Winzertochter (Contoli-Heinzgen-Krimi)
ruhig zu bleiben. Münch verbeugte sich leicht, indem er eine Entschuldigung andeutete, und warf seinem Assistenten Brückner einen Blick zu. Anke beobachtete beide aufmerksam. Aus Kriminalhauptkommissar Münch wurde sie nicht schlau, einerseits legte er eine sympathische Seite an den Tag, andererseits schien er über alles dünkelhaft erhaben, was nicht in seine Denkweise passte. Der Blick schien an Assistent Brückner eine Aufforderung gewesen zu sein, denn er lächelte sie an, und sogleich sprudelten die Worte aus seinem Mund.
„ Bitte Frau Contoli, wie meinten Sie das, woanders suchen aber dennoch im Umfeld?“
Anke grinste innerlich und dachte nicht daran, das Geringste ihrer Vermutungen preiszugeben, so erst recht nicht. Stattdessen sagte sie. „Rein intuitiv, so aus dem Bauch heraus ...“ sie brach ab, als sie die Blicke der beiden Männer wahrnahm, und musste erneut innerlich grinsen.
„ Danke“, meinte Münch. „Ich halte nichts von spirituellen Spielchen. Ich verlasse mich lieber auf Tatsachen.“
„ Oh, es gibt Dinge, die mit dem Auge nicht sichtbar sind, aber dennoch vorhanden und wie sagte Shakespeare: Es gibt mehr Dinge im Himmel und auf der Erde, als eure Schulweisheit sich träumt.“
Mit ruhiger Stimme und gleichgültigem Gesichtsausdruck erwiderte Münch. „Sollte Ihnen noch etwas einfallen zu Helga Heise oder zu dem Mord an Rosskamp, rufen Sie mich bitte an.“
Er übergab ihr seine Visitenkarte, hob beide Hände wie zur Abwehr, nickte kurz und wandte sich zur Tür. Sein Handy klingelte. Anke beobachtete, wie er es auf die gleiche Weise wie bereits vorhin aus der Jackentasche zerrte und ans Ohr hielt. „Ach“, und noch einmal „ach.“
Sie blickte von Münch zu Bruckner, der seinen Chef gespannt ansah. Münch hörte aufmerksam zu, was der Anrufer ihm mitteilte, bedankte sich knapp, beförderte das Handy zurück an seinen Platz und sah sowohl Anke als auch seinen Assistenten an.
„Leonie Rosskamp sagt aus, Johannes wäre Hals über Kopf davon gestürmt, als er von Helga Heises Ermordung gehört hat, leichenblass.“ Einen Moment hielt bedeutungsvoll er inne, ehe er fortfuhr. „Und jetzt ist er verschwunden.“
„ Was ihn absolut verdächtig macht“, resümierte Anke in einem leicht verärgerten Ton, „da bleibt wohl nur eine Fahndung.“
„ Sie hätten zur Kripo gehen sollen, Frau Contoli“, kokettierte Münch.
Anke lächelte breit. „Was Sie nicht sagen.“
Brückner gab ihr grinsend die Hand, bedankte sich freundlich und folgte seinem Chef aus der Wohnung. Anke atmete tief durch. Leise drückte sie die Tür zu und lehnte sich mit dem Rücken dagegen. Gedanken überfluteten sie in rasender Geschwindigkeit. Aus ihnen kristallisierte sich einer heraus. Sie warf ihren PC an, wartete ungeduldig auf die Verbindung ins Internet und klickte auf die Homepage des Bistums Trier. Bei den Bildern und Informationen auf der Homepage traten ihr beinahe die Augen aus dem Kopf. Wie hatte Helga gesagt: Der war immer schon sehr ehrgeizig und zielstrebig.
27
Nachdem Johannes so eilig aufgebrochen war, arbeitete Leonie bis zum Nachmittag im Pfaffenberg weiter. Die gesamte Zeit dachte sie über Johannes nach. Kaum, nachdem sie ihm von dem mutmaßlichen Mord an Helga Heise berichtet hatte, wechselte seine Gesichtsfarbe auf so drastische Weise, dass sie für einen Moment dachte, er würde einfach umkippen. Er hatte sie mit fiebrig funkelnden Augen angesehen, eine Entschuldigung gemurmelt und verwirrt seinen Kopf geschüttelt. Aber alles Grübeln half nichts. Sie wusste zu wenig über Johannes. Jedoch der Tod dieser Helga Heise schien ihn zutiefst getroffen zu haben, das lag für sie außer Zweifel.
Gedanken über den Tod ließen sie zurückkehren an den gestrigen Nachmittag. Gegen siebzehn Uhr hatten sie ihren Vater auf dem Ahrweiler Friedhof beerdigt. Neben dem hiesigen Pastor hatte auch Onkel Lennart ein paar rührende Worte am Grab gesprochen. Es war eine stille Beerdigung mit überschaubaren Trauergästen gewesen. Jetzt erinnerte sich Leonie, auch Helga Heise flüchtig unter den Anwesenden ausgemacht zu haben. Sie schien nur für den Moment da gewesen zu sein, der genügte, um eine Nelke ins Grab zu werfen, sich hastig zu bekreuzigen und eilends zu verschwinden. „Merkwürdig“, murmelte Leonie, ein Auftreten, das deutlich aussagte, mit dem Toten nicht viel zu tun haben zu wollen. Noch befremdlicher fand sie, dass Onkel Lennart erregt und in großer Eile einige Worte mit
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