Wir Ertrunkenen
richtigen Nachnamen und taufte seine Bande aus der Lærkestræde entsprechend: die Starken.
Anton gefiel diese Entwicklung gar nicht. Er hatte immer gern der Vorreiter sein wollen, doch nun fürchtete er, achteraus zu segeln, wie er es nannte.
Er überredete Knud Erik, Alberts Stiefel zu stehlen, die auf dem Dachboden der Prinsegade standen und darauf warteten, dass jemand die Initiative ergriff und das Museum gründete, für das sie testamentarisch bestimmt waren.
Anton hatte die Idee, eine neue Bande nach Albert zu benennen; sie sollte ausschließlich aus Mitgliedern bestehen, die zu schwören bereit waren, dass sie in ihren Stiefeln sterben würden. Anton probierte sie als Erster, allerdings waren ihm die riesigen und ziemlich ramponierten Seestiefel viel zu groß.
Dennoch fand er sie brauchbar. Er würde sie anziehen, wenn neue Mitglieder der sogenannten Albert-Bande ihren Eid ablegten. Sie sollten sich niederknien und die Stiefelspitzen küssen.
Knud Erik und Vilhjelm gaben zu bedenken, dass kein richtiger Junge so etwas tat, und richtige Jungen würde Anton in seiner Bande brauchen, wenn sie irgendeinen Sinn haben sollte. Sie selbst würden sich im Übrigen auch weigern, es zu tun.
Ihr spontaner Protest überraschte sie selbst.
Schließlich musste Anton nachgeben, und sie beschlossen gemeinsam, dass neue Mitglieder beim Schwur in den Stiefeln zu stehen hätten, statt sie zu küssen. Es war die würdigere Form, das sah sogar Anton ein. Das Herz der Bande sollte der Kopf von James Cook werden. Das war ein Geheimnis, das eine Schar von Jungen wirklich zusammenschweißen konnte.
Es gab nur ein Problem. James Cooks Kopf lag auf dem Meeresgrund.
Helmer, der in der Skovgyde wohnte und Mitglied der Nordbande war, konnte sich die Schmack seines Großvaters leihen. Sie waren zu siebt an Bord, doch nur Vilhjelm und Knud Erik gehörten zu den Eingeweihten. Den Übrigen erklärte Anton, dass sie am Mørkedybet nach einem Schatz tauchen wollten. Er beschrieb die Holzkiste, in der James Cooks Kopf begraben lag. Er verriet nicht, was sich in der Kiste befand. Er sagte nur, dass es nichts für Leute mit schwachen Nerven sei.
Tordenskjold saß neben ihm auf der Ruderbank und schaute sich mit ihren blanken, unergründlichen Möwenaugen um. Ab und zu flog sie hoch hinauf in den Himmel, aus dem sie sich unvermittelt ins Wasser stürzte. Dann kehrte die Möwe zum Boot zurück und ließ sich wieder auf der Ducht nieder. Sie legte den Kopf mit dem scharfen Schnabel in den Nacken, und in ihrer federbedeckten Kehle arbeitete es. Sie war dabei, einen Fisch zu verschlingen, und beachtete uns gar nicht.
«Gut gemacht, Tordenskjold», sagte Anton.
Er sprach mit der Sturmmöwe wie mit einem Hund.
«Hat der Schatz etwas mit den Engländern zu tun?», wollte Olaf wissen, ein großer, kräftiger Junge mit in die Stirn gekämmten Haaren.
«In gewisser Weise», antwortete Anton. «Aber mehr verrate ich nicht.»
Knud Erik und Vilhjelm warfen sich einen Blick zu.
Am Mørkedybet begannen sie zu tauchen. Es war ein wolkenloser Tag Anfang Juni, es herrschte kein Seegang. Sie konnten durch die Wasseroberfläche
weit in die Tiefe hinabblicken, doch den Grund verbarg ein wogender Schleier aus Grün und Dunkelblau. Einer nach dem anderen verschwand im Wasser, und mit jedem Meter, den sie tiefer tauchten, wurde es unmöglicher, irgendetwas zu erkennen. Der Meeresgrund erschien ihnen als ein undurchdringlicher Schatten. Ein Schauder durchfuhr sie, wenn Tang und Seegras ihnen über den Bauch oder die Brust strichen, als hätte das Meer lange, weiche Finger, die versuchten, nach ihnen zu greifen. Eine Kolonie schwebender Quallen leistete ihnen Gesellschaft, eine Scholle schoss plötzlich aus ihrem Versteck. Von einem Schatz war nichts zu sehen. Sie ruderten hin und her, während sie langsam zu frösteln begannen. Am ausdauerndsten war Anton, dessen Lippen jedes Mal zitterten, wenn er wieder an die Wasseroberfläche kam.
Tordenskjold war aufgeflogen und schwebte hoch oben unter dem blauen Himmel, als ob sie auf die Jungen aufpasste.
Es war ein hoffnungsloses Unterfangen, und sie verstanden nicht, wie sie jemals hatten glauben können, den Kopf von James Cook auf dem Meeresgrund zu finden. Allmählich verloren sie nicht nur den Mut, ihnen ging auch der Atem aus, und sie begannen zu frieren. Die Sonne schien, aber das Meer hatte seine sommerliche Temperatur noch nicht erreicht.
Der Einzige, der nicht vor Kälte bebte, war Helmer. Er saß auf
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