Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wir beide nahmen die Muschel

Wir beide nahmen die Muschel

Titel: Wir beide nahmen die Muschel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Hendrix
Vom Netzwerk:
Wäsche billiger. Schau mal hier hinter
der Gummidichtung.« Sie hatte einen starken schwarzen Schmutzrand. »Das wird
bei der anderen auch nicht anders sein, wir werden es gleich sehen.« Das
Programm der anderen Maschine war durchgelaufen und wir stellten sie ab. Wir
gaben die Wäsche der jungen Dame aus England in eine Plastikwanne. Zuerst
öffnete Helga das Flusensieb. Brauchen wir noch Büroklammern? Alles Mögliche
kam da zutage. Es war total voll mit Haaren und festgebackenen
Waschmittelresten. Helga saß patschnass auf dem Boden und untersuchte die
Maschine wie ein Monteur. Erschreckend war der Blick hinter der Türdichtung.
Eine dicke schwarze Masse klebte dahinter. Da kommt die Wäsche ja schmutziger
raus wie sie reingekommen ist und in dieser Trommel ist weiße Wäsche gewaschen
worden? Ich konnte es mir kaum vorstellen. Mittlerweile war ein Gewitter
aufgezogen und es krachte kräftig. Einen halben Meter neben ihr goss es in
Strömen, sie ließ sich dadurch nicht stören. Hole mir mal eine Rolle
Toilettenpapier und bring deine Kamera mit, sonst glaubt uns das später keiner.
Die junge Engländerin holte ihre Wäsche und schimpfte, wir hätten zu früh ihre
Wäsche rausgeholt. Wir taten als ob wir sie nicht verstehen würden. Mit dem
Papier holte Helga den ganzen Schlamm aus der Dichtung. Jetzt muss hier nur
noch ein Glassplitter sitzen, dann gehe ich aber an die Decke. Ich habe von ihr
und dem schmutzigen Papier einige Aufnahmen zur Erinnerung gemacht. Als sie mit
allem fertig war, kam die Engländerin mit dem Hospitalero und schimpfte aufs
Neue. Wir haben so getan als hätten wir damit nichts zu tun. Der Hospitalero
ging ohne ein Wort zu sagen. Viel Mühe hatte sie mit ihren Fingernägeln. Die
schwarzen Drecksränder ließen sich kaum entfernen. Ich hatte nun Zeit, setzte
mich hin und schrieb meinen Bericht. Kurze Zeit später rief sie mich erneut,
»schau dir diese Schrottmaschine einmal an. Sie wäscht nur auf 30°C und das nur
zehn Minuten lang, danach macht sie 40 Minuten nur spülen und abpumpen. Gerade
hat sie geschleudert, das war so langsam, das hätte ich auch mit der Hand
drehen können.« Als die Maschine fertig war, konnte ich meinen Anorak mit der
Hand noch auswringen, es war eben ein spanischer Schleudergang. Ob unsere
Wäsche bei 30°C sauber geworden war, wage ich zu bezweifeln. »Hoffentlich ist
sie morgen wenigstens trocken, sonst haben wir ein Problem.« Aber bei diesen
staubigen und schlechten Wegen sind sie nach zwei Kilometer wieder genau so
verschmutzt. Leider trafen wir auf unseren Wegen immer wieder Pilger, welche
auf Sauberkeit keinen Wert legen, es sind fast ausschließlich Männer. Viele von
ihnen stinken einfach fürchterlich. Da braucht man sich einfach nicht zu
wundern, wenn einzelne Albergues verwanzt sind. Wir haben es zum Glück nur
zweimal erlebt und das hatte uns vollkommen gereicht. Jedes Mal wenn ich davon
erzähle juckt mir die Kopfhaut. Wir werden jedenfalls unsere Wäsche über Nacht
unter dem Dachvorsprung hängen lassen, in der Hoffnung, dass sie morgen Früh
trocken ist. Sollte es nicht der Fall sein, werden wir zwei Euro opfern und sie
in den Trockner stecken. Helga legte sich hin, erschöpft von der Reparatur und
der großen Wäsche und ich hatte Zeit für einen Stadtbummel. Leider musste ich feststellen,
dass es keine Stadt als solche gab. Das gesamte Städtchen bestand nur aus der
sehr langen Haupt- und einer parallelen Nebenstraße. Zur Linken viele offene
Baulücken. Ich hatte eine sehr schöne Aussicht auf die weit entfernten Berge.
Es sah stark nach Regen aus. An diesen drohenden Wolken kann ich mich immer
wieder erfreuen. Ich halte Ausschau nach einem vernünftigen Restaurant für
unser Abendessen, werde aber leider nicht fündig. Es gab einige Geschäfte,
welche aber heute am Sonntag geschlossen waren. Einige Cafés hatten geöffnet,
boten aber kein Abendessen an. Am Ortsende vielen die ersten Regentropfen. Ich
ging schnellen Schrittes zurück zur Albergue. Mein Anorak hing nass auf der
Leine und ich konnte nicht riskieren auch noch mit meiner Fleece-Jacke in den
Regen zu kommen, dann hätte ich morgen kein trockenes Teil mehr gehabt. Als ich
an unserer Albergue ankam, hatten die Regenwolken sich verzogen und es schien
wieder die Sonne. Ich hatte mich nebenan in ein Café gesetzt und endlich einmal
in Ruhe meinen Pilgerführer studiert. So viele interessante Dinge haben wir
leider in den letzten Tagen übersehen. Unser Weg war so gut ausgezeichnet,

Weitere Kostenlose Bücher