Wir fangen gerade erst an: Roman (German Edition)
wurde er einfach nicht fertig. In einem hübschen, gut sitzenden Kostüm mit passendem Schal und Schuhen kam sie ins Vernehmungszimmer. Die ganze Zeit lächelte sie entgegenkommend und versicherte, dass sie das Geld nicht gesehen habe, aber dass sie alles tun werde, um ihm zu helfen. Wenn sie auch nur das Geringste sähe oder hörte, das ihr verdächtig vorkäme, würde sie sofort mit ihm Kontakt aufnehmen. Wahrscheinlich lachte sie ihn hinter seinem Rücken aus. Schließlich hatte sein Chef beschlossen, sie alle überwachen zu lassen. Petterson nahm an, dass die Senioren zu einer kriminellen Vereinigung gehörten und dass die Polizei ihre geheimen Verbindungen früher oder später aufdecken würden. Normalerweise benutzten Kriminelle für solche Aufgaben Sozialhilfeempfänger oder Alkoholiker, aber vielleicht war das mit den Senioren ein neuer Trend. Kommissar Lönnberg sah auf seinen Hamburger, überlegte kurz und stopfte sich dann den Rest auf einmal in den Mund. Ein Klecks Mayonnaise und ein Salatblatt fielen auf seine Hose. Er fluchte, nahm sein Taschentuch und wischte alles hinunter auf den Boden. Dann drehte er sich zu Strömbeck um.
»Du, diese Seniorengang, was für Kontakte könnten die denn in die Unterwelt haben?«
»Keine Ahnung, mit wem die zusammenarbeiten. Aber auf den Bilderraub waren sie ziemlich stolz.«
»Meine Güte, ich verliere langsam die Lust. Jemanden mit Rollator zu überwachen …« Lönnberg versuchte, ein Salatblatt, das sich zwischen seinen Zähnen verklemmt hatte, loszuwerden.
»Deshalb hat der Chef die Fahndung ›Operation Deckmantel‹ getauft. Er meinte, keiner darf merken, was wir hier tun.«
»Richtige Verbrecher sind irgendwie was Handfestes«, sagte Lönnberg.
»Da muss man sich wirklich ins Zeug legen. Aber hier. In den vergangenen Tagen sind wir ihnen fünfmal zur Fußpflege hinterhergefahren.«
»Und zur Lesung in die Bibliothek.«
»Vergiss nicht die Wassergymnastik und die Gottesdienste.«
»Aber wenn sie sich nun heimlich mit jemandem treffen. Wir müssen bei der Fahndung wirklich auf alles gefasst sein«, sagte Lönnberg.
»Aber was hast du dir gedacht, als du das volle Einsatzkommando zur Massage geordert hast? Die Wagen fuhren zu Eros Rosenmassage , obwohl es nur um Iris Rosentherapie und eine Nackenverspannung ging. Nächstes Mal fahren wir wohl dorthin wegen Kuppelei.«
»Aber …« Er verstummte. Märtha Anderson und ihre zwei Freundinnen waren soeben aus dem Altersheim gekommen, in Begleitung der beiden Herren. Sie blieben auf dem Fußweg stehen und sahen aus, als warteten sie auf etwas. Er knuffte seinen Kollegen in die Seite.
»Schau mal, Strömbeck. Da läuft ein krummes Ding. Ich hab’s im Urin.«
»Letztes Mal waren sie im Nordiska Kompaniet-Kaufhaus und haben Tee getrunken, dann fuhren sie mit Rosen in der Hand zum Waldfriedhof, und danach war es wieder Zeit für die übliche Fußmassage. Was, meinst du, haben sie sich heute Verdächtiges ausgedacht?«
Ein grüner Sprinter kam näher, fuhr langsamer und hielt geradewegs vor dem Haus Diamant. Ein blonder Mann, um die fünfzig, sprang aus dem Wagen, öffnete die hintere Tür und ließ die Rampe herunter. Die drei Damen schoben mit ihren Rollatoren hinein, dann gingen die Herren hinterher.
»Fünf ältere Herrschaften besteigen einen Sprinter. Jetzt, Lönnberg, jetzt haben wir sie. Bestimmt rauben sie jetzt eine Bank aus«, sagte Strömbeck.
Lönnberg tat so, als hätte er Strömbecks ironischen Unterton nicht gehört, sondern legte die Hände ans Steuer. Als der Chauffeur die Rampe wieder hochgefahren, die Türen geschlossen hatte und auf den Fahrersitz gesprungen war, griff Strömbeck zum Fernglas.
»Jetzt fahren sie los. Hinterher!«
»Okay, du bestimmst.«
»Aber fahr vorsichtig, dass wir nicht auffallen.«
»Ja, logisch. Ohne Blaulicht.«
Der grüne Sprinter schaukelte über die Straßen, während die Scheibenwischer auf höchster Stufe arbeiteten. Die fünf hatten den Wagen Grüne Gefahr getauft und waren sehr zufrieden. Nur Märtha war nicht so gut drauf. Sie hatte nämlich beim Rückwärtsfahren ein geparktes Behindertenfahrzeug vor dem Haus Diamant touchiert, worauf ein gewisser Tumult entstanden war. Nach diversen diplomatischen Anstrengungen hatte Stina vorgeschlagen, lieber Anders als Chauffeur einzuspannen, und die anderen hatten so lange auf sie eingeredet, bis Märtha schließlich den Schlüssel übergab. Und wenn sie ehrlich war, war sie über diese Lösung auch ganz
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