Wir beide, irgendwann
hieß er noch gleich?«
Emma wirft mir einen durchdringenden Blick zu. »Hast du etwa …?«
»Was?«, frage ich. Dann fange ich an zu lachen. Sie glaubt, ich hätte den anderen davon erzählt, dass sie Jordan James Jr. losgeworden ist. »Sie meint Graham. Wir haben gehört, dass du mit ihm Schluss gemacht hast.«
Emma zieht eine Tupperdose aus ihrem Rucksack, in der sich gedünsteter Brokkoli, Karotten und ein orangefarbener Käse befinden. »War höchste Zeit«, entgegnet sie.
Kellan bietet Emma ein paar Fritten an. »Wenn ihr wissen wollt, wie man Mädels aufreißt«, sagt sie, »solltet ihr mal Mr Templeton fragen.«
Emma und ich schauen uns verwirrt an.
»Jetzt tu nicht so unschuldig«, fügt Kellan hinzu. »Ich hab gesehen, dass du heute mit hundert verschiedenen Mädels geredet hast.«
Tyson hebt die Hand und ich schlage ein. »Mein Kumpel!«
Emma reißt eine Tüte mit Brezeln auf und lacht. »Oh, ich bin nicht so sicher, ob Josh wirklich weiß, wie das geht.«
»Was soll das denn heißen?«, frage ich. Spielt sie etwa auf Sydney an? Darauf, dass ich nicht weiß, was ich als Nächstes tun soll? Sie sollte lieber keine Witze darüber machen, dass sie selbst mir einen Korb gegeben hat.
»Das weißt du doch«, antwortet Emma.
»Ihr zieht mich immer damit auf, dass ich nichts von der Liebe und solchen Sachen verstehe«, beschwere ich mich. »Aber vielleicht weiß ich ja mehr darüber, als ihr denkt.«
»Träum weiter«, sagt Emma. »Ich glaub jedenfalls nicht, dass du in Liebesdingen so bewandert bist.«
»Ach wirklich?«, entgegne ich. »Also wenn du mal einen Rat brauchst, wie man eine richtige Beziehung führt, ich wohne ja gleich nebenan.«
Tyson und Kellan wechseln stumme Blicke.
➜
Unser Kurs ist schon fast vorbei, und noch immer habe ich kein einziges Wort zu Sydney gesagt. Mein Stift trommelt auf die Tischplatte, während ich einen verstohlenen Blick über die Schulter werfe. Sie lächelt, als sie mich sieht, und ich lächle zurück.
»Josh Templeton?«
Ich drehe mich zu Mrs Tuttle um. Neben ihr steht Thomas Wu, ein Schüler, der aushilfsweise im Sekretariat mitarbeitet. Mrs Tuttle zeigt auf mich, worauf Thomas mir entgegenschreitet und einen blauen Zettel auf mein Pult legt. »Du sollst nach der Stunde ins Sekretariat kommen.«
Ich schaue auf die Uhr, die über dem Whiteboard hängt. Noch drei Minuten bis zum Unterrichtsende. Noch drei Minuten, ehe ich zum ersten Mal an diesem Tag Gelegenheit hätte, mit Sydney zu sprechen. Und ausgerechnet jetzt muss ich ins Sekretariat. Verdammt!
Ich stecke mein Heft ein und ziehe den Rucksack zu. Als es klingelt, werfe ich mir den Rucksack über die Schulter. Hinter mir höre ich, wie ein Blatt Papier zerrissen wird. Ich drehe mich halb zu Sydney herum und wünschte, ich könnte mit den Lippen Ruf mich später an formen, aber das geht nicht, ohne mich lächerlich zu machen.
Doch plötzlich streckt Sydney ihren Arm aus und drückt mir ein gefaltetes Blatt in die Hand. Als unsere Fingerspitzen sich berühren, geht ein Stromstoß durch mich hindurch. Lächelnd schlendert sie an mir vorbei. Ich starre auf das Blatt in meiner Hand, während mir ihr Duft in die Nase steigt.
Auf dem Gang sehe ich Thomas Wu vor seinem Garderobenschrank stehen.
»Weißt du, warum ich ins Sekretariat kommen soll?«, frage ich ihn.
»Deine Eltern wollen, dass du nach der Schule zu ihrer Arbeit kommst«, sagt er, während er am Zahlenschloss dreht. »Aber eigentlich soll ich die Telefongespräche nicht mit anhören. Ich hab dir also nichts erzählt.«
Das muss irgendwas mit meinem Zuspätkommen zu tun haben. Mir egal. Wichtig ist nur, dass ich eine Nachricht in der Hand halte, die für mich persönlich bestimmt ist – eine Nachricht von Sydney Mills.
Ich melde mich im Sekretariat an und nehme in einem orangefarbenen Plastikstuhl Platz. Ich falte Sydneys Nachricht auseinander, lese »Meine Handynummer« und danach eine wunderhübsche Zahlenreihe, die sich quer über den Knick zieht.
»Du bist Josh, oder?«, fragt ein Mädchen, das sich auf den Stuhl neben mir setzt. Sie ist eine Austauschschülerin aus Brasilien. Ein hübsches Mädchen mit langen schwarzen Haaren und kleinen Sommersprossen um die Nase herum.
»Bin ich.«
»Ich hab im Heft eines Freundes ein paar Zeichnungen von dir gesehen«, sagt sie. »Du bist echt talentiert.«
Ich lächle sie an. »Ich will mal Grafiker werden.«
»Das schaffst du garantiert«, entgegnet sie.
Vielleicht war es doch nicht so
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