Winzertochter (Contoli-Heinzgen-Krimi)
auf der Treppe sich näherten. Es schienen mehrere zu sein. Jetzt wurde sie neugierig und begab sich zur Wohnungstür. Im ersten Moment war sie mehr als überrascht, als sie Münch und seine Begleitung erkannte. Erwartungsvoll sah sie den beiden Männern entgegen, wie sie die letzten Treppenstufen erklommen wie einen Tausender. Münch atmete hörbar unter der Bewältigung der zweiundsiebzig Stufen zu ihr hoch. Sie spöttelte innerlich über seinen gequälten Blick. Mit den Bullen hatte sie nie gute Beziehungen gepflegt. Für sie waren es Bremsklötze, die sie bei ihren Nachforschungen behinderten. Anke überwand ihr Erstaunen über diesen Besuch. „Leonie ist nicht bei mir, falls Sie sie nochmalig suchen“, sagte sie anstatt ›Guten Tag‹, was Münch ihr im Gegenzug übertrieben darbot. Sie machte keine Anstalten, die Männer in ihre Wohnung zu lassen. Münch räusperte sich. „Sie haben sicherlich eine hübsche Wohnung, ähm, dürfen wir ...?“ Anke zuckte einen Schritt zurück und ließ sie widerwillig eintreten. Oh, wie es bei ihr aussah. Dem Assistenten schien das weit mehr zu interessieren als Münch, der ihr seinen Kollegen mit „Kriminalkommissar Brückner, mein Assistent“, vorstellte. Anke nickte ihm flüchtig zu und fragte sich, ob er in ihrem Chaos etwas Bestimmtes suchte.
„ Und wir kennen uns ja, bemerkte Münch lapidar.
„ Flüchtig“, das einzuwerfen, ließ Anke sich nicht nehmen. Er sollte nur nicht so auf vertraut machen. Deshalb fragte sie gestelzt. „Was führt Sie zu mir nach Bonn? Ist immerhin eine kleine Reise.“
Anke schloss die Wohnungstür, ging zu ihrem Schreibtisch und lehnte sich an die Kante. War sie froh, dass sie den Minirock durch eine Hose ausgetauscht hatte, sonst hätte sie sich unsicher gefühlt und wäre sich lächerlich vorkommen. Assistent Brückner schien die Augendurchsuchung ihrer Wohnung beendet zu haben. Er sah sie jetzt interessiert an. Anke warf ihre Locken zurück. Als wäre das ein Zeichen für Münch gewesen, fragte er mit belegter Stimme, die er sogleich durch ein Räuspern klärte. „Haben Sie am Montag, den 26. Juli gegen 21.55 in der Josefstraße mit Helga Heise gesprochen?“
„Hätte ich das etwa nicht tun dürfen?“
„ Sie sind Journalistin. Ich habe mich über Sie kundig gemacht, spezialisiert auf spektakuläre Mordfälle, fällt Ihrer Meinung nach der ›Rosskamp Mord‹ darunter?“
„ Anke lachte auf. „Sie sind doch wohl nicht hier, um das zu ergründen? Also kommen Sie bitte auf den Punkt, Herr Münch.“
„ Glaubten Sie, von Frau Heise einen Hinweis auf Rosskamps Mörder zu bekommen?“
Anke zögerte mit der Antwort. Sie spielte im Kopf einige Möglichkeiten durch. Sollte sie sagen, was der Grund des Gespräches war? Leonie hatte nicht geäußert, dass die Vatersuche in geheimer Mission durchgeführt werden musste. Dennoch war sich Anke nicht sicher, ob es Leonie recht sein würde. Sie musste dringend mit ihr darüber reden.
„Unter anderem“, erwiderte Anke nach diesen Überlegungen. Sie fühlte, dass irgendetwas nicht stimmte. „Sagen Sie schon, warum Sie hier sind“, forderte sie Münch nun mit einer schärferen Tonlage auf.
„ Helga Heise ist tot, wahrscheinlich ermordet.“
Anke starrte Münch an. Im ersten Moment war sie zu betäubt, um etwas zu fühlen, überhaupt zu reagieren, glaubte, sich verhört zu haben. Doch der Schreck sagte ihr, dass es wahr war. Helga, mit der sie erst vor einigen Stunden ..., wie schnippisch sie gewesen war. Welche Gedanken wirbelten ihr da durch den Kopf? Ein Geheimnis hatte sie gehabt, die Gedanken glitten hinüber zu Lisabeth, die Arme ... und weiter zu Johannes, hatte er ...? Nach einer Weile fand sie ihre Stimme wieder: „Was bitte, haben Sie gesagt, Herr Münch?“
„Sie wurde wahrscheinlich ermordet. Anwohner der Herrestorffstraße haben sie heute in den frühen Morgenstunden unter der Josefbrücke liegen sehen, nahe ihres Elternhauses.“
„ Und Sie glauben wirklich, dass sie ... Wissen Sie schon, wie es geschehen ist? Und wann?“
Münch sah sie an, und sie hatte den Eindruck, als würde er darüber nachdenken, ob er verpflichtet sei, ihre Fragen zu beantworten. Sie blickte ihn mit schräger Kopfhaltung erwartungsvoll an. Münch zog den Atem ein, beugte leicht seinen Brustkorb vor, räusperte sich und sagte mit leiser, schneidender Stimme: „Gestern Abend zwischen 22.00 und 22.30 Uhr. Wir stehen noch am Anfang, aber es gibt eindeutig Kampfspuren.“
Anke drehte sich
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