anke missfiel, „läuft der Mörder herum?“
Anke brachte aufgrund seiner gewählten Tonlage ein klägliches Lächeln zustande. „Woanders als Sie suchen«, beharrte sie giftig und fühlte sich regelrecht auf Krawall gebürstet, so ärgerte sie sich über das Gebaren dieses Polizisten. »Aber bestimmt dennoch im Umfeld“, lag ihr noch auf der Zunge.
„Ach, Sie können auch noch zu all Ihren anderen Fähigkeiten hellsehen“, Frau Contoli?«
Die Frage triefte vor Zynismus. Anke zog kampfeslustig die Augenbrauen zusammen, andererseits verspürte sie nicht die geringste Lust, weiterhin mit diesem Mann die geistigen Klingen spielen zu lassen. Seine wachen blauen Augen sahen sie unverwandt an. Gegen ihren Willen ließ sie sich dennoch auf einen weiteren Dialog ein. „Wollen Sie mich verprellen, Sie Hitzkopf oder möchte Sie meine Hilfe?“, konterte sie, während sie sich dazu ermahnte,
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