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Wir beide nahmen die Muschel

Wir beide nahmen die Muschel

Titel: Wir beide nahmen die Muschel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Hendrix
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ausgefallenen Hüte aus Stroh. Fast alle Frauen, welche im Garten oder auf
den Feldern arbeiten, tragen so einen Strohhut. Viele sehr alte Horreos sahen
wir links und rechts. Fast jedes Haus hat so einen alten Kornspeicher. Sie
sehen aus wie kleine Kapellen oder Nebengebäude. Oben auf dem Dach steht vorne
ein Kreuz und am hinteren Ende einen Kegel oder Pyramide. Das Rechteckige
Gebäude steht auf hohen pilzförmigen Stempeln, damit kein Nagetier die
eingelagerten Körner erreichen kann. Die ältesten Kornspeicher Galiziens wurden
1760-1783 erbaut. Leider ist der Weg sehr schlecht ausgeschildert. Die gelben
Pfeile sind auf dem Weg gesprüht und sehr oft so verblasst, dass man sie kaum
noch erkennen kann. Ganz selten sehen wir noch einmal ein Muschelzeichen. Bis
Santiago zeigte das stumpfe Muschelende uns die Richtung an, ab Santiago ist
dies umgekehrt. Wir müssen uns erst daran gewöhnen. Unser Weg teilt sich und
wir haben keinen Hinweis mehr, was nun? »Komm Helga, wir warten bis das ein
Pilger kommt, mal sehen welchen Weg er geht.« Wir waren allein, weit und breit
war kein anderer zu sehen. Auch mein Pilgerführer gab uns keinen Hinweis. Wir
mussten eine Entscheidung treffen. »Komm wir nehmen den rechten, ich hoffe,
dass wir wieder sehr schnell einen Pfeil als Hinweis bekommen.« Helga stimmte mir zu. So
eine Situation hatten wir in all den Wochen noch nicht gehabt. Der Weg hatte
zum Glück keine Steigung und war sehr angenehm zu gehen. Soweit wir sehen
konnten gab es keinen Ort, an den wir uns orientieren konnten. Unsere Schritte
wurden immer schneller, wir wollten endlich Gewissheit haben, dass wir noch auf
dem richtigen Weg waren. Nach einer guten halben Stunde endete unser Weg an
einer Landstraße, es war schon mehr eine Schnellstraße, leider hatte sie keinen
Fußweg. Auch gegenüber führte der Weg nicht weiter. »Komm Helga, lass uns
zurückgehen, hier sind wir falsch.« »Nein ich halte zuerst ein Auto an und
erkundige mich.« Sie stellte sich auf der Straße und winkte, leider war keiner
der Fahrer bereit anzuhalten. Sie erhöhten sogar noch ihre Geschwindigkeit und
umfuhren sie in einem Bogen. »Komm Helga, das hat keinen Zweck, du gefährdest
dich doch nur selber.« Wir sahen zur linken Seite in 2,5 km Entfernung einen
Ort, ob wir dort hin müssen? Das Risiko war mir zu groß und so gingen wir
zurück. Gut sechs Kilometer kamen zu unserem Tagespensum nun dabei. So werden
wir heute leider 27 km gehen müssen. Ich denke jetzt schon mit Schrecken an
morgen, da haben wir eine Strecke von 33 km zu bewältigen. Wir erreichen wieder
unsere Kreuzung und biegen rechts ab. Wir sahen 300 Meter vor uns zwei Pilger
gehen, diese waren klüger wie wir. Schon nach ca. 500 Meter sahen wir den
nächsten gelben Pfeil und nach einer halben Stunde durchschritten wir das Dorf,
welches wir vorhin von der Landstraße aus gesehen hatten. Der Weg war nun sehr
abwechslungsreich. Offene Wiesenflächen wechselten sich mit Eukalyptuswäldern
ab. Wir sind den ganzen Weg zusammen gegangen und hatten uns sehr viel zu
erzählen. Heute brauchen wir beide unsere Nähe. Manche lustige Begebenheit der
letzten Wochen haben wir uns noch einmal in Erinnerung gerufen. Der Ärger von
vorhin ist schon vergessen und wir konnten schon wieder herzhaft lachen.
Plötzlich ein großes Geschrei gut hundert Meter hinter uns. »Was ist dort los,
Helga schau mal, die meinen uns.« Mehrere Pilger standen dort und winken uns
zu. Einen Moment später gingen sie nach links in den Wald. »Komm Helga, lass
uns zurückgehen, ich glaube wir haben einen Pfeil übersehen.« Wir gingen zurück
und tatsächlich zeigte ein sehr blasser Pfeil nach links. Wir hatten noch
einmal Glück gehabt. Wenn wir allein gewesen wären, wer weiß wo wir ausgekommen
wären. Wir beschleunigten unseren Schritt und haben uns bei ihnen bedankt. Es
waren Franzosen und sie haben leider unsere Worte nicht verstanden, aber ich
denke, sie wussten schon was wir ihnen sagen wollten. Wir erreichten den Ort
Santa Marina, hier sollte es eine Bar geben. Wir haben sie gefunden und haben
nach gut vierzehn Kilometer unsere erste Pause. Wie jeden Tag schmerzen meine
Knie und Hüften, noch länger hätten wir nicht gehen dürfen. Die erste Cola war
sehr schnell leer getrunken, die schmeckte besser als unser lauwarmes
Leitungswasser. Zu lange wollen wir nicht bleiben, wir hatten über eine Stunde
Zeitverlust. Aber das Wichtigste, die von uns ausgesuchte Albergue hatte nur
zwölf Betten, da konnte uns

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