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Wir beide nahmen die Muschel

Wir beide nahmen die Muschel

Titel: Wir beide nahmen die Muschel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Hendrix
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führte er
uns in einem kleinen Ort durch einen Torbogen mitten durch ein Haus. Auch dort
bekamen wir einen Stempel ins Credencial. Wir erreichten die erste Weingegend.
Überrascht waren wir über das Aussehen der Rebenstöcke. Kurze knorrige Stöcke
mit einer Höhe von 30-40 Zentimetern. Auch erste Olivenplantagen bekamen wir zu
Gesicht. Ein froher Ausruf von Helga, »schau Mal nach oben.« Auf einem
Fabrikschornstein saß ein Storch in seinem Nest. Unser erster Storch am Camino.
Im weiteren Verlauf sollten wir noch hunderte davon zu sehen bekommen. Wir
hatten uns vorgenommen, heute bis Estella zu gehen. In unserer Landkarte hatten
wir gesehen, dass die gesamte Strecke neben der Autobahn verlief. Im
Pilgerführer stand »leichter Weg«. Uns ist er so leicht nicht vor gekommen, er
hatte manche lange Steigungen. Gesehen haben wir die Autobahn selten, aber sehr
oft gehört. In Cirauqui kauften wir in einem Supermarkt für den Mittag ein. Um
12:30 Uhr machten wir unsere große Pause im Grünen. Wir lebten hier mit der
Natur. Die Vögel begleiten uns auf dem gesamten Weg mit ihrem Gesang. Aus der
Ferne hörten wir täglich den Kuckuck. Am Morgen hatten wir an einem Haus eine
tote Fledermaus gefunden. Um 17:00 Uhr wollten wir eigentlich erschöpft
abbrechen und übernachten. Wir wollten auch in Ruhe in einem Restaurant Helgas
Geburtstag feiern. Aber wie immer in den letzten Tagen stellte sie all ihre
Wünsche mir zum Gefallen zurück. »Komm wir trinken uns eine Cola, gehen dann
weiter, dein Plan war 25 Kilometer und dabei bleibt es«. Wir tranken unsere
Cola und gingen. Welche Freude, als wir kurze Zeit später die beiden älteren
Geschwister überholten, welche am ersten Tag in Orrison übernachten wollten.
Die ältere hatte damals ihren Rucksack so schief hängen. Wie waren wir
geschockt als wir sie von vorne sahen. Die ältere hatte ein schwarzblaues Auge.
Der Bluterguss zog sich weiter über ihre rechte Backe. Der ganze Arm ein
einziger Bluterguss. Die Nase, die Unterlippe und das Kinn voller Schürfwunden.
Wir fragten voller Sorgen wie das passiert wäre? Zuerst hatten sie Glück
gehabt. Sie hatten im Gasthof doch noch ein Zimmer bekommen und brauchten nicht
im Zelt zu übernachten. »Das hätte auch nicht gegangen«, meinte ihre Schwester.
Am nächsten Tag, auf dem steilen Geröllweg hinunter zum Kloster Roncesvalles
war sie ins Rutschen gekommen und voll ins Geröll geschlagen. Der schwere
Rucksack hatte da noch kräftig mitgeholfen. Sie hatte in den letzten Tagen sehr
große Schmerzen gehabt, trotzdem waren sie weiter gegangen. Als wir sie
bedauerten meinte sie nur, »Macht euch um mich keine Sorgen, der Herrgott hat
es gut mit mir gemeint. Mein Gebiss ist ganz geblieben und ich kann essen. Mein
Fuß ist heil geblieben und ich kann weiter laufen. Wir beide kommen nach
Santiago.« Kurze Zeit später haben wir uns mit vielen guten Wünschen von ihnen
verabschiedet. Eine sehr fromme ältere Frau, welche in den letzten beiden Tagen
mit uns in der gleichen Herberge übernachtet hatte wollte heute eine Albergue
anlaufen, welche von behinderten Menschen geführt wurde. Auch ich wollte zuerst
dort hin, hatte aber dann in meinem Pilgerführer gesehen, dass sie erst im Juni
öffnete. Sie war am Morgen dankbar für diesen Hinweis gewesen. Übermüdet kamen
wir in Estella an. Der lange Weg und die Sonne hatten uns ausgelaugt. Estella,
eine Stadt mit 14.000 Einwohnern hatte vier Albergues. Die erste haben wir
angesteuert. Wir konnten einfach nicht mehr. Wir mussten noch eine nicht enden
wollende steile Straße hochgehen. Endlich hatten wir sie erreicht. Wir trafen
vor dem Eingang diese Frau wieder. Sie saß auf einer Bank in der Sonne, hatte
ihre Füße auf einem Stuhl und las in ihrem Pilgerführer. Ich begrüßte sie
freundlich und meinte scherzhaft, »Ich glaube sie haben hier Urlaub?« Sie schaute
mich an und sagte sehr ernst, »Dann wäre ich glücklich.« Dann erzählte sie uns
ihre Geschichte. Sie war genau wie wir eine sehr schlechte Wegesstrecke
gegangen und hingefallen. Dabei war ihr der Fuß umgeschlagen. Nur unter
allergrößten Schmerzen hatte sie sich bis zu einer Straße geschleppt und
versucht ein Auto anzuhalten. Alle waren durchgefahren, manche mit einem großen
Bogen um sie herum. Als sie schon keine Hoffnung mehr hatte, stoppte ein junger
Mann seinen Wagen. Mittlerweile war ihr Fuß schon unförmig angeschwollen. Sie
konnte sich mit ihm nicht verständigen. Er zeigte auf sein Auto und half ihr
hinein. Den

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