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Wir beide nahmen die Muschel

Wir beide nahmen die Muschel

Titel: Wir beide nahmen die Muschel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Hendrix
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sehr schnell das Schild »Completo« empfangen und
das wollten wir unbedingt vermeiden. Der Weg ging nun sehr stark bergauf. Nach
einer dreiviertel Stunde erreichen wir die Höhe Bon Xesus. Zur linken Seite der
höchste Berg in der Region der Monte Aro mit einer Höhe von 556 Meter. Auf
einer Asphaltstraße ging es weiter hoch nach Vilar do Castro. Das letzte Stück
hat uns noch einmal richtig Kraft gekostet. Von hier aus sind es jetzt noch 10
km bis Olveiroa. Wir hatten von hier oben einen sehr schönen Ausblick auf den
Fervenza-Stausee. Er war von uns noch ca. sieben Kilometer entfernt. Nicht ein
einziger Ort liegt an diesem riesengroßen See. Wir verließen den Weiler bergab
durch Lago. Leider führte unser Weg nun bis zu unserem Ziel über eine
Landstraße. Drei sehr kleine Orte hatten wir auf unserem Weg noch
durchschritten. Auf den letzten Kilometern hatten wir noch einige Pilger vor
uns gesehen. »Komm Helga, sollen wir denen mal zeigen wie viel Kraft wir noch
haben?« Ich hatte Angst, die würden uns sonst die Betten wegnehmen. Wir haben
es allen gezeigt, auf den letzten drei Kilometer haben wir noch elf Pilger
überholt. Wir erreichten den sehr lang gezogenen Ort mit nur 120 Einwohnern.
Leider waren wir aber noch nicht am Ziel. Wir hatten uns die private Albergue
»Casa Loncho« ausgesucht. Sie fragten sich für die Übernachtung zwar 12,00
Euro, dafür wäre sie aber laut meinem Pilgerführer auch Top eingerichtet. Erst
nach mehrmaligem Fragen hatten wir sie zwei Kilometer weiter gefunden und wir
bekamen unsere Betten. Der letzte Gewaltmarsch hatte sich gelohnt. Alles ist
hier neu, die Betten, Toiletten und die drei Bäder. Wir waren sehr müde
angekommen, aber auch sehr zufrieden. Wir waren 27 km heute gegangen. Manchmal
hatte ich gedacht ich würde es nicht schaffen. Meine Muskeln schmerzten ohne
Ende. Schnell geduscht, rasiert und meine Wäsche gewaschen. Die Waschbecken für
die Wäsche waren gegenüber vom Haus. Ich habe geschrubbt wie ein altes
Waschweib. Ein Glück, dass meine Frau es nicht sehen kann, sonst müsste ich
zuhause auch waschen. Leider war der Trockenraum oben auf dem Dach. Man musste
über die Straße um das ganze Haus herum gehen, dort führte eine steile Treppe
ohne Geländer nach oben. Viele, so auch ich sind diesen Weg in der Unterwäsche
gegangen. »Heinz wenn wir nach Hause kommen müssen wir uns total umstellen, wir
sind auf diesem langen Weg total verroht.« Ich muss ihr da leider Recht geben.
    Nun sitze
ich hier vor der Albergue, daneben hat der Besitzer noch eine Pension.
Unmittelbar daneben einen sehr großen Bauernhof. Ich genieße den Geruch von
Vieh und Ställen und habe nun Zeit zum Schreiben. Meine Gedanken gehen nach
Hause, ob dort noch alles in Ordnung ist? Ob meine Frau irgendwelche große
Probleme zu bewältigen hat? Ich will es nicht hoffen. Bis jetzt hatte sie mich
noch nicht angerufen, es wird schon alles in Ordnung sein. Viel zu selten melde
ich mich per SMS bei meinem Sohn. Leider wusste ich bis zu unserem Abflug noch
nicht einmal wie man eine SMS schreibt. Auch jetzt habe ich damit noch meine
Probleme. Jeden Tag sitze ich mindestens zwei Stunden an meinem Bericht, danach
gehen wir zum Abendessen. Da bleibt für SMS kaum noch Zeit. Ich denke es ist
eine sehr schlechte Entschuldigung. Heute haben wir wieder eine sehr gute
Gesichtsfarbe bekommen. Ich sehe in der Ferne über den Bergen zwei große
Wolkenwände. Sollten diese in den nächsten Stunden zusammen kommen, könnte es
Morgen schlechtes Wetter geben. Ich will es nicht hoffen! Wir wollen doch
morgen Muxia erreichen. Es wird für uns die längste Etappe sein. Einige Berge
müssen wir dann übersteigen. Ob ich morgen auch wieder meine Sonnencreme
vergesse? Sehr viele Pilger sitzen hier mit mir vor der Albergue. Sie unterhalten
sich in vielen Sprachen. Bekannte gibt es für mich keine mehr. Die wenigsten
werden den Weg nach Muxia wählen, die meisten gehen nur bis Finisterre. Im
Moment erfreue ich mich an den frechen Spatzen, welche bis zu mir an den Tisch
kommen. Sehr viele Schwalben kreisen am Himmel. Solange sie so hoch fliegen
brauchen wir keine Angst vor Regen zu haben. Ich habe einen wunderschönen Blick
auf die Berge. Herrliche Wolken türmen sich darüber. Ich genieße jede Minute
die ich hier sitze. Vor mir ein Tisch mit fünf deutschen Pilgern in meinem
Alter. Ich höre aus dem Gespräch, dass es zwei Ehepaare mit ihrem Pilgerführer
sind. Wir hatten die beiden Ehepaare schon mehrmals überholt. Der

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