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Wir - die Unsterblichen

Wir - die Unsterblichen

Titel: Wir - die Unsterblichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clark Darlton
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er scharf nachdachte. Diesmal jedoch schien er zu keinem greifbaren Ergebnis zu gelangen, denn resigniert zuckte er die Schultern, ehe er damit begann, das Gras der Lichtung nach Spuren abzusuchen. Unmittelbar neben dem Platz, an dem er gesessen hatte, sah er etwas auf dem Boden liegen. Er bückte sich und hob es auf. Ich sah, daß er den Gegenstand verblüfft betrachtete.
    Neugierig stand ich auf und erkannte den Gegenstand.
    Sein Messer aus Iridiumstahl! Er trug es immer bei sich, wenn er auf Reisen war.
    Was konnte daran nur so erstaunlich sein …?
    »Interessant«, murmelte er. »Iridium also …!«
    »Was ist, Vati? Hast du eine Ahnung …?«
    Sein Blick ging durch mich hindurch.
    »Nein … nein, mein Kind. Es ist noch zu früh, Vermutungen anzustellen. Immerhin … Iridium!« Gleichsam erwachend sah er sich um, als begriffe er erst jetzt, daß etwas Unerklärliches mit uns geschehen war. Dabei wog er das Messer nachdenklich in seiner Hand. »Besser als gar nichts, Annette. Ilse, wenn du die Kinder beruhigt hast, zieh sie an – die breiten Blätter hier, drüben die Lianen. Zu einem Lendenschurz reicht das bestimmt.«
    Nach etwa einer Stunde waren wir alle »eingekleidet« und folgten meinem Vater auf einem schmalen Wildpfad, den er von allen gröberen Hindernissen zu befreien suchte.
    Erst jetzt fiel mir auf, was mich an der Landschaft so befremdete: Es schien keine Tiere zu geben. Nicht das leiseste Rascheln war im Gras, kein Vogelruf drang aus den Wipfeln der riesenhaften Urwaldbäume. Alles war still und unheimlich ruhig.
    Um so mehr erschrak ich, als Vater plötzlich stehenblieb und den Zeigefinger auf die Lippen legte. Atemlos lauschten wir nach allen Seiten.
    Nichts!
    Oder doch …?
    »Was ist?« flüsterte meine Mutter unwillkürlich.
    Einen Augenblick lauschte mein Vater noch, dann schüttelte er sich, als sei es ihm kalt über den Rücken gelaufen.
    »Ich weiß es nicht … wirklich nicht. Ich hatte das Gefühl, von unsichtbaren Augen angestarrt zu werden – aber das ist ja Wahnsinn! Machen wir lieber, daß wir weiterkommen.«
    Nach einer Stunde etwa erreichten wir eine größere Lichtung. Wir zögerten einen Moment, aber dann verließen wir die Deckung des Unterholzes, um uns umzusehen. Es war mehr ein Talkessel. Im Hintergrund erblickten wir eine Felsengruppe.
    Und dann spürten wir es alle :
    Wir waren nicht allein!
    Hunderte von Menschen schienen es zu sein, die uns anstarrten und drohend näher kamen, aber es war niemand zu sehen. Wir fühlten ihre neugierigen Blicke wie körperliche Berührungen …
    Da …!
    Etwas hatte mich gestreift, wie ein Hauch nur, aber ohne jeden Zweifel. Etwas Unsichtbares, nicht Greifbares. Etwas, das nicht Materie sein konnte.
    Wir wandten uns um, die Kinder an der Hand, und wollten zurück in den Dschungel fliehen. Doch so sehr wir uns auch bemühten, so schnell wir auch zu laufen schienen, es war, als versuchten wir, gegen ein Meer von Sirup anzuschwimmen. Eine zähe, unsichtbare Mauer versperrte uns den Fluchtweg.
    Diese Mauer schien aus Gedanken zu bestehen, aus bösen, drohenden Gedanken. Wir wußten plötzlich, daß man uns zu etwas zwingen wollte, aber wir wußten nicht, wozu.
    Immer enger schloß sich die Gedankenmauer um uns, von allen Seiten – und sogar von oben.
    In einer Richtung jedoch wurde sie wieder schwächer, durchlässiger – nämlich in Richtung der Felsgruppe. Damit war die Absicht klar: man wollte, daß wir dorthin gingen.
    Resigniert gaben wir den Widerstand auf und ließen uns regelrecht auf die Felsen zuschieben. Als wir die Lichtung überquert hatten, standen wir vor der grünen Wand des Dschungels, der sich bis zur halben Höhe an den Felsen hochzog. Was nun? Die Welt schien hier zu Ende zu sein.
    Aber dann entdeckten wir in dem grünen Gewirr die Lücke.
    Und in dieser Lücke stand ein hölzerner Käfig, so klein und eng, daß nur ein oder zwei Menschen Platz in ihm hätten finden können. Unwillkürlich mußte ich an eine Aufzugskabine denken.
    Die mentalen Befehle begannen wie eine Last zu drücken. Wir stemmten uns gegen sie, verzweifelt – und vergebens. Voller Entsetzen sah ich meinen Vater, Mike an der Hand, mit steifen Schritten die Kabine betreten.
    Ich wollte schreien, rufen, betteln – aber kein Laut kam über meine Lippen. Ich blieb stumm und hilflos.
    Halb irrsinnig vor Angst mußte ich zusehen, wie mein Vater und Mike, kaum daß sie den Käfig betreten hatten, spurlos verschwanden, sich einfach in Nichts

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