Wir beide nahmen die Muschel
Weltmeister gekräht. Ich denke, morgen Früh werden wir uns
nicht verschlafen können, er wird morgen kurz nach fünf bestimmt seinen Harem
wecken. Es ist kurz nach 20:00 Uhr und alle liegen schon im Bett und schlafen,
wenige Minuten später auch wir.
Airexe —
Melide
22,7 km, 160
m Aufstieg, 210 m Abstieg
Samstag, den
28. Mai 2011
D er neue Tag
fing für uns recht unfreundlich an. Um 23:00 Uhr hatte es ein kräftiges
Feuerwerk im Dorf gegeben. Beim ersten Knall war ich vor lauter Schreck fast
aus dem Bett gefallen. Wenn in Spanien gefeiert wird, dann richtig und laut.
Das erneute Einschlafen ließ danach lange auf sich warten. Schon um 4:45 Uhr in
der Früh kamen die ersten spanischen Pilger vom Schlafsaal runter. Der Raum
rechts neben uns war die Küche. Im Flur vor unserem Zimmer standen Tische und Stühle
und der Boden war gefliest. Mit viel Krach wurde alles hin und her geschoben.
Die letzten Sachen mit viel Krach eingepackt, laut gelacht, sich unterhalten
und das Frühstück hergerichtet. Es ist kaum zu glauben, wie viel Krach man mit
einzelnen Sachen machen kann, wer kann da noch schlafen? Ich kenne jemanden,
meine Partnerin, sie schlief den Schlaf des Gerechten. Ich hoffe, wenn die
Krachschläger weggehen, kommt ein dicker Wolkenbruch und macht sie zur Strafe
nass. Als ich zur Toilette ging und unsere Schiebetür öffnete sahen alle
erstaunt, keiner hatte hinter der Glasscheibe einen Schlafraum vermutet. Auf
ihre Fragen, wie wir das Zimmer gebucht hätten sagte ich, nur über Beziehungen.
Sollen sie sich doch den Kopf zerbrechen. Wir hatten gestern schon vorgepackt
und waren sehr schnell fertig. Ich hatte an jedem Rucksack eine Banderole
geklebt mit unserem Namen, Handynummer und unser Ziel, die private Albergue »O
Apalpador« in Melide mit 30 Betten. Hoffentlich sehen wir sie dort auch wieder.
Wir gehen im Moment eine Strecke, wo es auf 30 km Länge nichts zu kaufen gibt.
Wir hatten ganz fest damit gerechnet, dass wir heute Morgen im Restaurant ein
Frühstück bekommen würden, leider war das nicht der Fall. Bei den Preisen hatte
der Wirt gestern Abend bestimmt genug verdient und liegt noch im Bett. Vor dem
Restaurant ein langer Wassertrog. Gestern hatten da die Dorfkühe bevor sie in
den Stall gingen noch getrunken und waren von vielen Pilgern fotografiert
worden. Arme Menschen, für die eine Kuh etwas Besonderes ist. Aber sie bekommen
ihre Milch ja aus der Tetrapackung, woher sollen sie denn wissen woher sie
wirklich kommt? Wenigstens eine Tasse Kaffee wollten wir trinken, bevor wir
abgingen. Leider gab es nur zwei Tassen und die waren fest in spanischer Hand.
Ich träume heute von einem knusprigen Brötchen, dick beschmiert mit
Sauerkirschmarmelade und dazu ein gekochtes Ei, leider hatte ich noch nicht
einmal eine Tasse zum Trinken. Helga hatte zur Vorsicht schon einen Topf mit
Wasser aufgesetzt. Unsere Blicke zu dem Ehepaar mit den Tassen wurde immer
bedrohlicher. Mit Stielaugen schauten wir, wie voll sie noch waren. Hurra, sie
kauen schneller, jetzt kann es nicht mehr lange dauern. Da kommt doch einer und
möchte von uns kochendes Wasser haben. Er hatte Glück, er wollte nur Wasser und
keine Tasse. »Heinz ich muss dir etwas verraten, ich hatte gestern schon
gesehen, dass es nur zwei Tassen gab. Ich hatte sie gründlich gespült und in
der Küche versteckt. Aber die beiden sind noch gerissener wie ich, sie haben
sie gefunden, da ist nichts zu machen.« Endlich wurde die erste Tasse frei.
Kaffee rein und aufgebrüht. So viel kann man gar nicht blasen, so heiß ist er.
Zum Essen gab es nur einen Traubenzucker, den hatten wir als Diabetiker auch
sehr nötig. Um 6:45 Uhr, als es hell wurde gingen wir los. Heute hatten wir
eine 22,7 km lange Strecke. Die müssen zuerst einmal gewandert werden. Zum
Glück ohne unser schweres Gepäck. Aber dafür hatte ich ja meine bis obenhin
gefüllte Pilgertasche. Zuhause hatte Helga mir einmal gesagt, bei ihrer 220 km
langen Wallfahrt zum Grab der Apostels Matthias in Trier würde manchmal ein
Schnitt von sechs Kilometer pro Stunde gegangen. Ich war da anderer Meinung.
Als Wanderführer weiß ich, dass man dieses Tempo mit 140 Personen nicht
erreichen kann. Sie hat mich gerade noch einmal daran erinnert. »Heinz komm,
ich werde es dir heute beweisen.« Unser Weg hatte leichtes Gefälle und er war
gut zu gehen. Es war noch nicht ganz hell und noch kühl, das richtige Wetter um
einmal kräftig durchzustarten. Die Bundeswehr wäre stolz auf uns gewesen
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