Wir beide nahmen die Muschel
verzeichnet, also weiter. Ich wagte meine
Partnerin schon gar nicht mehr anzusehen, ich wusste mir keinen Rat mehr. Ich
vermute, dass bei der letzten Pause, als wir uns in der Bar etwas getrunken hatten,
das Nebengebäude bestimmt die Albergue gewesen war. Laut Pilgerführer gab es
auf den nächsten zehn Kilometer keine Bar und kein Geschäft mehr. Nur zwei
Albergues waren eingezeichnet. Jetzt dürfen wir uns keinen Fehler mehr
erlauben, sonst stehen wir heute Nacht ohne Bett da. Meine rechte Hüfte macht
mir wieder Probleme. Mal sehen wie ich das ohne Medikamente in den nächsten
Tagen hinbekomme. Helga bekam wieder eine SMS von ihren Kindern. Immer wieder
schrieben sie ihr, dass es zuhause sehr heiß wäre und es schon wochenlang nicht
mehr geregnet hätte. Die Frucht würde auf den Feldern verdorren. Wir nahmen es
auf, aber speicherten es nicht. Wir haben auf unserem Weg mit über 750 km
Gebirge unsere eigenen Probleme und diese müssen wir jeden Tag auf neue bewältigen.
Wenn es bei uns so trocken ist, dass alles verdorrt, werden wir im nächsten
Jahr bestimmt wieder kräftig zur Kasse gebeten werden. Nach ca. sieben
Kilometer erreichten wir ein kleines Bauerndorf mit Namen Ligonde. Es soll hier
eine Übernachtungsmöglichkeit geben. Wir fragen einen Mann und er zeigt uns die
Straße weiter hinunter. Es sieht hier aus wie im Mittelalter. Uralte
ungepflegte Häuser, die Dorfstraße ist eine Zumutung, wie soll da erst die
Albergue aussehen? Er war das letzte Haus auf der rechten Seite. Eine sehr
einfache Albergue in der alten Dorfschule mit zehn Betten. Ich schaute kurz
rein, es war alles sehr einfach aber sauber. Ich wollte schon zusagen. »Heinz
frage einmal, ob wir hier im Ort auch ein Abendessen bekommen«, wir hatten nämlich
nichts mehr an Verpflegung. »Oh ja«, meinte die Herbergsmutter und zeigte uns
ein großes Haus unten im Tal. Es war bestimmt einen Kilometer entfernt und ein
sehr steiler Weg führte dorthin. »Willst du den Weg mit mir nach dem Essen
wieder hochgehen? Schau mal hier vor dem Haus, wie steil es runtergeht, das
müssen wir dann wieder hoch.« Sie hatte Recht, das wollte ich ihr nach diesem
schweren Weg heute nicht mehr zumuten. »Komm lass uns weiter gehen«, sagte ich
zu ihr. Nun sind wir wieder unterwegs und haben noch immer kein Bett. Jetzt
wurde es Ernst, es gab nur noch eine Möglichkeit in Airexe, dann erst wieder in
sieben Kilometer. Der Weg ging nun steil runter durch eine Wiese. Nach 500 m
lag auf der rechten Seite ein sehr schönes großes Haus. Eine ganze Reihe
Fahrradpilger saßen dort und tranken ein kühles Bier. Da hätte ich jetzt auch
Lust drauf gehabt, aber zuerst benötigen wir eine Unterkunft. Wären wir
geblieben, hätten wir hier heute Abend gegessen. Nach einem Kilometer kommt der
nächste Ort und an der rechten Seite die Albergue. Es war eine ganz neue
staatliche Herberge mit 18 Betten. Draußen saß eine junge Frau und lächelte uns
an. Das war schon viel versprechend dachte ich und ging hinein. Sie sprach ein
wenig Englisch und sagte uns, sie hätte nur noch ein Bett frei. Das darf es
doch nicht gegeben, jetzt waren wir schon so lange bergauf- und abgelaufen und
bekommen kein Bett mehr. Ich fragte sie ob es für uns keine Möglichkeit gäbe,
wir wären auch mit einem Notbett zufrieden. Sie überlegte und sagte, »ich habe
hier unten noch einen separaten Raum mit zwei übereinander liegenden Betten.
Diese habe ich in Reserve, wenn eine behinderte Person mit ihrem Betreuer
kommt.« Ich schaute sie an und sagte, »ich bin heute so viel gelaufen, sehen
sie nicht wie behindert ich bin?« Sie musste lachen und vermietete uns diesen
Raum. Ich muss euch aber darauf hinweisen, dass dort der Kühlschrank drinnen
steht. Alle Pilger werden euch bis spät belästigen, wenn sie ihre Getränke
holen oder reinstellen. Das war uns egal, wir hatten zwei Betten für die Nacht.
»Duschen und Toiletten sind oben vor dem Schlafsaal«, sagte sie noch. Wir waren
zufrieden. Nun wurde es Zeit das ich mich dusche. Ich ging hoch und werfe einen
Blick in den Schlafsaal, oh mein Gott, das ist eine Zumutung. Auf kleinstem
Raum hatte man viele Betten aufgestellt. Der Abstand dazwischen war so gering,
das man kaum seinen Rucksack abstellen konnte, da hatten wir unten aber einen
Luxusraum bekommen. In der Dusche gab es zwei offene Doppelzellen. So etwas hatte
ich auch noch nicht auf unserem Pilgerweg gesehen, eine Zelle für zwei
Personen. Ob hier wildfremde, Männer und Frauen zusammen duschen?
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