Wir beide nahmen die Muschel
Tage und du hast keine Probleme mit Blasen. Jeden
Morgen habe ich meine Füße mit Gehwohl-Creme gut eingerieben, bis heute habe
ich mir noch keine gelaufen. Ich kaufte mir bei der netten Herbergsmutter eine
Flasche Vino Tinto für 3,00 Euro und setzte mich nach draußen in die Sonne, um
an meinem Buch zu schreiben. Weit bin ich dabei nicht gekommen. Viele hatten
die gleiche Idee, man kam ins Gespräch und wir hatten uns sehr viel zu
erzählen. Von den Strapazen des Weges, einige hatten gesehen, wie ein junger
Pilger schwer gestützt war und seine Wallfahrt beenden musste. Manche Pilger
hatten vom Laufen böse Wunden an den Füßen gehabt und hatten sich mit dem Taxi
ins nächste Krankenhaus fahren lassen. Meine Mitpilgerin und ich können dankbar
sein, dass wir bis heute noch keinerlei Probleme hatten. Neben mir saß Alex aus
München. Er war Mitglied der freiwilligen Feuerwehr. Da ich Hauptbrandmeister
in unserer freiwilligen Feuerwehr gewesen war, führten wir fachliche Gespräche.
Er war, wie er mir sagte, glücklich verheiratet und hatte drei Kinder. Er hatte
am Anfang nicht gewusst warum er diesen Weg ging. Er würde jetzt nach einer
Woche Pilgerweg das Leben mit ganz anderen Augen sehen. Er wüsste nun, welch
eine tolle Frau er zuhause hätte, und wie glücklich er auf seine Kinder wäre.
Ihm hätte der Weg jetzt am Anfang schon sehr viel gegeben. Helga kam und setzte
sich zu uns. Wir haben über die Probleme im Leben und in der Familie
gesprochen. Alex war mir sehr dankbar für meine Worte, ebenso war ich ihm sehr
dankbar für seine Ratschläge. Carmelita aus Australien setzte sich zu uns. Zum
Schluss waren wir eine kleine Gruppe von neun Personen. Durch Helgas
Anwesenheit wurde aber alles sehr bald eine sehr lustige Sache. Ein Franzose in
unserer Gruppe hatte Rasterlocken, welche sehr verfilzt waren. Helgas größter
Wunsch waren solche Locken, wie oft hatte sie mir davon vorgeschwärmt. Mal
sehen, vielleicht erfüllt sich mein Wunsch in Burgos, hat sie mir mehrmals
gesagt. Sie tänzelte um diesen jungen Mann herum, so dass alle sehr bald in
lautem Gelächter ausbrachen. Sie hatte ihn nachher so weit, dass er ihr einen
Zopf schenken wollte. Wie im Fluge verging die Zeit. Mein Magen knurrte schon.
Es wurde Zeit, ans Abendessen zu denken. Da das Dorf sehr klein war, mussten
wie nicht lange suchen. Wir fanden ein kleines gemütliches Restaurant. Leider
sprach die Kellnerin kein Wort Englisch. Auf einer Tafel an der Wand stand,
Menü 9,50 Euro. Einiges stand darauf in Spanisch geschrieben, leider wussten wir
nicht was es war. Wir haben einfach Menü und Wein bestellt. Uns wurden fünf
winzige Hähnchenflügel mit etwas Salat und wenigen Pommes und eine Flasche Vino
Tinto serviert. Danach kam nichts mehr. Unter einem Menü stellte ich mir etwas
anderes vor. Von dieser Portion hätte ich vier essen müssen um satt zu werden.
»Heinz hast du auch noch Hunger, das kann doch wohl nicht sein, dass wir sonst
nichts bekommen. Schau mal es gibt hier auch Paella.« Also zwei Mal Paella
nachbestellt. Auch das waren kleine Portionen. Voller Ärger ließ ich mir die
Rechnung geben, satte 39,00 Euro. Zwei Mal Menü 19,00 Euro, eine Flasche Wein
4,00 Euro, zwei Paella 16,00 Euro, zusammen 39,00 Euro. Man hatte uns wieder
einmal schön übers Ohr gehauen, aber was will man machen, wenn man die
Landessprache nicht spricht. In einer Pommesbude in Deutschland hätten wir
dafür weniger bezahlt. Nun aber rasch ins Bett. Hoffentlich heute ohne
Rhinozerosse. Sehr bald waren wir eingeschlafen.
Ventosa — Azofra
16,4 km, 90 m Aufstieg, 190 m
Abstieg
Ostersonntag, den 24. April
2011
A m Morgen
klingelte in meiner Nähe ein Handy, ein schneller Blick auf meine Armbanduhr,
ich hatte mich wieder verschlafen, sogar die klassische Musik hatte ich
überhört. Es war schon 6:30 Uhr. Fast alle Pilger waren schon unterwegs. Beim
aufstehen stieß ich mir den Kopf am oberen Drahtgestell und holte mir eine
blutende Beule. Manche offene Federn waren messerscharf in fast allen
Albergues. Schnell tat ich ein Pflaster drauf, meine Kappe wird schon alles
verdecken. Meine Mitpilgerin war schon aufgestanden. Raus nach draußen in die
Waschküche. Leider regnete es stark und ich musste mir zuerst den Anorak holen.
Nun aber schnell rüber. Alle meine Sachen waren getrocknet. Die Herbergsmutter
hatte für Durchzug gesorgt und ich konnte alles in den Rucksack packen. Hatte
der Tag doch noch etwas Gutes für mich. Verdammt es regnete sehr
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