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Wir beide nahmen die Muschel

Wir beide nahmen die Muschel

Titel: Wir beide nahmen die Muschel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Hendrix
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stark,
hoffentlich nicht den ganzen Tag. Alles raus aus dem Rucksack und nachgesehen
ob auch alles in Plastiktüten verpackt ist. Nicht auszudenken wenn unsere
Rückflugtickets sich in der Nässe auflösen. Schnell wieder eingepackt und nach
Helgas Schlafsack gesehen. Der wurde feste eingerollt und in ihrem Rucksack
getan. Ein großes Stück schaute noch raus, er war einfach zu groß. Helga trat
ihn mit den Füßen hinein. Hoffentlich hält ihr Rucksack das zehn Wochen aus? Ab
in die Küche und unser Frühstück zubereiten. Wie üblich Stangenbrot, Salami und
Wasser. Alles fertig, die Regenhülle über den Rucksack und diesen auf den
Rücken gepackt. Verflixt da lag meine Trekkinghose noch oben auf dem oberen
Bett. Alles wieder runter, Rucksack auf und hinein damit. Helga schüttelte
wortlos mit dem Kopf. Diese Vergesslichkeit, mit der Zeit wurde sie bei mir
immer schlimmer. Im Pilgerführer hatte ich gelesen, dass es in Azofra eine
herrliche Albergue geben würde, nur 16,4 km, eigentlich etwas wenig für eine
Tagesstrecke. Mal sehen wie beschwerlich der Weg heute wird. Erst beim anziehen
unser Wanderschuhe stellten wir fest, dass wir Ostern hatten. Die
Herbergsmutter hatte uns in jedem Schuh ein Schokoladenosterei gelegt, wir
haben uns sehr darüber gefreut und uns dafür bei ihr bedankt. Es war eine sehr
nette Geste von ihr. In den beiden letzten Tagen hatte uns mehrmals ein gut
aussehender Mann überholt, Helga war da jedes Mal ins Schwärmen geraten. Jetzt
wurde er von zwei Frauen gestützt die Treppe hinunter geleitet. Er war schwer
gestürzt. Für ihn war die Wallfahrt beendet. Draußen stand ein Taxi, welches
ihn ins nächste Krankenhaus fuhr. Wir waren sehr geschockt! Nun aber los, es
war draußen lausig kalt. Wir waren noch nicht ganz raus aus dem Ort da fing die
Schlammschlacht schon an. Die rote Pampe war mehr als knöcheltief. Zum Glück
waren unsere Schuhe absolut wasserdicht. Nun machte es sich bezahlt, dass wir
uns eine sehr gute Qualität von Lowa gekauft hatten. Bei mehr als tausend
Kilometer an den Füßen zu sparen wäre der größte Fehler gewesen. Bald ging es
hinauf zum Alto de San Antón und parallel zur Landstraße weiter durch die
Weinberge. Bald war in der Ferne die rote Felswand hinter Nájera zu erkennen.
An einer Kiesfabrik vorbei leitete uns unsere Markierung wieder zur N 120 in
die Neustadt. Wir durchqueren sie ganz, um zur Altstadt von Nájera am anderen
Ufer des Río Najerilla zu gelangen. In einer Kirche läutete es zum Ostergottesdienst.
Die Kirche war von innen in der Länge durch ein großes Schmiedegitter in zwei
Hälften getrennt. Der Gottesdienst hatte bei unserem Eintreffen gerade begonnen
und fand in der linken Hälfte statt. Es gab dort keinen freien Platz mehr für uns.
Auch mussten wir noch unsere Rucksäcke ausziehen. Wir setzten uns in der
letzten Bank der rechten Hälfte mit Blick auf einen sehr schönen Hochaltar.
Leider war unsere Hälfte unbeleuchtet und wir saßen mit dem Rücken zum
Geschehen. Wir konnten den genauen Verlauf der Messe nicht verfolgen. Wandlung
und Kommunion konnten wir nicht erkennen. Plötzlich ging der Priester mit
seinem Kelch an uns vorbei zur gegenüberliegenden Sakristei. Die Messe war aus,
wie gerne wären wir heute zur Kommunion gegangen. Wir zogen uns unsere
Rucksäcke an und warteten bis der letzte Gläubige die Kirche verlassen hatte.
Viele Ordensschwestern waren in der Kirche gewesen. Sehr enttäuscht waren wir,
dass nicht einer der Gläubigen uns ein frohes Osterfest gewünscht hatte. Ich
denke das hätte es bei uns nicht gegeben. Wir waren durch unsere Muschel am
Rucksack als Santiagopilger zu erkennen. Jeder wusste, dass noch 600 schwere
Kilometer Weg vor uns lagen. Wir hatten gedacht, dass wenigstens eine
Ordensschwester oder sonst jemand sich unserer erbarmt hätte? Am Ortsausgang
hatten wir den Weg verloren und wussten nicht weiter. Bei diesem starken Regen
schaut man fast nur nach unten, um den Regen nicht ins Gesicht zu bekommen, da
kann man schnell mal ein Zeichen übersehen. Ein sehr freundlicher älterer Herr
führte uns so lange im Regen durch den Ort, bis wir uns wieder orientieren
konnten. Er war für uns zum Osterfest ein barmherziger Samariter. Total nass
von außen und innen trafen wir am frühen Nachmittag in Azofra ein und hatten
Glück. Ein kleines Geschäft hatte geöffnet und wir konnten uns mit Lebensmittel
und einer Flasche Wein zu einem sehr günstigen Preis eindecken. Wir hatten seit
dem Morgen nichts mehr

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