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Wir beide nahmen die Muschel

Wir beide nahmen die Muschel

Titel: Wir beide nahmen die Muschel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Hendrix
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haben können. Punkt 13:00 Uhr kam der
Leiter der Albergue und setzte sich an den Tisch, Er machte einen sehr sympathischen
Eindruck. Auf ein Zeichen von ihm verteilten zwei junge Männer an alle Pilger
Orangensaft. Die Ersten hatte er in seinem Buch eingetragen, bekamen den
Stempel in ihren Pilgerausweis und sie bekamen ihre Betten zugewiesen. Leider
war Helga noch immer zum Duschen. Wenn das nur gut geht. Jeder muss persönlich
mit seinem Pass um Aufnahme bitten. Es ging zügig voran. Nun waren die beiden
Pilgerinnen vor mir an der Reihe. Im allerletzten Moment kam meine Partnerin.
In den Duschen war Hochbetrieb gewesen und sie hatte warten müssen. Wir waren
die Nächsten und setzten uns zum Hospitalero an den Tisch. Er war sehr
freundlich und fragte uns, wo wir unseren Pilgerweg begonnen hätten. An seiner
Aussprache konnten wir hören, dass er ein Schweizer war. Er trug uns in seinem
Buch ein. Plötzlich eine große Aufregung. Ein alter Mann wird zu seinem Tisch
geführt, er war schneeweiß im Gesicht. Ihm schien es nicht besonders gut zu
gehen. Der Hospitalero winkte, dass er durchgehen sollte. Kurz vor der
Eingangstür brach er zusammen, knallte auf die Erde und war bewusstlos.
Hoffentlich ist das gut gegangen, es war ein sehr böser Fall. Ich wollte schon
aufspringen um zu helfen, aber es war nicht nötig. Die beiden Frauen, welche
vor uns gestanden hatten und noch zwei andere haben sich fachmännisch um ihn
gekümmert. Eine hielt seine Beine hoch, die andere holte einen Stuhl um seine
Beine hoch zu lagern. Eine fühlte den Puls, eine andere stützte seinen Kopf
etwas. Sie machten eine sehr fachmännische Erste Hilfe. Er war nach kurzer Zeit
auch wieder ansprechbar und wurde ins Haus geführt. Im Nachhinein erfuhr ich,
dass er am Morgen ohne Frühstück losgegangen war und auch den ganzen Tag nichts
getrunken hatte. Gegen Altersstarrsinn gibt es leider keine Medikamente. Erst
heute waren wir an drei Kreuzen vorbeigekommen, wo Pilger verstorben waren.
Einer kam aus Amerika, der Zweite war der Radfahrer aus Deutschland und den
Dritten konnten wir nicht zuordnen, weil die Schrift unleserlich war. Uns wurde
ein Vierbettenzimmer zugewiesen. Heute muss ich zum ersten Mal in sechs Wochen
oben schlafen, mal sehen wie ich da hochkomme. Helga bekam einen Schrecken, im
Bett unter mir liegt der alte Mann. »Heinz hier bleibe ich nicht, der stirbt
uns diese Nacht, das tue ich mir nicht an.« »Helga nun sei wenigstens du
vernünftig, so leicht stirbt es sich nicht. Wenn der heute Abend etwas
Vernünftiges gegessen hat ist der wieder topp-fit.« Sie legte sich hin und ich
erkundigte das Haus. Die Duschen für Männer und Frauen waren im gleichen Raum.
Für mich kein Problem. Dies hatten wir bei 70 Prozent der Albergues. Müssen
aber dann die Urinbecken neben den Frauenkabinen sein? Die Sanitäranlage ist
uralt. Helga hatte mir von den komfortablen Duschen hinter der Kapelle
vorgeschwärmt. Ich packte meine Sachen in eine Tragetasche und machte mich auf
den Weg. Zuerst einen Blick in die Kapelle. Sie ist zu jeder Zeit geöffnet und
ich bin in ihr allein. Ich setzte mich auf eine Bank und meine Gedanken gehen
sechs Wochen zurück. An dem Tag als wir in Saint-Jean-Pied-de-Port gestartet
waren. Wie schwer war uns der erste Tag bis hoch in den Pyrenäen gefallen? Wie
viele Menschen haben wir in dieser Zeit kennen gelernt? Wie viele gute bekannte
Pilger hatten einen Unfall gehabt und mussten abbrechen? Wie oft hatten wir uns
unnötig auf unseren Weg gestritten wegen Nichtigkeiten? Wie viele schöne Sachen
hatten wir gemeinsam erlebt? Wie dankbar war ich, so eine Gefährtin zu haben wo
ich mich immer und zu jeder Zeit hundert Prozent drauf verlassen konnte. Ich
hatte viel zu viel wofür ich meinem Herrgott Dank sagen konnte. Auf einem Tisch
lagen Zettel in vielen Sprachen für die tägliche Abendandacht. Ich habe sie mir
durchgelesen. Es war ein sehr gefühlsvoller Text für Menschen, welche diesen
langen Weg zum Grab des Hl. Apostel Jakobus gehen. Zum Schluss dieser Andacht
wird dann von allen das Vater unser in vielen Sprachen gesprochen. Nun aber ab
zum Duschen. Es war wie Helga mir vorgeschwärmt hatte, alles neu und vom
feinsten. Rasieren, Zähne putzen und duschen, ein neuer Mensch war geboren.
Hinter dem Anbau viele Leinen zum Wäschetrocknen. Zurück ins Haus alle
schmutzige Wäsche mitgenommen und gewaschen und aufgehängt. Als ich zurück ins
Zimmer kam, klagte Helga über großen Hunger. Sie hatte Recht, wir hatten

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