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Wir fangen gerade erst an: Roman (German Edition)

Wir fangen gerade erst an: Roman (German Edition)

Titel: Wir fangen gerade erst an: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catharina Ingelman-Sundberg
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Essen. Nicht nur Versprechungen und Gerede. Uns können Sie nicht hinters Licht führen«, sagte Henrik, 93 Jahre alt, und hob den Stinkefinger. Schwester Barbro ging zurück ins Büro. Da war es einfach ruhiger.
     
    »Wisst ihr was, sie hält es bald nicht mehr bei uns aus«, sagte Märtha eine Woche später, als sie Barbros Absätze im Flur hörte. »Sogar Dolores keift sie an.«
    »Lass die Ziege doch. Solange es hier so chaotisch ist, kümmert sie sich einen Dreck darum, was wir im Schilde führen«, sagte Snille und legte den Pinsel beiseite. Wie auch die anderen hatte er angefangen zu malen und ging richtig darin auf. Halbfertige Leinwände standen an der Wand, und überall hatte er Farbe auf den Boden gespritzt. Er lehnte sich zurück und betrachtete sein Werk. Die Leinwand war mit dicken Schichten Farbe bedeckt und sah sehr modernistisch aus. »Ach, es macht so einen Spaß«, sagte er. »Schade, dass ich nicht schon viel früher damit begonnen habe.«
    »Allerdings riecht alles nach Ölfarbe. Gibt es denn nichts anderes?«, fragte Märtha.
    »Nicht für unsere Zwecke«, sagte Stina. »Mit Öl hat man viele Möglichkeiten. Ich habe Barbro erzählt, dass wir unsere kleine Künstlergruppe Seniorenpower genannt haben. Sie gab keine Antwort, sie hat nur die Augen verdreht.«
    »Übrigens, habt ihr mitbekommen, sie hat die Ration auf drei Tassen Kaffee pro Tag erhöht«, warf Anna-Greta ein.
    »Wirklich? Sie versucht offenbar, sich mit uns gutzustellen. Na ja, bald kann sie uns den Buckel runterrutschen. Jetzt geht es los«, sagte Kratze.
    »Mit dem Sprinter«, sagte Märtha. »Traumhaft, wir können darin Bilder, Postsäcke und ganze Geldautomaten verstauen, wenn es nötig ist.«
    »Und die Rollatoren!«
    Märtha und Snille sahen sich an und lächelten. Mit jedem neuen Abenteuer, das sie ausheckten, ging es ihnen besser. Und was sie am meisten reizte, waren die Herausforderungen. Sie konnten jeden Tag zuschlagen.

70
    »So hatten wir uns das nicht vorgestellt, als wir unsere Bewerbung an der Polizeihochschule eingereicht haben, oder?« Kommissar Lönnberg biss kraftvoll in seinen Hamburger und sah durch die Windschutzscheibe. Es regnete, wie jeden Tag in den vergangenen Wochen. Eine Tomatenscheibe war ihm auf die Hose gekleckert, und er wischte sie zur Seite, so dass sie auf den Boden fiel. »Jetzt sitzen wir seit Tagen vor diesem blöden Altersheim, und nichts passiert, gar nichts.«
    »Wenn ich mich recht erinnere, warst du derjenige, der die Idee hatte, sie zu beschatten. Alte Leute in einem Seniorenheim …«
    »Nicht ich. Das war eine Anweisung von oben. Eine von Pettersons glänzenden Ideen. Im Übrigen stinkst du nach Snus. Kannst du nicht mal eine andere Marke ausprobieren?« Lönnberg machte den Mund wieder auf, und dieses Mal fielen ein paar Gurkenscheiben auf den Sitz. Er fegte auch sie nach unten und warf Strömbeck einen missmutigen Blick zu. Der Mensch schien nie etwas essen zu müssen, er lebte vom Nikotin. Snus und Nikotinkaugummi, mehr nicht. Auf der anderen Seite war es früher noch viel schlimmer gewesen, als er Zigaretten geraucht hatte. Da hatte er richtig gestunken. Aber Kommissar Lönnberg mochte Strömbeck trotzdem, er war ein feiner Kerl. Er war verheiratet und hatte zwei Kinder, und wenn er zu Hause war, half er bei allem mit. Er gehörte zu dieser neuen Männergeneration, die Windeln wechselten und Essen kochten. Er selbst war noch nach der Devise aufgezogen worden, dass die Männer das Sagen haben. Die Frauen sollten zu Hause bleiben, Kinder kriegen und den Mann bedienen. Warum hatte man das geändert? Immer wenn er von seinen Flammen verlangt hatte, Hausfrau zu werden, hatte es in der Beziehung angefangen zu kriseln. Jetzt hatte er die Sache mit der Ehe längst aufgegeben und fühlte sich pudelwohl mit seinem Leben, seinem Garten und seinen Büchern. In erster Linie lebte er für seine Arbeit, und deshalb fand er es so ärgerlich, hier zu sitzen und diese Alten zu überwachen. Er kam da nicht weiter und wusste überhaupt nicht, was er in dieser Situation anstellen sollte. Aber da die Alten ihn möglicherweise zu dem verschwundenen Geld führen konnten, durfte er nicht aufgeben. Dass die Geldscheine über Bord der Finnlandfähre geweht waren, hatte er von Anfang an nicht geglaubt. Nein, die Alten waren hinterlistig, die hatten das Lösegeld irgendwo versteckt, dafür hatte er einen Riecher.
    Am schlimmsten war es für ihn gewesen, wenn er Märtha zum Verhör geladen hatte. Mit ihr

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