Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wir beide nahmen die Muschel

Wir beide nahmen die Muschel

Titel: Wir beide nahmen die Muschel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Hendrix
Vom Netzwerk:
drittel der Höhe bog der Weg nach
rechts zu einem höheren Berg ab. Wir wurden sofort sehr stark gefordert. Meine
Muskeln schmerzten jetzt schon in der ersten Stunde. Hoch oben über unseren Köpfen
knatterten sehr laut die Windräder, zu Gesicht bekommen wir sie in diesem Nebel
nicht. Diese Geräuschkulisse war mir zuhause noch nie so laut aufgefallen, in
ihrer Nähe möchte ich hier nicht wohnen. Nach zwei Stunden, ich denke wir waren
sieben Kilometer gegangen fasste ich in meiner Hosentasche und bekam einen sehr
großen Schrecken, ich hatte in der Albergue mein Handy in der Steckdose hängen
gelassen. Zurück konnte ich nicht mehr gehen, dann müsste ich heute 47 km
gehen, das war einfach nicht möglich. Es gab auch vor Muxia keine andere
Übernachtungsmöglichkeit. Meine verdammte Vergesslichkeit. Ich hatte bestimmt
noch 70,00 Euro auf der Karte. Es war zu spät, ich musste mich damit abfinden.
Ich wartete bis das Helga zu mir aufgeschlossen hatte und habe es ihr gesagt.
Das ärgerlichste für mich war, ich hatte es nicht ausgestellt, nun kann jeder
damit telefonieren. Hoffentlich nicht die verdammten Hühner. Sie werden als
allerletzte den Raum verlassen und es bestimmt mitnehmen. Es war zu spät, ich
musste mich damit abfinden. Helga schaute mich lange an. »Heinz was bist du
doch für ein Dummkopf, wo hast du nur deine Gedanken. Aber zu deinem Glück hast
du bei mir ja rundum sorglos gebucht. Ich habe nichts gesagt als wir losgingen,
ich wollte einmal sehen wie lange es bei dir dauert, bis du es bemerkst. Ich
bin nach dir raus gegangen und habe es eingesteckt.« Mir fiel ein sehr großer
Stein von meinem Herzen. Was wäre ich in meiner Vergesslichkeit ohne sie? Nach
neun Kilometer erreichen wir eine Bar. Über zweieinhalb Stunden sind wir
unterwegs, unsere Mägen möchten gefüllt werden. Nichts wie rein, es war drinnen
angenehm geheizt, da möchte man am liebsten bleiben. Viele Pilger waren vor uns
angekommen, einen Sitzplatz gab es für uns nicht mehr. Die Wirtin war sehr
geschäftstüchtig, ich glaube die hätte auch ihren Mann noch verkauft. Jeder
bekam von ihr den Hinweis, dass es auf der gesamten Strecke nichts mehr zu
kaufen gäbe. Sie bot vieles zum Essen an, Tortilla, Torten, Kuchen und Obst.
Jeder hat sich bei ihr reichlich eingedeckt. »Komm Helga, wir essen uns hier
satt und nehmen nur noch eine Banane mit. Ich schleppe kein zusätzliches
Gewicht mit.« Sehr schnell hatte die Wirtin ihren gesamten Kuchen verkauft. So
schnell es ging schmierte ihr Mann jetzt Brote. Ich denke, diese beiden hatten
eine Goldgrube. Der weitere Weg war nun gut ausgeschildert, trotzdem hatten wir
uns mehrere Male bald verlaufen. Wenn das Unkraut am Wegesrand sehr hoch steht,
wird manches Wegzeichen oft verdeckt. Auch standen manche mitten in einen
Strauch. Leider liefen wir wieder über eine Landstraße, der Asphalt ermüdet uns
sehr. Der dritte große Berg musste genommen werden. Endlich verließen wir die
Straße und gingen in den Wald. Es ging über viel loses Geröll zuerst steil nach
unten. Jeden Schritt müssen wir mit Überlegung gehen. Nur keinen Unfall, hier
würden wir keine Hilfe bekommen. Meine Beine schmerzten und mein Rücken sehnte
sich nach Entlastung. In einem kleinen Ort setzten wir uns einfach auf dem
Bürgersteig und machen eine Pause. Wir gingen weiter, schon lange hatten wir
keine anderen Pilger mehr gesehen. Wir hatten wieder einen Berg bezwungen. Über
einem sehr breiten Waldweg ging es runter ins Tal. So viele Eukalyptusbäume wie
heute hatten wir an keinem Tag gesehen. Leider machte das Wetter mir Sorgen,
ich denke wir hatten gestern den letzten schönen Tag. Es ist heute sehr bedeckt
geblieben. Es wäre sehr schade, wenn es morgen am Meer regnen würde. Wie eine
lange Schlange windet sich eine tiefe Rinne durch den Waldweg. Das ganze Wasser
fließt nach einem starken Regen über diese Rinne ins Tal, dann möchte ich hier
aber nicht unterwegs sein. Plötzlich sehe ich zur linken Seite tief unten, halb
im Nebel das Meer. Ich habe einen lauten Jodler ausgestoßen. Helga ging ein
ganzes Stück hinter mir, ich habe auf sie gewartet und sie darauf aufmerksam
gemacht. Nun kann es nicht mehr allzu weit sein. Es dauerte doch noch über eine
halbe Stunde bis wir unten zu einem Ort kamen, an deren Ende war die
Küstenstraße. Einladend sah das hier nicht aus, aber wir waren ja noch nicht in
Muxia. Ich hätte mich am liebsten irgendwo hier hingesetzt und geschlafen, so
körperlich fertig war ich schon

Weitere Kostenlose Bücher