Wir - die Unsterblichen
gegenüber.
»Liebe Miranda, es dauert ja nur ein paar Wochen, und vergiß nicht die Vorteile, die wir davon haben. Beförderung, Sonderprämien, mehr Gehalt, und …«, meine Stimme wurde eindringlicher, fast beschwörend, »… mehr Urlaub für uns beide!«
»Urlaub!« Sie begann wieder zu heulen, diesmal wirklich herzerweichend. »Was haben wir von dem Urlaub, wenn man uns trennt? Ich liebe dich doch so …«
»Nun hör mal gut zu!« Ich begann, die Geduld zu verlieren. Es ist schrecklich schwer, Frauen mit Logik zu überzeugen. »Siebzehn Jahre lang hat man darauf Rücksicht genommen, daß wir immer zusammenbleiben wollen, aber nun geht es nicht länger. Ich muß diesen Auftrag annehmen, oder sie werfen mich raus! Hast du das begriffen?
Man kann nicht immer dieselben Leute schicken, und wir haben nicht nur Junggesellen in der Verwaltung. Um es kurz zu machen: ich habe keine andere Wahl.« Ich schloß die Augen, denn ich wußte, was nun kam. »Im übrigen habe ich bereits zugesagt.«
Der erwartete Zusammenbruch blieb aus. Miranda starrte mich nur aus tränengeröteten Augen an, als sei ich ein Geist. Dann nickte sie gefaßt und sagte:
»So, hast du das? Dann muß ich mich wohl damit abfinden. Wann reist du?«
Das war mir nun auch wieder nicht recht. Ich hatte zumindest erwartet, daß sie mir um den Hals fiel und sich an meiner Brust ausweinte, statt dessen tat sie auf einmal so, als sei sie froh, mich für einige Zeit loszuwerden.
Da stimmte doch etwas nicht …!
»In zwei Wochen. Wir haben also noch Zeit, Abschied zu nehmen. Und nun wollen wir von etwas anderem reden, Liebling …«
Wir redeten wirklich von etwas anderem.
Ich mußte ihr erklären, wo sie die Sonne des Planeten Donald nachts am Himmel stehen sehen konnte.
Als der Patrouillenkreuzer der Kolonialbehörde vier Wochen später auf Donald landete, hatte ich mich bereits an meine Rolle gewöhnt – ein wenig zu sehr, wie mir viel zu spät bewußt wurde. Das Gefühl, über das weitere Schicksal einiger zehntausend Siedler entscheiden zu können, nährte eine tief in meinem Unterbewußtsein verankerte Charaktereigenschaft, die jeder Mensch besitzt. Sie zeigt sich gewöhnlich bei kleinen Angestellten oder Beamten, denen es obliegt, ihre Mitmenschen in dieser oder jener Hinsicht zu kontrollieren und zu entscheiden, ob sie ins nächste Zimmer dürfen oder nicht.
Drei feierlich gekleidete Vertreter der Regierung nahmen mich in Empfang. Sie kümmerten sich um mein Gepäck, ordneten die Entladung des Schiffes an, das Lebensmittel und sonstige Güter für sie brachte, und geleiteten mich dann zur Einwandererzentrale. Natürlich war das nur eine Formsache, aber sie wollten mir wohl zeigen, daß auf Donald alles in Ordnung sei und es keine illegalen Handlungen gab.
»Sie werden sich nach Ruhe und einem Bad sehnen«, sagte der eine der Regierungsvertreter. »Wir haben ein Zimmer für Sie vorbereiten lassen, im besten Hotel der Stadt. Gleich gegenüber ist die Kolonialverwaltung. Sie haben also nicht weit …«
»Danke«, sagte ich zurückhaltend. »Wir werden morgen mit der Arbeit beginnen.« Man mußte sich gleich den nötigen Respekt verschaffen, dachte ich, sonst wickeln sie dich ein. Nur keine Schwäche zeigen. »Bringen Sie mich ins Hotel und sorgen Sie dafür, daß ich morgen rechtzeitig abgeholt werde.«
Sie wechselten Blicke, das sah ich deutlich. Sie mußten vermuten, daß ich ein harter und unbestechlicher Beamter war. Und genau das sollten sie auch.
»Sir, für heute abend ist ein kleiner Empfang beim Regierungschef vorbereitet, zu Ihren Ehren. Wir hoffen, daß Sie erscheinen.«
»Heute abend?« Ich zögerte absichtlich. »Eigentlich wollte ich noch die Akten durchsehen, um morgen in aller Frische Ihre Beschwerde prüfen zu können. Nun ja, wenn Sie unbedingt meinen …«
Ihre Erleichterung war unverkennbar.
Meine auch.
Ich war die wichtigste Persönlichkeit von Donald geworden.
Der Empfang verlief etwa so, wie ich ihn mir vorgestellt hatte. Ich machte einen großartigen Eindruck – wenigstens nahm ich das in meiner Unerfahrenheit an. Die Siedler, ob sie nun der Regierung angehörten oder nicht, waren einfache und naturverbundene Menschen, die kein Blatt vor den Mund nahmen. Sie respektierten allerdings meinen Wunsch, heute nicht über Geschäfte zu reden.
Zu meinem Erstaunen hatten die Herren ihre Damen mitgebracht, und ich begann mich darüber zu wundern, wie diese oft sehr hübschen Frauen auf den Gedanken gekommen
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