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Wir beide, irgendwann

Wir beide, irgendwann

Titel: Wir beide, irgendwann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Asher
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meinen T-Shirts bewahre ich alles auf, was ich nicht wegwerfen will. Skater-Zeitschriften. Ein Gipsbein, auf dem alle Leute unterschrieben haben, die ich kenne. Ein Schuhkarton mit Musikkassetten, allesamt illegale Mitschnitte von Punkkonzerten, die mir David mal gegeben hat. Ich nehme eine Box mit abgenutzten Kohlestiften sowie einen großen Skizzenblock herunter, den ich seit letztem Jahr nicht angerührt habe.
    Es ist ein schönes Gefühl, den Block wieder in der Hand zu halten. Vor einigen Jahren habe ich » TEMPLETON « in großen Lettern auf das Deckblatt geschrieben. So werde ich mich nennen, wenn ich später mal ein berühmter Grafiker bin.
    Ich klappe das Deckblatt um und lache über mein erstes Meisterwerk: Twenty-one Tweety Birds . Es sind einundzwanzig Bleistiftzeichnungen von Tweety, doch nur drei davon habe ich gelb koloriert. Ich weiß nicht mehr, was der Grund war, aber damals hatten diese drei eine konkrete Bedeutung.
    Die nächste Seite ist mit Toons & Tins überschrieben. Der Tasmanische Teufel und Schweinchen Dick rufen in Dosentelefone hinein, frustriert darüber, dass sie einander nicht verstehen. Ihr Speichel fliegt in alle Richtungen. Was sollte der Blödsinn eigentlich?
    Nach ein paar weiteren Seiten lege ich den Zeichenblock zur Seite. Als wir zu Beginn meines ersten Highschooljahres mal gemeinsam auf ihrem Bett saßen und lernten, habe ich Emma gefragt, ob ich sie zeichnen dürfte. Sie legte ihr Buch weg und war sehr geduldig, doch frustrierte es mich, dass ich die Zeichnung nicht so hinbekam, wie ich wollte. Am Ende sah das Porträt einigermaßen nach Emma aus, aber es fühlte sich anders an.
    Doch Emma gefiel die Zeichnung, und sie brachte mich dazu, sie all unseren Freunden zu zeigen. Seitdem habe ich mich nie wieder an ein Porträt gewagt. Denn wenn es eine Person gibt, deren Persönlichkeit ich einfangen können müsste, dann ist es Emma.
    Ich überblättere ein paar Comicskizzen und reiße das erste leere Blatt heraus. Ich drücke den Skizzenblock gegen meine Hüfte und lege das weiße Blatt obenauf. Mit einem abgebrochenen Kohlestift ziehe ich eine schnörkelige Linie bis zur Mitte des Blattes und lege rechts davon eine Schattierung an. Ich werfe einen prüfenden Blick darauf und füge darunter einen gewölbten Horizont hinzu. Es könnte der Anfang von etwas sein, aber wovon?

54 ://Emma
    In Codys Auto sieht es anders aus, als ich erwartet habe. Alles ist abgenutzt, die Polsterung durchgesessen und die Kunststoffverkleidung der Tür von tiefen Rissen durchzogen.
    »Mein Bruder hat mir den Wagen überlassen, als er vom College abgegangen ist«, sagt er, als wir vom Schülerparkplatz rollen. »Ist ’ne ziemliche Schrottkarre, ich weiß.«
    Dass Cody sein Wagen peinlich zu sein scheint, finde ich süß. Damit zeigt er mir seine verletzliche Seite. Am liebsten würde ich ihm sofort sagen, dass er sich später mal so viele Autos kaufen kann, wie er will.
    »Was macht denn dein Bruder jetzt?«
    »Er geht auf die Uni in Vermont. Beschäftigt sich mit ökologischen Fragen.«
    Genau wie du später!
    Cody biegt nach links in die Finch Road ein und fährt in Richtung Autobahn. Er streckt seinen Arm aus, dicht an meinem Knie vorbei, und öffnet das Handschuhfach, in dem ordentlich nebeneinander die Musikkassetten stehen. »Siehst du die Kassette, auf der ›Dave Matthews‹ steht?«, fragt er. »Das ist der Mitschnitt, von dem ich dir erzählt habe. Hat mein Bruder aufgenommen, als mal ein Konzert in der Nähe seiner Schule war.«
    Ich ziehe das Tape heraus und schiebe es in den Kassettenspieler. Ein leises Rauschen dringt aus den Lautsprechern. Während ich darauf warte, dass die Musik beginnt, schaue ich zu Cody hinüber, der auch als Fahrer, mit nur einer Hand am Lenker, einen selbstbewussten und lässigen Eindruck macht.
    Als er auf die Autobahn abbiegt, setzt die Musik ein. Aber die Stimmen aus dem Publikum sind so laut, dass ich sie kaum höre. Ich glaube, die spielen »What Would You Say«.
    »Das Publikum nervt«, räumt Cody ein. »Wer auf einem Konzert nur redet und trinkt, sollte lieber gleich in eine Bar gehen.«
    »Mein Dad ist professioneller Musiker«, entgegne ich. »Und der beschwert sich auch immer darüber.«
    Cody stellt lauter. »Als Gitarrist wird Dave Matthews völlig unterschätzt. Hörst du, was er da gerade spielt?«
    Ich versuche zu lauschen, aber die Qualität ist einfach zu schlecht. »Echt Wahnsinn!«
    Cody drückt das Gaspedal durch und überholt zwei Autos. Wir

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