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Wir beide nahmen die Muschel

Wir beide nahmen die Muschel

Titel: Wir beide nahmen die Muschel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Hendrix
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ein Stier los und schleiche am Nachmittag
dahin. Um 19:30 Uhr bekamen wir in einer Bar unser Abendessen. Es war ein
richtig uriges Lokal. Nur zwei Pilger waren anwesend. Eine hübsche sehr gut
gekleidete Koreanerin mit ihrem zwölfjährigen Sohn. Sie aß als Vorspeise einen Salatteller,
vor ihrem Sohn stand ein großer Suppentopf mit Linsensuppe mit vielen
Fleischstücken. Bei ihrem Anblick lief mir schon das Wasser im Mund zusammen.
Er stierte voller Widerwillen auf den Suppentopf und nippte ab und zu an seiner
Cola. Wir setzten uns zu ihnen und kamen sofort ins Gespräch. Mit zwei Jungen
war sie von Südkorea nach Paris geflogen und mit dem Zug weiter nach
Saint-Jean-Pied-de-Port gereist. Ihr jüngster hatte starke Fußbeschwerden und
war in der Albergue geblieben. Ihr ältester hatte, als der Kellner den
Suppentopf auf dem Tisch stellte zu ihr gesagt »diese schreckliche braune Brühe
werde ich nicht essen.« Auch sie wollte nicht daran probieren. Das sieht nicht
sehr appetitlich aus. Es war ein Vergnügen, sich mit ihr zu unterhalten. Sie
hatte wie bei fast jedem Menü zu ihrem Essen eine Literflasche Wasser und eine
Flasche Rotwein »Vino Tinto« bekommen. Der Kellner kam und wollte fragen, was
sie als Hauptgericht wünschten. Sie winkte ab, verständlich bei so einer tollen
Figur und dem Sohn war erst recht der Appetit vergangen. Er fragte uns was wir
wünschten. So eine Frage! Natürlich Suppe als Vorspeise. Wir lechzten nach
Linsensuppe. Als Hauptgericht eine Salatplatte für zwei Personen mit
Hähnchenfleisch, eine Flasche Vino Tinto, Wasser und als Nachtisch Eis. Uns
lief das Wasser im Mund zusammen. Was brachte uns der Kellner? Einen großen
Topf Gemüsesuppe. Zuerst waren wir sehr enttäuscht, haben dann aber zusammen
fünf Teller gegessen. Es hatte sich trotz allem gelohnt. Die Salatplatte war
vom feinsten. Zu unseren Hähnchenstücken gab es noch zusätzlich eine Schüssel
Pommes. Unsere Koreanerin nippte nur an ihrem Wasser. Den Wein rührte sie nicht
an. Als wir sie darauf ansprachen meinte sie, »ich trinke nie Alkohol.« Wie gut
für uns. Wir haben ihr die Flasche für 5,00 Euro abgekauft. Sie wollte sie uns
schenken, aber das wollten wir nicht. Nur unter drängen nahm sie unser Geld an.
So konnten wir dieses lukullische Abendessen genügend hinunterspülen. Bevor sie
ging, schenkten wir ihrem Sohn unsere Wasserflasche. Er hat sie dankend
angenommen. Zurück in der Albergue sah ich mir den Fuß ihres zweiten Sohnes an
und besprühte ihn mit Voltaren. Es war ein herrlicher Abend in dem Lokal
gewesen. Die junge Frau hatte sich nochmals bei uns bedankt. In den Tagen davor
hatte sie mit ihren Kindern immer alleine gesessen und konnte sich mit
niemanden unterhalten. Sie hatte die Befürchtung gehabt, dass dies vielleicht
auf dem ganzen Weg so wäre. Wir wünschten ihr eine gute Nacht und für den
morgigen Tag alles Gute. Bettruhe war um 21:30 Uhr.

Obanos — Estella/Lizarra
     
    25 km, 350 m Aufstieg, 330 m
Abstieg
    Dienstag, den 19. April 2011
     
     
    D er Wein
hatte seine Wirkung gezeigt. Nach einer sehr unruhigen Nacht hatte ich mich
verschlafen. Es war schon 7:30 Uhr. Schnell meine Mitpilgerin geweckt und zu
ihrem 53ten Geburtstag gratuliert. Danach haben wir gepackt, uns angezogen und
sind ohne Waschen und Zähneputzen gestartet. Frühstücken wollten wir unterwegs
mit Selbstverpflegung. Schon nach wenigen Kilometer erreichten wir Puente la
Reina. Mit seinen 2.800 Einwohner ein Inbegriff am Camino. In den Ortskern
gelangt man durch die von Herrenhäusern und Schlösschen gesäumte Calle Mayor.
Sehenswert auch die Kirche des Crucifijo, die mit der Pilgerherberge durch
einen gotischen Torbogen verbunden ist. Entstehung und Entwicklung von Puente
la Reina sind eng mit der Namensgebenden, eleganten Brücke aus dem 11.
Jahrhundert verbunden. Anfang des 12. Jahrhunderts verlieh Alfonso der erste,
König von Navarra, der am Río Arga gelegenen Siedlung das Stadtrecht. Immer
mehr Händler und Handwerker, darunter viele Franzosen, ließen sich links und
rechts der Pilgerstraße nieder. Noch heute zieht sich die Calle Mayor
kerzengrade durch die gut erhaltene Altstadt zur Brücke über den Arga. Sie soll
auf Wunsch einer Königin errichtet worden sein. Daher der Name: Brücke der
Königin. Ein herrliches, romanisches Bauwerk mit sechs Gewölben und leicht
gekrümmten Rücken. In der Albergue des Ortes holten wir uns einen Stempel und
verließen den Ort über diese Brücke. Im weiteren Verlauf des Weges

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