Wir beide nahmen die Muschel
wir ein Stück Geröllweg zu überwinden. In der Mitte gab es eine
Vertiefung, wie bei einem Bachbett. Wie mag wohl gestern das Wasser dort
durchgeschossen sein? Die armen Pilger, welche dort unterwegs waren. Vor uns
ein sehr aufgeweichter Feldweg. Er ist durch die Traktoren der Landwirte und
dem vielen Regen fast nicht begehbar. So etwas hatten wir bis jetzt noch nicht
erlebt. Morast, dass man mit den Schuhen fast darin versank. Aber das ist unser
Camino, es gibt keine andere Möglichkeit, wir müssen da durch. In ca. zwei
Kilometer Entfernung sehen wir einen Traktor stehen, bis dahin wird sich wohl
nichts ändern. Die Hose zwei Mal umgeschlagen und los. Die ersten hundert Meter
ging es noch. Es kam zum Glück nichts in unsere Schuhe, aber dann wurde es
immer beschwerlicher. Zuerst klebte der Ton unter unseren Schuhen und wir
gingen wie auf Eiern. Dann wurden unsere Schuhe immer breiter. Es war kein
Gehen mehr. Wir haben versucht ins Kornfeld auszuweichen, da war es noch
schlimmer. Der Boden war weich wie in einem Sumpfgebiet. Hinter uns kamen drei
junge Engländerinnen. Sie amüsierten sich köstlich über diesen schlechten Weg.
Fast eine Stunde haben wir bis zum Traktor gebraucht. Auch der Landwirt war
unterwegs um Weinbergschnecken zu sammeln. Wir hatten es noch nicht geschafft,
ein weiterer Kilometer lag noch vor uns. Wir haben danach versucht unsere
Schuhe zu säubern, es war einfach nicht möglich. Mit dem Taschenmesser haben
wir das Schlimmste weggeschnitten. Wir waren so fertig, als wären wir acht
Stunden gegangen. Zum Glück ist es trocken geblieben, unsere gute Laune hatten
wir nicht verloren. Leider gab es heute kein trockenes Plätzchen, wo wir unsere
Pause verbringen konnten. Alles ging nur im Stehen. Wir konnten noch nicht mal
unseren Rucksack ausziehen. Wenige Pilger haben wir heute gesehen. Die Woche
Schulferien in Spanien ist vorbei und der Pilgerweg ich leerer geworden. Die
Heuschrecken müssen wieder arbeiten oder zur Schule gehen. Wir kamen nach
Cirinuela, der Weg durch den Ort war sehr ansteigend. Auf halber Höhe besuchten
wir die Dorfkirche. Ein wunderschönes Gotteshaus mit einem herrlichen Altar.
Helga hat eine gute Altstimme, ich singe in diesem Jahr schon 50 Jahre im
Männerchor »Parabel« im zweiten Bass. In dieser schönen Kirche sangen wir beide
aus vollem Herzen das Halleluja, unseren liturgischer Freudengesang an diesem
Tag. Alle Pilger in der Kirche blieben stehen und hörten uns zu. Ein
französischer Pilger kam später zu mir und sagte, es wäre für ihn sehr
ergreifend gewesen. Kurz nach zwölf Uhr kamen wir in Santo Domingo de la
Calzada in der Stadt des Hühnerwunders an. Am Ortseingang haben wir uns mit
Cola, Wein, Brot, Käse, Wurst und Süßigkeiten für heute und morgen eingedeckt.
Diese Stadt hat 6.700 Einwohner und zählt zu den prominentesten Orten am
Jakobsweg. Seine Gründung hat der Ort Domingo de Viloria zu verdanken. Er wurde
1019 in Viloria bei Belorado als Sohn einer adeligen Familie geboren. Da ihm
der Eintritt in ein Benediktinerkloster verweigert wurde, begann er sich dem
Ausbau des Jakobswegs zu widmen. Er rodete das damals dicht bewaldete Gebiet um
den Río Oja, erbaute die Brücke und befestigte die Straße (Calzada), die bis
heute das lang gestreckte Stadtbild prägt. Er gründete eine Herberge und ein
Hospiz und betreute selbst kranke Pilger. Auch kümmerte er sich um die
Begräbnisse der Pilger. Dank seines großen Charismas nahm er Kleriker, Adlige
und die Bevölkerung gleichermaßen für sein Werk ein. Schon kurz nach seinem
Tode 1109 wurde Domingo heiliggesprochen. Zum übernachten hatten wir uns die
Traditionsalbergue Casa del Santo ausgesucht. Sie hat 158 Betten auf zwei
Etagen. Auf unserer Etage gab es sechs Waschbecken und Duschen mit
Seifenspender, ebenso sechs Toiletten, alles vom feinsten und das alles gegen
eine Spende. Wir duschten schnell, damit der Caminoduft weg ist und haben die
Wäsche gewaschen. Danach versuchte ich unsere Schuhe zu säubern. Leider ist
diese tonhaltige Erde so hartnäckig, das wir daran noch einige Tage Freude
hatten. Nun wird es aber Zeit für das viel zu späte Mittagessen. Unsere
asiatischen Pilger kochen eine Gemüsesuppe mit herrlichen Gewürzen, es riecht
fantastisch. Da kann man doch gleich neidisch werden. Wir hatten uns einen
Würfel Hühnerbrühe gekauft und kochten darin unser Gemüse, auch wir waren sehr
zufrieden. Helga machte ihren Mittagsschlaf und ich schrieb im Garten in der
Sonne, welche uns
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