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Wir beide nahmen die Muschel

Wir beide nahmen die Muschel

Titel: Wir beide nahmen die Muschel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Hendrix
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einen ganzen Topf herrlicher Suppe mit sehr viel
Fleisch, viel zu viel für mich. Komm rein, so ein tolles Angebot bekommen wir
nie mehr. Leider konnte ich sie nicht überzeugen. Zwei gut gefüllte Teller habe
ich geschafft, dann war leider mein Magen voll. Ich hatte mir dazu noch zwei
Büchsen Cola getrunken. Als ich bezahlt habe, glaubte ich mich verhört zu
haben. Ich habe für alles nur 5,80 Euro bezahlt. Sie gab mir noch eine
erschöpfende Auskunft für unsere Übernachtung in Vilaserio. Es soll dort eine
Bar und zwei Albergues geben. Die erste soll eine Private sein, dahinter eine
in der alten Schule, diese stand auch in meinem Verzeichnis. »Geht in die
erste«, sagte die Wirtin, »die ist besser. In der alten Schule gibt es keine
Betten. Dort müsst ihr auf dem Fußboden auf Matratzen schlafen.« Die Albergue
wäre sehr einfach und man schlief dort für eine Spende. Aber ich dachte auch an
Helga, jedes auf dem Boden laufende Insekt konnte in den Schlafsack kriechen, das wollte ich ihr nicht
zumuten. Zwei Mal hatten wir unangenehmen Besuch von Wanzen auf unserem
Pilgerweg gehabt und das hatte uns vollkommen gereicht. Wer weiss wie dort die
Toilette ist? Ich war der Wirtin sehr dankbar für diesen Hinweis. Ich verlasse
das für mich so angenehme Lokal und trete wieder hinaus in die heiße Sonne. Nur
meiner Pilgerpartnerin scheint sie nichts auszumachen, sie sitzt in der prallen
Sonne und studiert ihren Pilgerführer. Nach einer guten Stunde erreichen wir
unser Ziel und machen am Ortsanfang in der Bar unsere zweite Pause. Leider war
die junge Wirtin sehr unfreundlich und hatte auch stark erhöhte Preise. Nur
dreieinhalb Stunden war unsere Wanderung gewesen, gerne wären wir noch weiter
gegangen, aber der Weg bis zur nächsten Albergue betrug noch 20,7 km, das war
in dieser Hitze nicht mehr zu schaffen.
    Nach einem
kühlen Bier ging’s in Richtung Albergue. »Nun Helga, wie geht es dir?« »Gut
Heinz, hast du mich auf dem Camino schon einmal klagen gehört?« Da hatte sie
Recht, sie ist sehr stolz, dass sie mit mir diesen Weg ohne Klagen geht. »Mama
du bist die erste in unserer Familie, welche diesen Weg geht und dabei die
Pyrenäen überquerst, wir sind jetzt schon sehr stolz auf dich«, so hatten es
ihre Kinder ihr vor unserem Abflug gesagt. Da ist meine Verabschiedung ganz
anders gewesen. Wir gingen eine Straße tiefer zur Albergue und waren sehr
enttäuscht. Wir mussten feststellen, dass sie noch nicht ganz fertig gebaut
war. Ein Handwerker stand draußen auf einer Leiter und verlegte noch
Anschlusskabel. Das Haus hatte zwei kleine Schlafräume, im Moment schaute der
Handwerker auf seiner Leiter hinein. Unsere Herbergsmutter war die junge Wirtin
von vorhin. Es gab im Haus keine Küche und keinen Aufenthaltsraum. Die Dusche
und die Toilette waren in einer Zelle. Auch gab es keine Handtuchhalter. Man
musste seine frische Wäsche und das Handtuch schon auf den Toilettendeckel
ablegen. Da die spanischen Männer anscheinend keine Feuerwehrausbildung haben,
pinkeln sie in der Toilette im Stehen sehr oft daneben. Ich hatte leider so
einen Vorgänger und stand in seinem Urin. Ich habe trotzdem geduscht und lebe
noch! In unserem Schlafraum war bis jetzt nur ein französischer Pilger. Er war
bestimmt vom Beruf Vertreter, so viel Papierkram schleppte er mit. Nach dem
Duschen zog er sich eine faltenfreie helle Hose und ein gestärktes weißes Hemd
an. Ob der in seinem Rucksack auch noch ein Bügeleisen mitschleppt? Sein Hemd
sah jedenfalls so aus. Im Erdgeschoss stand eine elektrische Waschmaschine und
daneben ein Waschbecken zum Selberwaschen. Als ich mit meiner Wäsche runter kam
war er leider schneller gewesen und so musste ich warten. Er war so langsam,
dass ich mir Gedanken machte, ob ich nicht einen Tag verlängern sollte. Mein
Hals wurde immer dicker, aber das schien ihm nicht zu stören. Endlich wurde er
fertig und ich konnte meine Wäsche waschen. Danach habe ich sie gegenüber auf
der anderen Straßenseite auf einem Ständer in der Sonne aufgehängt. Hier stehen
auch zwei alte Tische und sieben alte Stühle. Dieser kleine Platz scheint noch
zur Albergue zu gehören. Ein Tisch steht schon im Schatten, genau das Richtige
für mich zum Schreiben. Kurze Zeit später kommt auch er mit all seinem
Papierkram und setzt sich an den Nachbartisch. Mehrmals hat er mich beim
schreiben in Französisch angesprochen. Da ich aber seine Sprache nicht spreche,
ist leider keine Unterhaltung möglich. Er saß mir genau gegenüber

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