Wir beide nahmen die Muschel
geben, wollten wir dort auf sie
warten. Nun laufen wir schon 3,5 Stunden ohne Frühstück und hatten den Magen
schon bald bis zu den Knien hängen. Manche kleine Weiler haben wir
durchschritten. Es roch hier so gut nach Landwirtschaft, da wäre ich gerne
länger geblieben. Fast jedes Haus hat hier seinen Horreos, hoch gebaut auf
Pfählen, damit keine Mäuse die hart erarbeitete Frucht auffressen können.
Endlich nach viereinhalb Stunden erreichen wir O Coto, ein sehr kleiner Ort mit
wenigen Häusern, aber drei Cafés hintereinander. Das erste wird von zwei jungen
deutschen Männern geführt, darum heißt es auch »die zwei Deutschen«. Jeder
Pilger ist froh, nach so vielen Kilometer etwas zu essen zu bekommen. Sie haben
das beste Angebot und fast alle machen bei ihnen Rast, so auch wir. Draußen vor
dem Haus bekamen wir noch einen freien Tisch und wir konnten endlich unseren
Hunger stillen. Ich bekam ein großes Glas Bier und ein sehr großes Stück
trockenen Nusskuchen, er schmeckte fast so gut wie zuhause. Endlich ein Stück
Heimat und außerdem noch sehr preiswert. Zu unserer Krönung kommt kurze Zeit
später Helen und Terry an. Überglücklich schlossen wir uns wieder in die Arme.
Helga sang vor lauter Freude »Ein Freund ein guter Freund, das ist das schönste
was es gibt auf der Welt.« Sie übersetzte es Terry und er sang ein Lied aus
seiner Heimat Australien. Wir machten wie jeden Mittag 30 Minuten Pause und
haben uns angeregt unterhalten. Wie viele Gespräche haben wir vier schon am
Pilgerweg geführt. Heute erzählte Terry uns von den Aborigines in seiner
Heimat, später von Kamelen, Schlangen und Krokodilen. Er konnte so spannend
erzählen, dass wir bald das Weitergehen vergaßen. Im Nachbarladen habe ich mir
noch zwei Aprikosen gekauft und dann ging es endgültig weiter, wir hatten noch
ein großes Stück vor uns. Wir waren ein kurzes Stück gegangen und Helga meinte,
wir wären heute Morgen in der Stunde sechs Kilometer gegangen. »Du hast Recht,
in der ersten Stunde bestimmt noch mehr.« »Siehst du, du bist ein alter
Besserwisser und willst nie glauben was ich dir sage.« Ok, ich werde in drei
Tage 67 Jahre alt. In dem Alter sind die ersten schon im Altenheim. Ich bin
froh, dass ich in diesem Alter noch fast 1.100 km laufen kann, auch wenn
manchmal die Knochen krachen. Wir hatten im Ort wieder einige Stempel in unser
Credencial bekommen. In einer kleinen Kapelle sitzt eine alte Frau, auch bei
ihr bekommen wir einen. Sie ist sehr freundlich und schreibt uns noch das Datum
dazu. Auf ihrem Tisch steht ein Teller für eine kleine Spende. Jeden Tag
verrichtet sie diesen Liebesdienst an den Pilgern. Das ist die andere Seite der
Spanier, welche ich manchmal kritisiere. Wir können solchen Menschen nicht
dankbar genug sein. Sie machen den Camino zu dem was er ist, ein über tausend
Kilometer langer Weg unter Freunden. Plötzlich sehen wir unser Ziel Mélide.
Diese Stadt ist das geografische Zentrum Galiziens. Hier treffen der von Oviedo
kommende Camino Primitivo, der älteste Jakobsweg auf den Camino Francés. Unser
Weg nimmt einfach kein Ende. Wir gehen durch einen wunder schönen sehr langen
Hohlweg. In Furelos überqueren wir über eine wunderschöne alte Brücke den Río
Furelos. In einer kleinen Kapelle erhalten wir wieder einen Stempel. Nun haben
wir die Vororte vom Melide erreicht. Viele große Wohnsilos stehen an unserem
Weg. Da es in der Stadt genügend Albergues gibt und wir keine Angst zu haben
brauchten kein Bett zu bekommen, haben wir zuerst in aller Ruhe zu Mittag
gegessen. Einige Meter weiter hatten wir einen kleinen Supermarkt gesehen,
Helga blieb im Restaurant und ich kaufte für den nächsten Tag ein. Nun heißt es
sich durchfragen bis zu unserer Herberge »O Apalpador«. Sie lag genau neben der
Staatlichen, sie soll die schmutzige am gesamten Pilgerweg sein, ein Glück,
dass ich mein Unterkunftsverzeichnis mit Bewertungen habe. Wir gehen in unsere
und fanden sie verlassen vor. Unsere Rucksäcke lagen im Eingangsbereich und wir
waren zufrieden. Keiner konnte uns eine Auskunft geben. Eine hinzugekommene
spanische Pilgerin entdeckte auf dem Tisch die Handynummer der Leiterin und
rief diese an. Endlich nach zwanzig Minuten kam sie an. Wir hatten unsere
Betten gestern schon vorbestellen lassen und wurden als erste von ihr bedient.
Zwölf Euro fragte sie sich für eine Übernachtung und für den Rucksacktransport
für morgen drei Euro. Über eine sehr laute Wendeltreppe aus Stahl führte sie
uns
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