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Winzertochter (Contoli-Heinzgen-Krimi)

Winzertochter (Contoli-Heinzgen-Krimi)

Titel: Winzertochter (Contoli-Heinzgen-Krimi) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mona Misko
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Haustür. Schweigend traten sie ein. Schon im Flur spürte Leonie, dass Thomas sie aufs Neue an sich schmiegen wollte. Reflexhaft wich sie einen Schritt zur Seite. Bei seiner prompt einsetzenden Verunsicherung und der Verblüffung in seinem Gesicht bedauerte sie fast ihr Benehmen und fühlte sich veranlasst, etwas Nettes zu sagen. „Thomas, ich bin überglücklich, dass du endlich zurück bist und mir jetzt beistehen kannst“, sie machte einige Schritte auf die Zimmertür zu, stieß sie auf und deutete ihm, ihr zu folgen. „Aber ich bin noch völlig überrumpelt.“ Das war gelogen. Sie hatte es doch gewusst. Aber Notlügen waren erlaubt. Sie sank in einen der Sessel.
    „ Leonie ...“, stieß Thomas daraufhin hervor, war mit zwei langen Schritten bei ihr und hockte sich vor ihr hin. Ihre Gesichter befanden sich auf gleicher Höhe. Leonie konnte ihm direkt in die Augen sehen. Die Iris hatte sich verdunkelt. In seinen Augen schimmerte eine Art Macht, die sich aus Entschlossenheit, Wissendem und etwas Wildem zusammenzusetzen schien. Einen Augenblick faszinierte sie genau das. Sie wehrte sich unterbewusst, ihren rasenden Herzschlag richtig zu deuten, dachte eher entsetzt daran, dass sie nie wieder zulassen wollte, jemanden Macht über sich zu verleihen. Erst seit einigen Tagen war der entscheidende Mann tot. Seine Macht über sie hatte er mit ins Grab genommen. Und die Macht, die Dirk spielerisch über sie hatte herrschen lassen, hatte sie in eine schwere schmerzvolle seelische Krise gestürzt, dessen Folge Zerstörung und Unglück gewesen war. Jetzt, in diesen Sekunden war sie sich plötzlich im Nachhinein sicher, dass Vaters Macht über sie früher oder später ein eben solch folgenschweres Ereignis nach sich gezogen hätte. Aber nun war er tot. Ihre Gedanken kehrten sich um. War es nicht eher so, dass sie diejenige war, die Macht über andere ausüben konnte? Niemals hätte sie all die Jahre diese Demütigungen ihres angeblichen Vaters hinnehmen müssen. Es war ihr zu spät bewusst geworden. Vorbei! Sie schob diese Gedanken beiseite. Außerdem hatte sie doch beschlossen, die Oberaufsicht über ihren Dämon zu übernehmen. Seine vernichtende Kraft zu keiner Zeit mehr anzuwenden.
    Ihre Gedanken wurden unterbrochen, als sie sanft Thomas’ warme Lippen auf ihrem Mund spürte. Sie hatte kaum bemerkt, wie er ihren Kopf zwischen seine Hände genommen und ihn zu sich heran gezogen hatte. Nun fuhr sie abrupt zusammen, als hätte ein Schlag sie mitten ins Gesicht getroffen. Thomas wich zurück und sah sie verstört an. Leonie hatte unvermittelt das Gefühl, durch die Luft gewirbelt zu werden und unsanft wieder auf dem Boden aufzuschlagen.  Thomas wollte sie. Wollte sie ihn auch? Ihr Instinkt sagte ihr, dass etwas an ihren Gedanken und Gefühlen falsch war. Aber sie konnte sich nicht erklären, was und warum?
    „Leonie ...“, Brolls tiefe, erschrockene Stimme scheuchte sie aus ihren Überlegungen hoch, „hast du vergessen, was ich dir im Weinverkauf vor genau fünf Tagen gesagt habe?“ Er schien sich wieder gefangen zu haben. Plötzlich funkelten seine Augen vor Leidenschaft. Leonie schaute ihn unbehaglich an. Er musste es spüren, merken, sehen. Sie hoffte vergebens, er würde nicht weitersprechen. Aber in der nächsten Sekunde gestand er ihr erneut: „Ich liebe dich. Ich würde alles für dich tun – selbst töten, wenn du in Gefahr wärst – töten. Aber glaub mir, nicht auf diese hinterhältige Weise, mit der dein Vater umgebracht wurde.“
    Dankbar über die Worte, die er seinem wiederholtem Geständnis hinterherschickte, ergriff sie seine Hand. Somit konnte sie diese Worte aufgreifen und so tun, als hätte sie das vorherige nicht wahrgenommen. Ihre Hand fuhr zu seinem Gesicht und berührte es, zuckte aber sofort zurück. „Das weiß ich, Thomas, und ich glaube dir.“ Ein Schluchzer drängte sich in ihre Kehle. Die Ereignisse überrollten sie wieder einmal. Thomas schien ihren Laut als Geste der Freude zu deuten. Spontan schlang er erneut seine Arme um sie und zwängte ihren Oberkörper an seinen.
    Mittlerweile war er aus der Hocke auf die Knie gegangen. Für eine Weile ruhte Leonies Kopf auf seiner Schulter, dankbar für das angenehme wärmende Gefühl, das sie durchströmte. Wie auch immer, dachte sie, egal, was im Augenblick mit mir passiert, es ist schön und tut gut, jedoch Liebe schob sie weit von sich. Er sollte sich auf keinen Fall Hoffnungen machen. Das wäre ihm gegenüber unfair. Sie wusste nicht

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